Finanzen

Cathie Wood: Die Hohe-Priesterin der Geldanlage 

Lesezeit: 5 min
29.04.2024 19:17
Es gab einmal Zeiten, da haben Investoren bei ihren Kaufentscheidungen an der Börse fast ausschließlich auf das Kurs-Gewinn-Verhältnis geschaut. In den USA hat sich da etwas verändert: Seit Donald Trump und Corona hören Anleger nun auch darauf, was Cathie Wood sagt und predigt - eine bibeltreue Evangelistin, die es zu einer der bekanntesten Börsen-Persönlichkeiten in Amerika geschafft hat. Nun kann man der Dame und ihrer Investmentgesellschaft ARK Investment auch in Europa folgen.
Cathie Wood: Die Hohe-Priesterin der Geldanlage 
Cathie Wood von Ark Investment: Die Hohe-Priesterin der Tech-Branche und der Börse (Foto: Ark Invest).

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In Amerika dreht sich alles um Business und den "fast buck" - den schnellen Dollar. Und wie man ihn verdient, erschwindelt oder anderen aus der Tasche zieht. Insofern muss man vorsichtig sein, ob eine gutklingende Story nur schöner Schein ist, eine gute Show oder wirklich seriös.

Die 1955 in Los Angeles geborene Ökonomin Cathie Wood predigt seit nun gut zehn Jahren ihre Börsenweisheiten; es heißt, anfangs tatsächlich vornehmlich in evangelikalen Kreisen. 2014 hat sie dann in den USA eine Fondsgesellschaft namens Ark Investment Management LLC gegründet - nach einer klassischen Wall-Street-Karriere in New York City.

Cathie Wood: An der Börse die Welt retten?

Ark steht dabei in aller Kürze für das Arche-Noah-Prinzip, verheißt also nichts weniger als die Rettung der Welt, in Folge der großen Sintflut. Als in den Jahren 2020/21 die Corona-Pandemie in den USA über das Land hinwegfegte, wurden es plötzlich immer mehr Jünger, die ihr zuhörten, die ihr als Personality und vor allem die ihren Börsentipps folgten.

Mittlerweile verwaltet die gebürtige New Yorkerin mittels dreier Investmentfonds (ETF) über 100 Milliarden Dollar und ist damit zu einem neuen Star der Wall Street geworden, obwohl die Anfänge von Ark Invest in Saint Petersburg in Florida liegen und nicht etwa in Manhattan. Seit diesem Monat versucht Cathie Wood nun, in Europa Geld einzusammeln - ihr Ruf hat sich natürlich rumgesprochen, eilte ihr voraus.

ETF von Ark Investment jetzt auch in Europa

Es dreht sich um drei aktiv gemanagte ETFs, die nun auch bei uns gehandelt werden. Der Ark Innovation ETF gilt unter Anlegern als Woods Flaggschiff. Wobei schon einer der ersten Analysten warnte, dass Woods breit gestreute Ark-Fonds „nichts für Anleger mit schwachen Nerven“ sind, so der rasche Befund des Ratinghauses Scope. Extreme Schwankungen und hohe Volatilität kennzeichnen die Wertentwicklung. Nicht wenige Finanzanalysten werfen Wood „geradezu erratische Anlage-Entscheidungen“ vor - und das vor allem im risikobehafteten Tech-Bereich.

Wood predigt mit Charisma eine bessere Welt und hofft, dass uns innovative Visionäre wie Tesla-CEO Elon Musk und Twitter-Erfinder Jack Dorsey oder Gründer disruptiver Startups in die Zukunft weisen. Plötzlich schien ein jeder zu glauben, Bitcoin und andere Krypto-Tokens würden zur neuen Weltwährung. „Der Heilige Geist hat mich mein ganzes Leben lang geleitet“, sagte Wood einmal 2016, eben auch bei ihren Anlageentscheidungen. Lord, der Herr, habe sie darin bestärkt, sich ausschließlich auf die Zukunft zu fokussieren.

