Immobilien

Wohnungskrise: Wo die Mieten in Deutschland am stärksten steigen

Seit Jahren steigt der Druck auf den Mietmarkt in Deutschlands Großstädten. Neue Zahlen zeigen nun: Kräftig teurer wird es auch in Regionen, die sonst weniger im Blickfeld stehen. Die Frage ist, wie lange Bauministerin Klara Geywitz (SPS) und der Kanzler noch untätig zuschauen wollen?
03.06.2024 13:54
Aktualisiert: 03.06.2024 15:44
Lesezeit: 3 min
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Plus 30 Prozent in einem Jahr: Nirgendwo in Deutschland sind die Neuvertragsmieten zuletzt so stark gestiegen wie vor den Toren Berlins. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken im Bundestag hervor. Demnach verzeichnete Potsdam mit einem Plus von 31,2 Prozent im vergangenen Jahr den größten Anstieg aller Landkreise und kreisfreien Städte bei Erst- und Wiedervermietungen. Es folgt die Hauptstadt selbst mit einer Verteuerung von 26,7 Prozent. Am Wochenende protestierten mehrere tausend Menschen dort gegen zu hohe Mieten und die Wohnungspolitik der Bundesregierung.

Mehr als jeder Zweite in Deutschland wohnt zur Miete - doch es gibt zu wenig Wohnungen in den beliebten Gegenden. Vor allem in den Groß- und Universitätsstädten steigt deshalb seit Jahren der Druck auf den Mietmarkt. Verschont blieben bisher vor allem strukturschwache und ländliche Regionen. Doch die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken-Abgeordneten Caren Lay zeigt: Auch in einigen dünn besiedelten Regionen wird das Mieten jetzt teurer - wenn auch auf vergleichsweise eher niedrigem Niveau.

Die Zahlen stammen vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) und spiegeln das Angebot wider, auf das Wohnungssuchende treffen, wenn sie im Internet nach einer Mietwohnung mit einer Wohnfläche von 40 bis 100 Quadratmetern suchen. Nicht berücksichtigt sind Aushänge, Wartelisten und die direkte Vermittlung über Makler.

In dünn besiedelten Regionen wird es teurer

Auffällig ist, dass auch der am schwächsten besiedelte Landkreis Deutschlands in den Top 10 beim Mietzuwachs steht: In der Prignitz im äußersten Nordwesten Brandenburgs stiegen die Mieten in den Inseraten von 2022 bis 2023 um 18 Prozent. Insgesamt ist das Wohnen dort aber weiter erschwinglicher als in vielen anderen Regionen: Trotz des deutlichen Anstiegs müssen Mieter nach einem Umzug im Schnitt nur 7,08 Euro pro Quadratmeter zahlen. Damit liegt die Prignitz sogar unter dem Bundesdurchschnitt von 7,30 Euro pro Quadratmeter.

Auch zwei Landkreise im eher schwach besiedelten Mecklenburg-Vorpommern weisen hohe Mietanstiege auf: der Ostsee-Landkreis Vorpommern-Rügen rund um Stralsund mit einem Plus von fast 20 Prozent und der Landkreis Vorpommern-Greifwald an der polnischen Grenze mit mehr als 15 Prozent. Die Linke im Bundestag hält das für bedrohlich, da hier viele Menschen geringe Einkommen hätten. „Mieten an der Ostsee und der deutsch-polnischen Grenze wird unerschwinglich“, kritisierte sie. Allerdings gilt auch für die Ostsee-Landkreise: Die Quadratmeterpreise sind weiter deutlich erschwinglicher als in vielen anderen Gegenden. So zahlt man in Vorpommern-Rügen für die gleiche Fläche etwa halb so viel wie in Berlin.

Auch mehrere bayerische Landkreise in Top 10

Ebenfalls deutlich teurer wurden Mieten nach einem Umzug den Daten zufolge im oberpfälzischen Landkreis Tirschenreuth nahe der bayerisch-tschechischen Grenze (plus 23,9 Prozent) - allerdings auch hier auf einem sehr niedrigen Mietniveau. Hier ist der Quadratmeter noch immer für rund 6,86 Euro zu haben.

In Kaiserslautern zogen die verlangten Mieten um fast 20 Prozent an, in Kaufbeuren um 17 Prozent, im Landkreis Trier-Saarburg und im Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge um etwas mehr als 15 Prozent.

Berlin ist jetzt zweitteuerste Miet-Stadt

Während man nach einem Umzug für die Durchschnittswohnung im Bundesschnitt 10,55 Euro je Quadratmeter hinlegen musste, kostete die gleiche Fläche in Berlin mehr als 16 Euro. Damit ist die Hauptstadt inzwischen zweitteuerste Miet-Stadt Deutschlands. Höher liegen die Mieten laut BBSR einzig in München mit mehr als 20,50 Euro pro Quadratmeter - und das, so betonte die Linke, obwohl die Berliner deutlich weniger verdienten.

Einer Studie im Auftrag des Berliner Mietervereins zufolge kann sich ein Drittel der Berliner Haushalte auf dem freien Markt keine Wohnung mehr leisten. Mehr als jeder zweite Berliner Mieter-Haushalt verdient demnach so wenig, dass er Anspruch auf staatliche Hilfe wie einen Wohnberechtigungsschein für Sozialwohnungen hat.

Einige tausend Menschen forderten am Wochenende bei einer Demonstration in Berlin eine „radikale Wende in der Wohnungspolitik“. Sie verlangten unter anderem einen bundesweiten Mietendeckel sowie ein Verbot von Eigenbedarfskündigungen und Zwangsräumungen. Auch die Linken-Abgeordnete Lay betonte: „ Ein bundesweiter Mietendeckel muss endlich her.“ Die Mietpreisbremse in ihrer jetzigen Form sei offenkundig wirkungslos. Dieses Instrument soll in beliebten Gegenden dafür sorgen, dass die Miete bei Abschluss eines neuen Vertrags im Grundsatz nicht mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt.

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