Immobilien

Rückzug ausländischer Investoren verschärft Krise am Immobilienmarkt

Internationale Investoren machen immer noch einen großen Bogen um den Immobilienmarkt in Deutschland und verschärfen damit die schwerste Krise des Sektors seit Jahrzehnten.
22.05.2024 13:08
Lesezeit: 2 min
Rückzug ausländischer Investoren verschärft Krise am Immobilienmarkt
Auch die Jahresbilanz auf dem Immobilienmarkt der Bankenmetropole Frankfurt fällt düster aus, die Umsätze sind dramatisch. (Foto: dpa) Foto: Boris Roessler

Zum Jahresauftakt entfielen den Daten von BNP Paribas Real Estate zufolge 35 Prozent der Käufe von Gewerbeimmobilien auf ausländische Käufer und damit weniger als in jedem anderen Jahr seit 2013. Insgesamt brach das Transaktionsvolumen um 70 Prozent gegenüber dem Niveau vor der Pandemie 2020-2021 ein.

Kurt Zech, einer der größten deutschen Bauunternehmer, warnt davor, dass der Markt so lange zu kämpfen haben wird, bis ausländische Investoren zurückkehren. "Die Amerikaner müssen wiederkommen. Wenn die Blackstones, die Blackrocks, die Morgan Stanleys dieser Welt und Carlyle sowie Apollo im deutschen Markt kaufen, wird das wahrgenommen, und dann wissen wir alle, jetzt haben wir den Bodensatz erreicht", sagte Zech der Nachrichtenagentur Reuters.

Jahrelang sorgten niedrige Zinssätze, billige Energie und eine starke Wirtschaft für einen Boom im deutschen Immobiliensektor, der rund 730 Milliarden Euro pro Jahr umsetzt, was etwa einem Fünftel der deutschen Wirtschaftsleistung entspricht. Dieser Boom endete, als die Europäische Zentralbank die Kreditkosten in raschen Schritten erhöhte, um die grassierende Inflation in den Griff zu bekommen. Daraufhin ebbten Immobilienfinanzierungen ab, Geschäfte kamen nicht zustande, Projekte gerieten ins Stocken und große Bauträger gingen pleite. Die Branche forderte die Regierung in Berlin auf, zu intervenieren.

In den ersten drei Monaten dieses Jahres fielen die Preise für Gewerbeimmobilien um weitere 9,6 Prozent, nachdem sie bereits 2023 um 10,2 Prozent gesunken waren.

"Deutschland war ein Leuchtturm der Stabilität in Europa und die Menschen strömten hierher, um Immobilien zu kaufen", sagte Carsten Brzeski, Chefökonom der niederländischen Bank ING in Deutschland, einem der größten Hypothekenfinanzierer des Landes. "Jetzt stottert der Wirtschaftsmotor und muss gewartet werden."

Es gab Jahre, in denen die Hälfte aller Transaktionen für Gewerbeimmobilien, die den Großteil des deutschen Immobilienmarktes ausmachen, auf Ausländer entfiel. Im vergangenen Jahr sackte der Anteil ausländischer Investoren bei deutschen Gewerbeimmobilien laut BNP Paribas jedoch auf 37 Prozent des Transaktionsvolumens ab und erreichte damit den niedrigsten Wert der letzten zehn Jahre. Im ersten Quartal sank der Anteil weiter auf 35 Prozent.

Zwar haben die hohen Zinssätze weltweit die Immobilienmärkte aus dem Tritt gebracht. Doch kam der Sektor in Deutschland besonders stark unter die Räder, konstatierten Branchenvertreter bei einem Treffen in Cannes. "In Deutschland ist die Stimmung wirklich am schlechtesten", sagt Simone Pozzato, Geschäftsführerin und Fondsmanagerin beim Immobilieninvestor Hines. Eine andere Führungskraft eines europäischen Bauträgers, die nicht namentlich genannt werden wollte, beschrieb Pläne des Unternehmens, Personal aus Deutschland in Märkte wie Großbritannien zu verlagern. Dort sei das Interesse der Investoren größer und man erwarte, dass sich die Aktivitäten schneller erholten.

Im Gegensatz zu anderen Ländern hat Deutschland nicht eine dominierende Stadt wie etwa London oder Paris. Das kann Branchenvertretern zufolge ausländische Käufer abschrecken, die sich eher an wirklich globalen Zentren orientieren. "Es ist einfacher zu verstehen, wie diese Städte ticken", erläuterte Inga Schwarz, Leiterin der Forschungsabteilung von BNP Paribas Real Estate. "Das ist einfacher als Köln zu verstehen."

