Technologie

Tesla-Absatzprobleme: Tausende Fahrzeuge landen auf Parkplatz eines alten Militärflughafens

Es läuft nicht wirklich gut, beim Automobilhersteller Tesla in Grünheide bei Berlin. Im Wald hinter dem brandenburgischen Werk verhindern Klimaschützer die Abholzung für ein neues Batteriewerk. Und jeden Tag fahren Autotransporter unverkäufliche Fahrzeuge zur Landebahn des regionalen Ex-Flughafens im Ort Neuhardenberg. Bis zu 5.000 Tesla „Modell Y“ stehen da herum - wie bestellt und nicht abgeholt. Weitere Flächen werden händeringend gesucht.
10.06.2024 15:42
Aktualisiert: 10.06.2024 15:42
Lesezeit: 3 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
Tesla-Absatzprobleme: Tausende Fahrzeuge landen auf Parkplatz eines alten Militärflughafens
Neue Elektrofahrzeuge des Typs Model Y werden auf dem Flugplatz Neuhardenberg zwischengelagert. Diese Fahrzeuge wurden im Tesla-Werk in Grünheide produziert (Foto: dpa). Foto: Patrick Pleul

Schon Anfang 2023 musste Tesla Tausende seiner E-Autos auf Parkplätzen am alten Terminal 5 des Flughafens BER parkieren. Das Problem scheint unterdessen größer statt kleiner geworden zu sein: Tesla hat massive Absatzprobleme. Die vielen neuen E-Autos finden nicht den erhofften reißenden Absatz im Lande und müssen deshalb nun zwischengelagert werden. Am besten nicht im Blickfeld potenzieller Kunden natürlich. Deswegen hat das Management von Elon Musk sich diesmal den abgelegenen alten DDR-Militärflughafen Marxwalde ausgeschaut - also in Neuhardenberg, wie das Städtchen östlich von Berlin mittlerweile wieder heißt.

Am Wochenende hat genau das mit der befürchteten Öffentlichkeit mal wieder genau nicht gut geklappt. Der Grund: Die 1934 von den Nazis als Geheimflughafen errichtete Militärbasis hat am Sonntag mit Bratwürstchen und Fassbier 90-jähriges Jubiläum gefeiert. „Da nimmt der Flughafen wohl Parkgebühren“, meinte ein Besucher lachend und zählte Hunderte von Sechser-Reihen, die am Rande des Flugfelds in der Sonne geparkt sind. Während der Flughafenfeier fuhren ständig weitere Sattelschlepper vor, um Fahrzeuge abzustellen. Vertriebsmitarbeiter Teslas nutzten den Andrang immerhin, kurzfristig Probefahrten für das Luftfahrt-affine Publikum zu organisieren. Die Message: Rabatte, Rabatte, alles muss raus!

Ex-Militärflughafen dient als Tesla-Parkplatz

Ende der 1950er-Jahre hatte das DDR-Jagdflieger-Geschwader 8 sowie das Transportfliegergeschwader 44 den Standort der Luftwaffe übernommen. Auch Kosmonaut Sigmund Jähn, der erste Deutsche im All, diente dort einst als Pilot. Sein Leben lang blieb der „Held der DDR“ mit dem Ort verbunden und wurde sogar Ehrenbürger. Zu Erich Honeckers Zeiten waren die Regierungsflieger der DDR in Marxwalde untergebracht. Insgesamt elf Passagierjets standen der Staats- und Parteiführung zur Verfügung - zusätzlich zu Regierungs-Hubschraubern.

So gibt es noch heute viele Bürger in Märkisch-Oderland, denen der Ort und seine Historie viel bedeutet. Und weil dort auch noch eine alte MiG 21 in einem Shelter steht, sind so einige Nostalgiker des späteren DDR-Regierungsflughafens am vergangenen Sonntag nach Neuhardenberg gepilgert, um sich vor Ort verwundert die Augen zu reiben - statt Flugzeugen überall Teslas, so weit das Auge reicht. Dabei soll der Flughafen langfristig für Ausbildungszwecke genutzt werden. Vor einigen Jahren war er noch als Alternativ-Airport für Billigairlines wie Ryanair im Gespräch.

