Unternehmen

Zahl der Unternehmensinsolvenzen steigt weiter - Hoffnung auf Trendwende schwindet

Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland steigt weiter an, ohne Anzeichen einer baldigen Trendwende. Experten prognostizieren sogar mehr Pleiten im Gesamtjahr 2024 als bisher erwartet, bedingt durch die langsame Erholung der Konjunktur nach der Corona-Pandemie und dem Auslaufen staatlicher Hilfsmaßnahmen.
15.06.2024 06:51
Aktualisiert: 15.06.2024 10:21
Lesezeit: 2 min

Die Zahl der Firmenpleiten in Deutschland steigt weiter. Anzeichen für eine schnelle Trendwende sehen Experten nicht - im Gegenteil: Weil die Konjunktur nur langsam aus der Schwächephase kommt, könnten im Gesamtjahr 2024 sogar mehr Unternehmensinsolvenzen in Europas größter Volkswirtschaft zu verzeichnen sein als bislang vorhergesagt. Dass die Zahlen steigen würden, war nach dem Auslaufen von staatlichen Hilfen und Sonderregelungen während der Corona-Pandemie erwartet worden.

In den ersten drei Monaten des laufenden Jahres meldeten 5209 Unternehmen Insolvenz an, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. Das waren gut ein Viertel (26,5 Prozent) mehr als im Vorjahresquartal. Auch der Wert des ersten Quartals 2020 wurde übertroffen: um 11,2 Prozent. Das war das Vierteljahr vor der von Ausnahmeregelungen geprägten Corona-Krise mit vergleichsweise niedrigen Insolvenzzahlen.

Schwache Konjunktur spricht gegen schnelle Trendwende

Der Trend zeigt weiter nach oben: Im Mai 2024 wurden 25,9 Prozent mehr Regelinsolvenzen beantragt als ein Jahr zuvor. Seit Juni 2023 seien damit durchgängig zweistellige Zuwachsraten im Vorjahresvergleich zu beobachten, ordneten die Wiesbadener Statistiker ein. Die Verfahren fließen erst nach der ersten Entscheidung des Insolvenzgerichts in die Statistik ein. Der tatsächliche Zeitpunkt des Insolvenzantrags liege in vielen Fällen annähernd drei Monate davor.

„Es gibt keine Anzeichen für eine Trendwende. Denn eine schwache Binnenkonjunktur und handfeste strukturelle Herausforderungen halten die Wirtschaft weiterhin im Griff“, analysierte Marc Evers, Mittelstandsexperte der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK). In der jüngsten DIHK-Konjunkturumfrage berichteten viele der mehr als 24 000 Unternehmen von knappen Kassen: 29 Prozent in der Gastronomie, 24 Prozent in der Gesundheitswirtschaft, 22 Prozent im Einzelhandel machen sich Sorgen um ihre Liquidität.

Meiste Firmenpleiten je 10 000 Unternehmen in Berlin

Beim Finanzinformationsdienst Crif wächst ebenfalls der Pessimismus: „Zehn Monate in Folge gab es jetzt zweistellige prozentuale Zuwachsraten bei den Insolvenzzahlen. Es fällt daher zunehmend schwer, von einer nicht vorhandenen Insolvenzwelle zu sprechen“, kommentierte Crif-Deutschland-Geschäftsführer Frank Schlein die aktuellen Zahlen.

Die höchste Insolvenzdichte gab es im ersten Quartal 2024 einer Crif-Auswertung zufolge mit 28 Insolvenzen je 10 000 Unternehmen in Berlin. Der Bundesdurchschnitt lag bei 17. Über diesem Wert rangieren neben Berlin auch Hamburg (22), Nordrhein-Westfalen und das Saarland (je 21). Die wenigsten Firmenpleiten gab es demnach in den ersten drei Monaten des Jahres in Bayern, Brandenburg und Thüringen (je 12 Fälle je 10 000 Unternehmen).

Wirtschaftsforscher sehen auch positive Signale

Etwas Hoffnung macht die jüngste monatliche Analyse des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH). Demnach sank im Mai die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften in Deutschland erstmals seit November 2023 wieder - und zwar um sieben Prozent zum Vormonat auf 1271.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Krypto-Crash: Wie Zinsen und KI die Kryptomärkte unter Druck setzen
21.11.2025

Die jüngsten Turbulenzen an den Kryptomärkten stellen Anleger, Unternehmen und Regulierer gleichermaßen auf die Probe. Welche Kräfte...

DWN
Politik
Politik Koalition unter Druck: Bundesrat zwingt Merz-Regierung in den Vermittlungsausschuss
21.11.2025

Die Stimmung in der Koalition mau, der Rentenstreit noch längst nicht ausgestanden – jetzt legt sich auch noch der Bundesrat quer. Er...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Ein Mundscan reicht: Das Healthtech DentalTwin erstellt KI-basierte Modelle für Zahnersatz
21.11.2025

Mithilfe KI-basierter Datengenerierung verlagert das Start-up DentalTwin die Zahnprothetik ins Digitale. Das dürfte nicht nur Praxen und...

DWN
Politik
Politik EU lockert Datenschutz: Digitaler Omnibus reformiert Regeln für KI
21.11.2025

Europa steht bei der Digitalpolitik vor einem Wendepunkt, an dem Wettbewerbsfähigkeit und Schutz von Bürgerrechten neu austariert werden....

DWN
Politik
Politik US-Wirtschaftselite, Ex-Präsidenten und die Epstein-Akten: Verbindungen zu Politik und Tech-Milieu offengelegt
21.11.2025

Mit jeder neuen Aktenveröffentlichung im Fall Jeffrey Epstein treten weitere Verbindungen zwischen politischen Entscheidern, Finanzeliten...

DWN
Panorama
Panorama Ansteigende Gewalt gegen Frauen - Dobrindt: „Nicht-Deutsche Tatverdächtige deutlich überrepräsentiert“
21.11.2025

Frauen werden stündlich Opfer von körperlicher, sexueller oder psychischer Gewalt, so das Bundeskriminalamt. Das Dunkelfeld dürfte um...

DWN
Politik
Politik Schwarzarbeit bekämpfen: Sozialschutz für Paketboten soll dauerhaft gewährleistet werden
21.11.2025

Der Schutz von Paketboten vor Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung wird dauerhaft gestärkt: Der Bundesrat hat die Verlängerung der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Handelsriesen setzen Verbraucher unter Druck – Gutachten kritisiert Marktmacht
21.11.2025

Steigende Lebensmittelpreise sorgen bei vielen Verbrauchern für Unmut – und laut einem aktuellen Gutachten der Monopolkommission liegt...