Eine weitere Hürde: Deutsche Vermieter versuchen in der Regel, Abschwünge zu überstehen, ohne die Immobilienpreise zu senken, was potenzielle Käufer abschreckt und eine Belebung der Transaktionen verzögert. "Internationale Marktteilnehmer kritisieren, dass in Deutschland große Immobilienbesitzer teilweise nur um wenige Prozentpunkte abgewertet haben, während andere Länder 20 bis 30 Prozent abwerten", sagt Hela Hinrichs, Senior Research Analystin bei Jones Lang LaSalle.

Die wenigen Geschäfte, die es gibt, werden oft unter Zwang abgeschlossen. Signa etwa, das in Konkurs gegangene Immobilienkonglomerat des Tiroler Investors Rene Benko, hat sich von Vermögenswerten getrennt, um seine Gläubiger zu bezahlen. Auch der Vermieter VonoviaVNAn.DE hat Wohnungen verkauft, um Schulden abzubauen. "Wenn man sich viele der Transaktionen genauer ansieht, wird man feststellen, dass sie ihre Eigenheiten haben", sagt Marcus Cieleback, Leiter der Forschungsabteilung des deutschen Immobilienvermögensverwalters Patrizia. "Handelt es sich wirklich um eine Transaktion auf dem freien Markt oder ist es möglicherweise etwas anderes?"

Unterdessen fordert der Immobilienmagnat Zech, dessen Name auf vielen Bauschildern quer durch Deutschland zu sehen ist, die Banken auf, der Branche weiter Kredite zu gewähren, damit Projekte fertiggestellt werden können. Zugleich lockt er potenzielle ausländische Käufer: "Meine Botschaft ist, dass es derzeit einige gute Projekte in Deutschland gibt."

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

Immobilien Neu Gedacht

***

Immobilien-neu-gedacht.de ist eine Publikation von Bonnier Business Press Deutschland und beschäftigt sich mit den Themen Hauskauf und Hausbau in allen Facetten.

DWN
Unternehmen
Unternehmen NATO-Ostflanke: Drohnenhersteller Quantum Systems unterstützt die Bundeswehr-Brigade in Litauen
22.11.2025

Der deutsche Drohnenhersteller Quantum Systems expandiert nach Litauen und baut dort ein umfassendes Wartungs- und Logistikzentrum für...

DWN
Technologie
Technologie Digitale Souveränität: Wie Deutschland bei Breitband, 5G und Cloud die Abhängigkeit verringern kann
22.11.2025

Verpasst Deutschland die digitale Zeitenwende? Der Wohlstand von morgen entsteht nicht mehr in Produktionshallen, sondern in...

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz-Erfinder warnt: „Meine Schöpfung kann uns vernichten“
22.11.2025

Er gilt als einer der „Väter der Künstlichen Intelligenz“ – jetzt warnt Yoshua Bengio vor ihrer zerstörerischen Kraft. Der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Zwischen Škoda-Erfolg und Chinas Einfluss: Was die Abhängigkeit für deutsche Autobauer bedeutet
22.11.2025

Elektromobilität ist längst kein Nischenphänomen mehr, sondern prägt zunehmend den europäischen Massenmarkt. Doch wie gelingt es...

DWN
Panorama
Panorama Weihnachtsmarkt-Sicherheit: Was bringen Beton, Kameras und Co. auf Weihnachtsmärkten wirklich?
22.11.2025

Deutsche Weihnachtsmärkte stehen für Atmosphäre, Tradition und Millionen Besucher. Gleichzeitig wächst die Debatte über Schutz,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Ticketsteuer sinkt: Flugbranche verspricht mehr Verbindungen – Passagiere bleiben skeptisch
22.11.2025

Die Bundesregierung will den Luftverkehr mit einer Absenkung der Ticketsteuer ab Mitte nächsten Jahres entlasten. Die Flug- und...

DWN
Politik
Politik New York-Wahl: Was Mamdanis Sieg für Europa bedeutet
22.11.2025

Der Sieg eines radikalen Sozialisten in New York, Deutschlands Stillstand und Polens Aufstieg: Ein Kommentar darüber, wie politische und...

DWN
Finanzen
Finanzen Krypto-Crash: Wie Zinsen und KI die Kryptomärkte unter Druck setzen
21.11.2025

Die jüngsten Turbulenzen an den Kryptomärkten stellen Anleger, Unternehmen und Regulierer gleichermaßen auf die Probe. Welche Kräfte...