Politik

"Kleine Energierevolution": Halbe Million Balkonkraftwerke am Netz

Die Zahl der Mini-Solaranlagen in Deutschland hat sich seit Mitte vergangenen Jahres mehr als verdoppelt. Inzwischen gelten weniger bürokratische Hemmnisse für privat genutzte Bakonkraftwerke.
03.06.2024 11:25
Aktualisiert: 03.06.2024 13:50
Lesezeit: 2 min

Balkonkraftwerke boomen. Die Zahl der beim Marktstammdatenregister registrierten Steckersolaranlagen am Netz hat am Wochenende die Marke von einer halben Million übersprungen, wie aus Daten der Bundesnetzagentur hervorgeht. Das ist mehr als eine Verdoppelung seit Mitte 2023. Alleine im laufenden Quartal sind nach etwas mehr als zwei Monaten bereits mehr als 94 000 Mini-Solaranlagen in Betrieb gegangen. Aller Voraussicht nach wird der bisherige Installationsrekord von rund 100 000 aus dem zweiten Quartal vergangenen Jahres übertroffen.

Erstmals mehr als eine halbe Million Anlagen war am Samstag mit 500 810 erreicht worden. Am Montagmorgen zeigte der Zähler - mit Stand Sonntag - bereits 503 134. Die tatsächliche Zahl der Balkonkraftwerke dürfte höher sein. So haben Betreiber nach Inbetriebnahme einen Monat Zeit für die Anmeldung. Außerdem wird ein Teil der Geräte - trotz Pflicht - schlicht nicht angemeldet.

Anmeldepflicht nur noch bei Netzagentur

Dass der alte Quartalsrekord wackelt, dürfte unter anderem an der Jahreszeit und günstigen Angeboten für die Anlagen liegen. Seit dem 1. April reicht darüber hinaus eine Registrierung im Marktstammdatenregister. Früher war auch eine Anmeldung beim Netzbetreiber vorgeschrieben. Die neuesten Erleichterungen für Nutzer aus dem Solarpaket sind dagegen erst Mitte Mai in Kraft getreten. Das ist kaum genug Zeit für starke Effekte.

So dürfen seit dem 16. Mai etwa übergangsweise alte Stromzähler genutzt werden, die rückwärtslaufen, wenn Strom eingespeist wird. „Diese vorübergehende Duldung ermöglicht das unmittelbare Einstecken des Gerätes nach der Installation, unabhängig davon, welcher Stromzähler verbaut ist“, erklärte die Verbraucherzentrale NRW. Der Netzbetreiber entscheide, ob und wann ein Tausch des Zählers erfolge. Dafür dürfe er keine Kosten in Rechnung stellen.

Weitere Änderungen werden derzeit vorbereitet: Unter anderem könnte es für Vermieter und Eigentümergemeinschaften schwieriger werden, Balkonkraftwerke von Mietern oder einzelnen Eigentümern zu verhindern. Eine Einigung könnte es bald geben.

Eine „kleine Energierevolution“ auf Deutschlands Balkonen

Der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, begrüßte die Entwicklung. „Wir haben die Registrierung von Balkonkraftwerken vereinfacht und entbürokratisiert“, betonte er auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. „Das eröffnet vielen die Möglichkeit, bei der Energiewende mitzumachen. 500 000 registrierte Balkonkraftwerke sind ein starkes Signal.“

„Auf Deutschlands Balkonen findet derzeit eine kleine Energie-Revolution statt“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft, Carsten Körnig. „Endlich ist die Energiewende auch bei den Mieterinnen und Mietern angekommen.“ Die Steckersolargeräte stellten eine niederschwellige Teilhabemöglichkeit für Millionen Energieverbraucher und -verbraucherinnen dar. Nach dem Abbau bürokratischer Hemmnisse rechnet Körnig damit, dass der Trend noch zunimmt.

Die kleinen und vergleichsweise billigen Balkonkraftwerke haben seit 2022 - auch wegen der stark gestiegenen Strompreise - an Popularität gewonnen. 2022 waren gut 65 000 neue registriert worden, 2023 schon knapp 280 000, und im laufenden Jahr liegt der Wert bei mehr als 150 000. Die Anlagen, die es teils bereits für einige hundert Euro gibt, bestehen aus Solarmodulen mit einem Wechselrichter, der den Solarstrom in Haushaltsstrom umwandelt, der über eine Steckdose direkt in das eigene Leitungsnetz eingespeist werden kann.

Sonnenenergie vom Balkon senkt Stromrechnung

Dort trägt der Strom zum Betrieb der Haushaltsgeräte bei und senkt so die Menge an Strom, die man vom Stromanbieter bezieht - und damit auch dessen Rechnung. Überschüssiger Strom fließt entgeltfrei ins öffentliche Netz.

Ob sich ein solches System lohnt, hängt laut Verbraucherzentrale unter anderem von Anschaffungspreis und Strompreis ab, aber auch davon, ob das Modul an seinem Standort möglichst lange und viel Sonne bekommt.

Trotz des starken Wachstums spielen die Mini-Solarkraftwerke aber noch keine große Rolle bei der Stromerzeugung in Deutschland. Auch mit dem aktuellen Rekordstand liegt ihr Beitrag noch unter 0,1 Prozent.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Krypto-Coup: Milliarden für die Familienkasse
30.06.2025

Donald Trump lässt seine Kritiker verstummen – mit einer beispiellosen Krypto-Strategie. Während er Präsident ist, verdient seine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Streit um Stromsteuer belastet Regierungskoalition
30.06.2025

In der Bundesregierung eskaliert der Streit um die Stromsteuer. Während Entlastungen versprochen waren, drohen sie nun auszubleiben –...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft PwC: Künstliche Intelligenz schafft Jobs nur für die, die vorbereitet sind
30.06.2025

Künstliche Intelligenz verdrängt keine Jobs – sie schafft neue, besser bezahlte Tätigkeiten. Doch Unternehmen müssen jetzt handeln,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen United Internet-Aktie unter Druck: 1&1 reduziert Prognose
30.06.2025

1&1 senkt überraschend seine Gewinnprognose trotz zuletzt guter Börsenstimmung. Der Grund: deutlich höhere Kosten beim nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Inflation in Deutschland sinkt im Juni auf 2,0 Prozent: Energiepreise entlasten
30.06.2025

Die Inflation in Deutschland hat im Juni einen überraschenden Tiefstand erreicht – doch nicht alle Preise sinken. Was bedeutet das für...

DWN
Politik
Politik Trumps Schritte im Nahen Osten: Nur der Anfang eines riskanten Spiels
30.06.2025

Donald Trump bombardiert den Iran, erklärt die Waffenruhe – und feiert sich selbst als Friedensbringer. Experten warnen: Das ist erst...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Raucherpause im Job: Ausstempeln erforderlich?
30.06.2025

Raucherpause im Job – ein kurzer Zug an der Zigarette, doch was sagt das Arbeitsrecht? Zwischen Ausstempeln, Betriebsvereinbarung und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lufthansa sichert sich Anteile an Air Baltic – trotz Bedenken
30.06.2025

Die Lufthansa steigt bei der lettischen Fluggesellschaft Air Baltic ein – jedoch nicht ohne Bedenken der Kartellwächter. Was bedeutet...