Politik

Diätenerhöhung 2024: Bundestag beschließt Rekorderhöhung der Diäten - ein falsches Signal

Die Diäten der Bundestagsabgeordneten steigen ab Juli um sechs Prozent – das größte Plus seit fast 30 Jahren. Mit der Erhöhung um mehr als 600 Euro geht auch eine höhere Rente einher. Gehaltsmäßig gehören unsere Parlamentarier zu den Spitzenverdienern im Land. Ist das das richtige Signal an die Bevölkerung in Zeiten von Wirtschaftskrise und knapper Staatskassen?
10.06.2024 15:42
Lesezeit: 2 min
Diätenerhöhung 2024: Bundestag beschließt Rekorderhöhung der Diäten - ein falsches Signal
Diätenerhöhung: Bezüge der Abgeordneten steigen um sechs Prozent (Foto: dpa). Foto: Bernd von Jutrczenka

Wer ein Bundestagsmandat ausübt, wird mit einer Diät entlohnt, da die Abgeordneten in der Regel nicht mehr einer regulären Arbeit nachgehen können. Die Höhe der Diät (monatliche Entschädigung) orientiert sich an der Besoldungsgruppe eines (einfachen) Richters am obersten Gerichtshof des Bundes. Die Diäten setzen sich aus einer Entschädigungszahlung sowie einer allgemeinen Kostenpauschale zusammen. Über die Kostenpauschale werden mandatsbedingte Aufwendungen wie Reisekosten innerhalb Deutschlands abgedeckt.

Grundlage ist Steigerung der Nominallöhne

Die Diät wird jährlich auf Grundlage der Nominallohnentwicklung berechnet. Nun hat der Bundestag im Zuge der jährlichen Angleichung eine Rekorderhöhung beschlossen: Die Gehälter der Bundestagsabgeordneten steigen ab Juli um sechs Prozent auf monatlich 11.227,20 Euro.

Die Diäten-Sätze wurden auf Grundlage der durchschnittlichen Lohnentwicklung in Deutschland errechnet, wie der Bundestag mitteilte. Demnach beziffert das Statistische Bundesamt die Steigerung der Nominallöhne ebenfalls auf 6,0 Prozent. Der seit Juli 2023 geltende sogenannte Entschädigungsbetrag, also das Monatsgehalt der Abgeordneten, steigt damit ausgehend von 10.591,70 Euro um 635,50 Euro. Die Abgeordnetendiäten werden jährlich zum 1. Juli angepasst und sind einkommensteuerpflichtig.

Zu diesem Betrag kommt eine steuerfreie Aufwandspauschale als Teil der sogenannten Amtsausstattung hinzu. Sie liegt derzeit bei 5051,54 Euro monatlich. Davon bestreiten die Abgeordneten alle Ausgaben, etwa ein Wahlkreisbüro oder den Zweitwohnsitz in Berlin.

Zum Vergleich: Das Durchschnittsgehalt in Deutschland liegt laut der Deutschen Rentenversicherung für 2024 bei 45.358 Euro brutto, was einem Monatsgehalt von annähernd 3.780 Euro entspricht.

Kritik bisher nur von der Partei „Die Linke“

Kritik an der Erhöhung kommt von der Partei „Die Linke“. Parteichefin Janine Wissler stellt fest: „In einer Zeit, in der über Einsparungen im Haushalt, Kürzungen beim Bürgergeld und soziale Einschnitte diskutiert wird, steigen die Diäten der Abgeordneten kräftig. Kein Wunder, dass viele Menschen darüber nur den Kopf schütteln. Der Bundestag verweigert stattdessen eine Mindestlohnerhöhung auf 15 Euro und erhöht die eigenen Diäten um sechs Prozent. Das macht bei einem Einkommen von über 10.000 Euro einen ganz anderen Betrag als sechs Prozent bei knapp über Mindestlohn, wenn das Lohnplus aufgefressen wird von der Inflation und hohen Mieten. Zudem gibt es in vielen Branchen keinen Inflationsausgleich.“

Damit steigen auch die Altersansprüche der Politiker

Außerdem kritisiert „Die Linke“, dass mit der Erhöhung auch die Altersansprüche steigen nach nur einer Legislaturperiode auf 1122,72 Euro. Für diese Rente müsste man bei Durchschnittslohn sonst 30 Jahre arbeiten. Für die Höchstpension nach 26 Mandatsjahren müsste der Durchschnittsverdiener sogar fast 200 Jahre arbeiten. „Das empfinden Rentner, die sich jedes Geburtstagsgeschenk fürs Enkelchen vom Mund absparen müssen und die ihre Wohnung aus Kostengründen nicht richtig heizen können, zu Recht als Sauerei.“

Die Linken fordern schon lange, dass auch Abgeordnete verpflichtend in die Rentenkasse einzahlen sollten.

