Technologie

Glasfaser-Anschlüsse: Schleppender Ausbau und wenig Interesse

Der Glasfasernetzausbau geht in Deutschland nur langsam voran und auch die Zahl der angeschlossenen Haushalte entwickelt sich schleppend. Dafür gibt es verschiedene Gründe, wie eine Studie nun belegt.
19.06.2024 16:01
Aktualisiert: 19.06.2024 16:30
Lesezeit: 2 min

Die Versorgung mit Glasfaseranschlüssen für ein schnelleres Internet wird im ersten Halbjahr dieses Jahres nur um 1,1 Prozentpunkte auf dann insgesamt 17,7 Prozent zunehmen. Das sind nur 500.000 zusätzliche Haushalte, insgesamt sind dann 8,1 Mio. Haushalte. Dies geht aus der aktuellen Gigabitstudie hervor, die vom Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) und dem Beratungsunternehmen Dialog Consult herausgegeben wurde.

Bislang wurde die Glasfaserversorgungsquote nach Auskunft des Bundesdigitalministers Volker Wissing mit einem Drittel aller Haushalte angegeben. Im Rahmen der Digitalstrategie der Bundesregierung soll bis 2030 jeder deutsche Haushalt mit einem Glasfaseranschluss versorgt sein. Bei der aktuellen Ausbaugeschwindigkeit wird dieses Ziel jedoch nur sehr schwer erreichbar sein, heißt es in der Studie.

„Anschluss“ wird unterschiedlich definiert

Die Diskrepanz zwischen den Studienergebnissen des VATM und den Angaben der Bundesregierung zu den angeschlossenen Haushalten ergibt sich durch eine unterschiedliche Definition. Bislang wurden durch die Bundesregierung alle Haushalte als versorgt definiert, deren Grundstücksgrenze sich innerhalb von 20 Metern eines Glasfaserkabels befindet.

Allerdings können die meisten dieser Haushalte nicht an das Glasfasernetz angeschlossen werden, da sie nicht direkt mit dem Netz verbunden sind und die Glasfaserkabel eben nur in der Straße liegen. Für eine Anbindung wären weitere Bauarbeiten notwendig, die die Häuser und Grundstücke mit dem Kabel verbinden. Durch die aktuelle Gigabitstudie wird nun eine ehrlichere Anschlussquote ermittelt, die mit 17,7 Prozent aller Haushalte nur die Haushalte angibt, die heute real angeschlossen werden können.

Wenig Interesse der deutschen Haushalte am Glasfaseranschluss

Jedoch haben von diesen insgesamt 8,1 Mio. Haushalten nur 4,6 Mio. Haushalte den verfügbaren Glasfaseranschluss auch gebucht. Die Zahlen zeigen auf, dass es somit noch sehr lange dauern wird, bis Deutschland vollständig an das Glasfasernetz angebunden sein wird.

Ursache für die niedrigen Buchungen ist die sogenannte niedrige „Take-up-Rate“. Sie bezeichnet den Anteil der Haushalte, die sich bereits ans Glasfasernetz anschließen lassen, wenn die Glasfaserkabel in den Straßen verlegt werden. Nach Angaben der aktuellen Gigabitstudie kommt die Deutsche Telekom dabei auf eine Rate von nur 13 Prozent, bei den Konkurrenzunternehmen liegt die Rate immerhin bei 35 Prozent.

Ausbaustrategien der Telecom nicht effizient

Die deutlich höhere Take-up-Rate bei den Konkurrenzunternehmen ist auf eine effizientere Ausbaustrategie zurückzuführen. Die Mitbewerber der Telekom verlegen Glasfasernetze häufig erst dann, wenn mindestens 30 Prozent der Haushalte im Versorgungsgebiet für die Buchung eines Anschlusses gewonnen werden konnten.