In der Corona-Zeit klang das nicht nur wie eine Heilslehre. Wood lag scheinbar recht oft goldrichtig. Es waren die Jahre, als Tesla von einem Höchststand zum nächsten eilte. Rekord um Rekord auf dem Tickertape. Die Zinsen waren niedrig, die Startups brauchten dringend Kapital. Die Börsengewinne machten gierig. Die Cathie-Wood-Anhängerschar entwickelte sich geradezu sektenartig: „In Cathie We Trust“ zählte nehmen Donald Trumps „Make America Great Again“ zu den Bestsellern bei T-Shirts. Auf Reddit verabredeten sich ihre Fans zu notorischen Börsen-Feldzügen.

Am Bullenmarkt während Corona kräftig verdient

Der Bullenmarkt blieb lange stabil. Vor allem an der Technologiebörse Nasdaq in New York haussierten immer mehr No-Name-Techfirmen - so sehr, dass sie dann sogar mit Hilfe sogenannter Spac-Börsenhülsen in Lichtgeschwindigkeit in den Markt gedrückt wurden.

Steiler Aufstieg in den Tagen nach dem IPO (Initial Public Offering), wie der Rollout im Börsenjargon genannt wird. Aber auch rasanter Verfall, wenn die Story des Börsenneulings zwar gut klang, sich aber meist schon bei den ersten Quartalszahlen als heiße Luft herausstellte.

Mit Tesla, Square, Coinbase und Zoom haussiert

2022 drehte sich der Wind freilich, teilweise verloren die Anlagen zwei Drittel ihres Werts. Cathie Woods ETFs rangierten teils am Ende der Listen erfolgreicher Fonds. Dennoch blieb sie die Sirene, der alle weiterhin zuhörten. Robotik, Künstliche Intelligenz, Energiespeicherung, DNA-Sequenzierung (z.B. Genschere CRISPR) und nicht zuletzt Blockchain-Technologie wurden bei Anlegern zum „heißen Scheiß“. Schon alleine die Tatsache, dass Wood die Depots regelmäßig umschichtet und immer wieder vermeintliche Perlen am Wegesrand findet, ist eine so massive Börsen-PR, an der kaum noch ein Finanzexperte vorbeikommt. Der Zoom-Boom, der Aufstieg von Shopify, Spotify und Coinbase wird maßgeblich Cathie Wood zugeschrieben.

Die Ark-Fonds sind spektakulär - Scope zufolge „nach oben wie nach unten“. Aktuell steigen die Pfeile wieder wie Raketen in den Börsenhimmel. Nvidia und andere KI-Titel trenden und geben an der Börse die Handlungsmaxime vor. Cathie Wood beschreibt die Zukunft von Wirtschaft und Börse. Ihre rhetorischen Fähigkeiten sind unbestritten, ob sie tatsächlich analytische Fähigkeiten besitzt, ist fraglich.

Dass sie Anhängerin und Unterstützerin von Donald Trump ist, sei noch zur Abrundung ihres Gesamtbildes erwähnt. Und auch, dass ihre Show ordentlich Cash in ihre Schatullen spült - ihre Verwaltungsgebühren sorgen für weiteren Zufluss, egal wie es tatsächlich an der Börse läuft - gut 250 Millionen Dollar beträgt ihr Privatvermögen bereits.

                                                                            ***

Peter Schubert ist stellv. Chefredakteur und schreibt seit November 2023 bei den DWN über Politik, Wirtschaft und Immobilienthemen. Er hat in Berlin Publizistik, Amerikanistik und Rechtswissenschaften an der Freien Universität studiert, war lange Jahre im Axel-Springer-Verlag bei „Berliner Morgenpost“, „Die Welt“, „Welt am Sonntag“ sowie „Welt Kompakt“ tätig. 

Als Autor mit dem Konrad-Adenauer-Journalistenpreis ausgezeichnet und von der Bundes-Architektenkammer für seine Berichterstattung über den Hauptstadtbau prämiert, ist er als Mitbegründer des Netzwerks Recherche und der Gesellschaft Hackesche Höfe (und Herausgeber von Architekturbüchern) hervorgetreten. In den zurückliegenden Jahren berichtete er als USA-Korrespondent aus Los Angeles in Kalifornien und war in der Schweiz als Projektentwickler tätig.


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