Tesla-Absatzprobleme: Bestände müssen reduziert werden

Was ist nur los beim (noch vor Kurzem) gefeierten US-Konzern? Es heißt, bis Ende Juni bietet Tesla möglichen Neukunden eigens eine Umweltprämie von 6.000 Euro pro Fahrzeug an. „Ab sofort mit 6.000 Euro Tesla-Umweltprämie erhältlich“, steht seit dem Wochenende auf der deutschen Internetseite des Konzerns. Die Bestände müssen halt dringend reduziert werden, in der Giga-Factory südöstlich der Bundeshauptstadt.

Doch das anfänglich virulente Interesse ist erlahmt. Ob es nur an der Marke Tesla liegt oder ganz generell an Zweifeln, ob die neue Technik wirklich schon ausgereift ist oder nur politischem Wunschdenken entspringt, bleibt die Frage. Vater Staat hat seine Umweltprämie eingestellt, prompt brach die Nachfrage bundesweit ein. Ob Elon Musk mit seinem Lockangebot die Lage grundsätzlich verändern kann, ist das nächste große Fragezeichen. Grünheide, von der Politik als Ansiedlungserfolg gefeiert, hat allein diesen Monat fünf Ruhetage angekündigt, um die Betriebsabläufe zu optimieren, wie es offiziell heißt. Am 7., 14., 17., 27. und 28. Juni würden „kurze Boxenstopps“ eingelegt. Auch im Monat Mai standen die Bänder in der Giga-Factory schon mehrere Tage lang still. Vielleicht ist das Tesla-Werk etwas überdimensioniert geraten?

Tesla-Produktionsüberfluss: Wird Elon Musk nervös?

Wöchentlich gut 6.000 Fahrzeuge werden am Standort Grünheide derzeit produziert. Tesla hat im ersten Quartal 2024 allerdings gut 20 Prozent weniger verkaufen können als im Schlussquartal 2023. Der Umsatzrückgang in Deutschland macht Elon Musk zunehmend nervös, was wenig verwunderlich ist. Das Management denkt bereits über Arbeitsplatzabbau nach, so heißt es, und das, obwohl der Ausbau der Tesla-Fabrik gar nicht vollständig hochgefahren wurde. Unlängst setzten sich die Genehmigungsbehörden erst über ein Bürgervotum hinweg, das gegen die Rodung eines angrenzenden Waldgebiets votiert hatte, ohne dass dies zu Konsequenzen geführt hat.

Es scheint, als sei der Parkplatz-Mangel Ausdruck logistischer Probleme: Der Flughafen werde genutzt, um die Fahrzeuge zu sortieren und sie „von dort an deren Bestimmungsorte in ganz Europa sowie zu Überseehäfen zu transportieren“, teilte Tesla mit. Der Konzern prüfe bereits alternative Standorte. Die Hoffnung auf eine schnelle Erweiterung in Grünheide stockt. Die Behörden verhandeln zwar weiter mit Tesla über einen Ausbau. Aber womöglich kommt den Umweltschützern nun ausgerechnet von Kunden und Verbrauchern unerwartete Unterstützung entgegen. Im Gegensatz zur ursprünglichen Planung sind bei den derzeitigen Erweiterungsplänen keine Lagerhallen mehr vorgesehen. Tesla plant vielmehr den Bau eines werkseigenen Güterbahnhofs - eine Lösung für unverkäufliche Fahrzeuge ist das freilich nicht.

Lockangebote bei Tesla

Sollten die Kunden sich nun locken lassen von Elon Musks Schnäppchen? Geschmacksache. Ein Problem ist die geringe Wertstabilität. Eine Studie von Ende 2023 besagt: Bei Elektroautos, die seit mindestens fünf Jahren produziert werden, betragen die Wertverluste durchschnittlich 49,1 Prozent. Den höchsten Wertverlust verzeichnet übrigens das Tesla Model S mit 55,5 Prozent.