Der Deutschen Telekom hingegen werfen Andreas Walter, Leiter der Gigabitstudie und Geschäftsführer der Dialog Consult und VATM-Geschäftsführer Frederic Ufer vor, dass sie an den Häusern vorbei baut, um Konkurrenten vom Netzausbau abzuhalten. Betriebswirtschaftlich lohnen sich mehrere Glasfasernetze im gleichen Gebiet nicht. Der tatsächliche Anschluss der Anwohner an das Glasfasernetz sei für die Telekom gar keine Priorität, denn viele Anwohner seien bereits DSL-Anschlusskunden, die aus wirtschaftlichen Gründen auch gar nicht an das Glasfasernetz angebunden sein müssten.

Auch Alternativen zum Glasfasernetz finden wenig Anklang bei Verbrauchern

Die Nachfrage nach einem schnelleren Internet ist in Deutschland aber auch bei alternativen Versorgungsmöglichkeiten mau. Immerhin sechs von zehn Haushalten könnten das schnelle Gigabit Internet auch über ihre TV-Kabelnetze buchen, die ebenfalls diese hohen Geschwindigkeiten bieten können.

Allerdings ist die Nachfrage nach den hohen Bandbreiten auch hier eher klein. Insgesamt bucht nur ein Viertel der anschlussfähigen Haushalte das Gigabit und viele Haushalte buchen niedrigere Geschwindigkeiten von weniger als 500 Megabit pro Sekunde oder sogar weniger als 250 Megabit. Vielen Verbrauchern reichen die niedrigeren Internetgeschwindigkeiten und sie sind auch nicht bereit, für eine höhere Geschwindigkeiten höhere Preise zu bezahlen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Migration: Nancy Faeser sieht eigene Migrationspolitik als Erfolg
01.04.2025

Während SPD und Union über eine mögliche Koalition verhandeln: Die geschäftsführende Innenministerin Faeser präsentierte heute...

DWN
Politik
Politik Handelskonflikt eskaliert: EU prüft bislang ungenutztes Instrument
01.04.2025

Die Handelsbeziehungen zwischen der EU und den USA stehen kurz vor einer Eskalation. US-Präsident Trump plant neue Zölle auf eine...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Trumps Zölle - Warum Hyundai jetzt auf Milliarden-Investitionen in den USA setzt
01.04.2025

Geht sein Plan auf? Trumps Zollerhöhungen erzwingen bereits drastische Reaktionen. Hyundai investiert 21 Milliarden US-Dollar in die USA,...

DWN
Politik
Politik AfD holt in Umfrage auf: Union büßt nach Bundestagswahl stark ein
01.04.2025

Nach der Bundestagswahl verliert die Union in den Umfragen, während die AfD kräftig zulegt. Auch SPD und Grüne verzeichnen Rückgänge,...

DWN
Politik
Politik Bamf-Chef Sommer will radikale Asyl-Wende - Rücktritt gefordert
01.04.2025

Bamf-Chef Hans-Eckhard Sommer fordert eine radikale Wende in der deutschen Asylpolitik. Statt individueller Anträge plädiert er für eine...

DWN
Finanzen
Finanzen Europa-ETF-Vergleich: Wie Sie mit Europa-fokussierten ETFs Geld verdienen - und welche Europa-ETF sinnvoll sind
01.04.2025

Da die Trump-Administration die Unterstützung für die Ukraine zurückfährt, protektionistische Zölle erlässt und sich von der...

DWN
Politik
Politik Reform Arbeitszeitgesetz: 8-Stunden-Tag nicht mehr zeitgemäß?
01.04.2025

Union und SPD schlagen vor, aus der täglichen eine wöchentliche Höchstarbeitszeit zu machen. Von der Wirtschaft gibt es Zuspruch, die...

DWN
Politik
Politik Stephan Weil: Niedersachsens Ministerpräsident (SPD) zieht sich aus Politik zurück
01.04.2025

Stephan Weil beendet nach mehr als zwölf Jahren als Ministerpräsident von Niedersachsen seine politische Karriere. Mit einem klaren Kurs...