Wer fürs Parlament arbeitet, zahlt nicht in die Rentenversicherung ein

Abgeordnete haben bereits nach einjähriger Mitgliedschaft im Bundestag Anspruch auf eine Altersentschädigung. Diese beträgt nach einem Jahr 2,5 Prozent des Gehalts, der sogenannten Abgeordnetenentschädigung. Mit jedem weiteren Jahr als Abgeordneter steigt der Rentenanspruch um 2,5 Prozent. Der Höchstanspruch liegt bei 65 Prozent des Einkommens. Dieser Anspruch wäre nach 26 Jahren Mitgliedschaft im Bundestag erreicht. Darauf haben also nur die wenigsten Abgeordneten Anspruch. Doch auch Abgeordnete, die nur kurzweilig Mitglied im Bundestag waren, erhalten eine hohe Altersentschädigung.

Zusammenfassend bleibt die Frage: Wäre eine Aussetzung der Diätenerhöhung in diesen Zeiten nicht angemessen? Mitten in der Wirtschaftskrise machen wir Steuerzahler Politiker zu Spitzenverdienern. Die Höhe der Diäten bestimmen aber nicht die berufstätigen Bürger, sondern das Parlament selbst. Das könnte die Spaltung zwischen Politik und Bürgern noch mehr verstärken.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

Mirell Bellmann

Mirell Bellmann schreibt als Redakteurin bei den DWN über Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Zuvor arbeitete sie für Servus TV und den Deutschen Bundestag.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Zukunft unter Druck: Die Wasserstoff-Fabrik von Daimler und Volvo gerät ins Stocken
23.04.2025

Mitten in der Energiewende setzen die Lkw-Riesen Daimler und Volvo auf Wasserstoff – doch der Fortschritt ihres Gemeinschaftsunternehmens...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Apple und Meta im Visier – Brüssel greift hart durch
23.04.2025

Apple und Meta sollen zusammen 700 Millionen Euro zahlen – wegen mutmaßlicher Verstöße gegen das neue EU-Digitalgesetz. Die Kommission...

DWN
Politik
Politik Machtkampf in Washington: Will Trump Fed-Chef Powell stürzen?
23.04.2025

Trump plant möglicherweise die Entlassung von Fed-Chef Jerome Powell – ein beispielloser Schritt, der die Unabhängigkeit der...

DWN
Finanzen
Finanzen „Krise ist die neue Normalität“ – Warum kluge Investoren jetzt gegen den Strom schwimmen müssen
23.04.2025

Volatilität ist kein Ausnahmezustand mehr, sondern System. Warum Investoren jetzt mit Besonnenheit, Disziplin und antizyklischer Strategie...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Digitaler Produktpass: Was die EU plant und was das für Firmen bedeutet
23.04.2025

Die Europäische Union will Ressourcen schonen und Emissionen und Abfälle reduzieren. Dafür plant sie den sogenannten digitalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Bierbrauer in der Krise
23.04.2025

Eigentlich feiern die Brauer am 23. April den Tag des deutschen Bieres. Doch auch in diesem Jahr sind die Perspektiven der Branche eher...

DWN
Politik
Politik Spar- und Investitionsunion: Brüssel will die unsichtbare Zollmauer einreißen – und den Finanzsektor revolutionieren
23.04.2025

Brüssels stille Revolution: Wie Kommissarin Albuquerque den europäischen Finanzmarkt neu ordnen will – und dabei an den Grundfesten der...

DWN
Politik
Politik Putins Frontstopp: Moskaus neues Angebot könnte Trump in die Falle locken
23.04.2025

Putins überraschende Gesprächsbereitschaft trifft auf strategisches Kalkül in Washington – der Westen steht vor einer geopolitischen...