Politik

Geldnot: Italien verkauft Kolosseum in Rom an Modezar

Lesezeit: 2 min
29.07.2012 22:00
Viele italienische Regionen sind von der Finanzkrise und den Kürzungen der italienischen Regierung hart getroffen. Sie haben nicht mehr genügend Gelder, um die bedeutenden Kulturstätten zu finanzieren und restaurieren – manchen Kulturstätten droht der Einsturz. Großflächige Werbung an den Gebäuden sollen die Restaurierung ermöglichen. Manche historische Bauwerke stehen sogar zum Verkauf.
Geldnot: Italien verkauft Kolosseum in Rom an Modezar

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Es ist nicht immer leicht in Zeiten der Krise das kulturelle Erbe nicht aus dem Blick zu verlieren. Italien, die Heimat von 47 UNESCO-Weltkulturerbe-Stätten und 60.000 dokumentierten Ruinen muss aufgrund der katastrophalen finanziellen Lage der Regionen, die auch unter den Kürzungen der italienischen Regierung leiden, neue Wege finden, diese zu erhalten.

Der majestätische Palazzo Manfrin in Venedig, aus dem 17. Jahrhundert beispielsweise ist die wichtigste architektonische Sehenswürdigkeit der Stadt – und er fällt auseinander. Die weiße, neoklassizistische Fassade bröckelt, mehrere Holztüren weisen große Splitter auf und die Fresken sind aufgrund von Alters- und Wasserschäden verblasst. Eine Restaurierung ist dringend notwendig, aber die lokale Regierung hat einfach nicht genug Geld. Nun wurde der Palast zum Verkauf ausgeschrieben. Für 20,5 Millionen Dollar, so die Washington Post, kann man nun stolzer Eigentümer des Palastes werden.

Viele historische Gebäude, Kirchen, Denkmäler, Brücken, Kasernen und archäologische Sehenswürdigkeiten in Italien drohen zu zerfallen. Um dem entgegen zu wirken, versuchen die lokalen Regierungen nun durch den Verkauf von großflächigen Werbeanzeigen an den historischen Bauwerken und durch den Verkauf von Nutzungsrechten Gelder zur Restaurierung zu erwirtschaften. Aber manchmal reicht nur mehr der Verkauf des ganzen Bauwerks.

Will sich ein Unternehmen die Exklusivrechte an Bildern des Kolloseums in Rom sichern, um es 15 Jahre auf seinen Produkten abbilden zu können, reichen 27 Millionen Dollar. Ein riesiges Plakat am Mailänder Dom kann für 187.000 Dollar im Monat angebracht werden. In Venedig hat die Benetton-Gruppe ein Jahrhunderte altes Gebäude gekauft und plant nun ein Einkaufszentrum in dem Bauwerk. Teile des Inneren sollen entfernt werden, um eine Rolltreppe integrieren zu können.

Die Restaurierung des Kolosseums in Rom sollte im März beginnen. Doch die Arbeit ist eingestellt worden, nachdem eine Gruppe, die für den Kulturerhalt eintritt, etwas Unangenehmes aufdeckte. Das, was als Finanz-Geschenk von Diego Della Valle, Besitzer des Luxus-Taschen-Herstellers Tod’s, dargestellt wurde, war an Bedingungen geknüpft worden. Die Übereinkunft zwischen der Stadt Rom mit Della Valla beinhaltete die Nutzungsrechte des Kolloseums für die Produkte des Unternehmens.

In der italienischen Bevölkerung regt sich zunehmend die Kritik an dem Ausverkauf der kulturellen Bauwerke. Bürgergruppen organisieren Proteste und sammeln klagen, um diese Entwicklungen zu stoppen. „Wir sind uns bewusst, dass die Wahrnehmung dessen in der Öffentlichkeit nicht so positiv ist", sagt Fausta Bressani, Direktor für kulturelle Angelegenheiten der Region Veneto, die Venedig umfasst, der Washington Post. „Aber unsere Priorität ist es, die Struktur zu retten." Im Oktober war beispielsweise in Pompeji ein Teil der historischen Mauer vor den Augen von tausenden Touristen zusammengebrochen. Sie war von Wasserschäden und wucherndem Efeu beschädigt worden.

In anderen europäischen Ländern zeigt sich ein ähnliches Bild. In Frankreich etwa stimmte man zu, dass zwei Hotels im Schlosspark von Versaille gebaut werden können, so die Washington Post. Und in Griechenland erlaubte die Regierung, dass Kameraleute ins Pantheon oder in den Poseidon-Tempel zu Delphi eingelassen werden, wo sie pro Minute einen kleinen Geldbetrag dafür zahlen müssen.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Bildung für die Zukunft SOS-Kinderdorf Thüringen im Einsatz für die Demokratie

In einer Zeit, in der die Unzufriedenheit mit der Politik wächst, engagiert sich das SOS-Kinderdorf Thüringen mit einem Demokratieprojekt...

DWN
Politik
Politik Normenkontrollrat plant Empfehlungen für neue Regierung
27.12.2024

Eine Institution, von der man viel zu wenig hört: Ohne ein verbessertes Datenmanagement, einfachere Gesetze und mehr digitale Prozesse...

DWN
Immobilien
Immobilien Die teuersten deutschen Immobilien in 2024: Welche Städte sind die Spitzenreiter?
27.12.2024

Der deutsche Luxusmarkt scheint wieder gesund und munter zu sein, nachdem das Segment im Jahr 2023 unter Druck geraten ist als Verkäufe...

DWN
Politik
Politik In der deutschen Wirtschaft überwiegt Pessimismus
27.12.2024

Wohin steuert die deutsche Wirtschaft nach dem zweiten Rezessionsjahr in Folge? Viele Verbände blicken mit Sorgen nach vorn. Die Gründe...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Clean Industrial Deal: Warum die EU jetzt handeln muss
26.12.2024

Vor fünf Jahren setzte die EU mit dem Europäischen Green Deal neue Maßstäbe im globalen Klimaschutz. Heute, angesichts wachsender...

DWN
Politik
Politik „Atomkraft? Nein Danke“: Habeck-Ministerium manipulierte wohl AKW-Studie für Atomausstieg
26.12.2024

Manipulation im Wirtschaftsministerium? Wie interne Unterlagen jetzt aufdecken, soll das Wirtschaftsministerium unter Robert Habeck gezielt...

DWN
Politik
Politik Papst eröffnet Heiliges Jahr mit Hoffnungsbotschaft
26.12.2024

Ein strammes Programm hatte der gesundheitlich angeschlagene Papst an Weihnachten zu stemmen: Er eröffnete das Heilige Jahr der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Deutschland schafft Gasspeicherumlage ab: Entlastung für Nachbarländer, Mehrkosten für Verbraucher
26.12.2024

Deutschland verabschiedet sich von der umstrittenen Gasspeicherumlage an Grenzübergangspunkten zu Nachbarländern. Mit einer Änderung des...

DWN
Immobilien
Immobilien Sechs Jahre Mietenstopp: Können Mietpreiserhöhungen gesetzlich verboten werden?
26.12.2024

Der aktuelle Wohnmarkt bereitet Volk wie Bundesregierung Kopfzerbrechen. Laut Umfragen glauben immer weniger Deutsche daran, sich den Traum...