Weiteren Nachlass herauszuhandeln, über die aktuelle Umweltprämie hinaus, scheint nicht üblich zu sein, sagen Kunden. Angeblich gibt es die Möglichkeit, Ladezeiten für die Tesla-Supercharger herauszuschlagen. Beim Testen locken längere Probefahrten. Wer unsicher ist, ob es sich lohnt, sich langfristig an ein E-Auto zu binden, kann natürlich auch über Leasing-Modelle nachdenken.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
avtor1
Peter Schubert

Peter Schubert ist stellv. Chefredakteur und schreibt seit November 2023 bei den DWN über Politik, Wirtschaft und Immobilienthemen. Er hat in Berlin Publizistik, Amerikanistik und Rechtswissenschaften an der Freien Universität studiert, war lange Jahre im Axel-Springer-Verlag bei „Berliner Morgenpost“, „Die Welt“, „Welt am Sonntag“ sowie „Welt Kompakt“ tätig. 

Als Autor mit dem Konrad-Adenauer-Journalistenpreis ausgezeichnet und von der Bundes-Architektenkammer für seine Berichterstattung über den Hauptstadtbau prämiert, ist er als Mitbegründer des Netzwerks Recherche und der Gesellschaft Hackesche Höfe (und Herausgeber von Architekturbüchern) hervorgetreten. In den zurückliegenden Jahren berichtete er als USA-Korrespondent aus Los Angeles in Kalifornien und war in der Schweiz als Projektentwickler tätig.

DWN
Politik
Politik Friedland: Abgelehnte Asylbewerber stößt 16-Jährige vor einen Zug – Gericht wirft Ausländerbehörde Fehler vor
03.09.2025

Ein 31-jähriger Iraker soll ein 16-jähriges Mädchen in Niedersachsen getötet haben. Die Behörden wollten den abgelehnten Asylbewerber...

DWN
Finanzen
Finanzen Altersvorsorge: Selbstständige zweifeln an finanzieller Absicherung fürs Alter
03.09.2025

Gut abgesichert im Alter? Mehr als die Hälfte der Solo-Selbstständigen und Kleinstunternehmer in Deutschland haben Zweifel, ob ihre...

DWN
Technologie
Technologie ChatGPT-Störung: Das KI-Chatmodell von OpenAI ist down – das können Sie tun
03.09.2025

Eine ChatGPT-Störung macht die Nutzung des KI-Sprachmodells von OpenAI aktuell nicht möglich. ChatGPT reagiert weder auf Eingaben noch...

DWN
Politik
Politik Nawrocki trifft Trump: Polens Präsident reist zu Trump - Sorge um Kurs in Europa
03.09.2025

Seine erste Auslandsreise im neuen Amt führt Polens Staatschef Karol Nawrocki zu US-Präsident Donald Trump ins Weiße Haus. Wichtigstes...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis erreicht historisches Rekordhoch: Was treibt den Kurs und wie sollten Anleger reagieren?
03.09.2025

Der Goldpreis klettert unaufhaltsam auf neue Rekordhöhen und fesselt die Anleger. Doch was treibt den Kurs des gelben Edelmetalls wirklich...

DWN
Politik
Politik Netzentgelte: Strompaket im Kabinett - Spüren Verbraucher bald Entlastungen?
03.09.2025

Das Bundeskabinett will wichtige Vorhaben in der Energiepolitik beschließen. Eine Senkung der Stromsteuer für alle soll es aber vorerst...

DWN
Politik
Politik AfD-Todesfälle vor der NRW-Wahl: Polizei schließt Straftaten aus
03.09.2025

Mittlerweile sechs AfD-Kandidaten sterben kurz vor der NRW-Wahl am 14. September. Die Polizei hat die Fälle untersucht – und schließt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Inflation in der Eurozone steigt im August auf 2,1 Prozent
03.09.2025

Die Inflation in der Eurozone steigt im August auf 2,1 Prozent. Für Deutschland könnte das höhere Zinsen bedeuten – mit Folgen für...