Die fünftägige Reise von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) nach China markiert einen bedeutenden Schritt für die Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und China. Als größter Handelspartner Deutschlands spielt China eine zentrale Rolle in der deutschen Wirtschaft. Im Jahr 2023 betrug das Handelsvolumen zwischen den beiden Ländern rund 254 Milliarden Euro. Trotz dieser engen wirtschaftlichen Verbindungen stehen deutsche Unternehmen in China vor erheblichen Herausforderungen wie einer schwachen Auftragslage, ungleichen Wettbewerbsbedingungen und dem Schutz geistigen Eigentums.
Julia Klöckner, wirtschaftspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, zeigte sich erstaunt über die verspätete Reise des Wirtschaftsministers nach China und betonte die Dringlichkeit einer aktiveren Chinapolitik: „Bemerkenswert, dass der Wirtschaftsminister der großen Industrienation Deutschland erst jetzt zum ersten Mal nach China reist und nicht schon viel früher und öfter dort gewesen ist. China ist unser größter Handelspartner.“
Klöckner äußerte diese Kritik in einer Pressemitteilung im Zusammenhang mit Habecks Reise. Sie unterstrich, dass eine klare Strategie im Umgang mit China nötig sei, um deutsche Interessen besser zu vertreten und Fortschritte bei der Reziprozität und dem Abbau von Überkapazitäten zu erzielen. Im Zusammenhang mit einer Chinastrategie betont Habeck die Notwendigkeit einer ausgewogenen und nachhaltigen Partnerschaft mit China, die auf „fairen Wettbewerbsbedingungen“ basiert.
Strategische Bedeutung der Reise nach Ostasien
Vizekanzler Habeck sieht in der aktuellen Reise eine Gelegenheit, die vielfältigen Interessen Deutschlands in der Region zu betonen. „Die Reise nach Ostasien unterstreicht unser breites, diversifiziertes Interesse an der Region“, sagte er vor dem Abflug in einer offiziellen Erklärung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz. In China plant Habeck, sich mit hochrangigen Regierungsvertretern zu treffen, um Themen wie bilaterale Wirtschafts-, Energie- und Klimapolitik zu diskutieren. Besonders wichtig ist ihm dabei, faire Wettbewerbsbedingungen zu schaffen und Marktverzerrungen durch Überkapazitäten zu reduzieren.
Parallel dazu ist Habecks Reise nach Südkorea vor dem Hintergrund der jüngsten Besuche des russischen Präsidenten Wladimir Putin in Nordkorea und Vietnam von Bedeutung. Es kann auch als ein strategischer Schachzug betrachtet werden, insbesondere angesichts des jüngsten Abkommens zwischen Russland und Nordkorea. Ein neuer Pakt zwischen den beiden Ländern verpflichtet sie, im Falle eines Krieges sofort militärische Hilfe zu leisten, so die nordkoreanischen Staatsmedien.
Das Abkommen, das am Mittwoch bei einem Gipfeltreffen in Pjöngjang unterzeichnet wurde, kann als das stärkste zwischen den beiden Staaten nach dem Kalten Krieg dargestellt werden. Es bleibt abzuwarten, inwieweit die bilateralen Versprechen eingehalten werden.
Putins Reisen nach Nordkorea und Vietnam zeigen die strategische Ausrichtung Russlands, seine wirtschaftlichen und geopolitischen Interessen in Ostasien zu erweitern und seine Position als globaler Akteur zu stärken.
Südkorea als stabiler Partner
Südkorea, Deutschlands zweitwichtigster Exportmarkt in Asien, bietet nicht nur wirtschaftliche, sondern auch geopolitische Chancen. Bei seinem Besuch in Seoul wird Habeck Gespräche mit Premierminister Han Duck-soo und Handelsminister Ahn Dukgeun führen, um die Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft, Klimaschutz und Energiepolitik zu vertiefen. „Unser Ziel ist, die Zusammenarbeit bei Wirtschaft, Wirtschaftssicherheit und Klima zu vertiefen und neue Potenziale zu erschließen“, erklärte Habeck.
Dies unterstreicht die strategische Bedeutung Südkoreas als stabiler Partner. Bei seinem Besuch an der Demilitarisierten Zone (DMZ) reflektierte Habeck über die historische und gegenwärtige Bedeutung dieser Grenze. „Es ist eine sehr andere Grenze, als wir sie von der deutschen Trennung kennen“, sagte er während einer Pressebegehung der DMZ und erinnerte an die blutigen Konflikte und die anhaltende Bedrohung durch Nordkorea.
Habecks Gespräche mit südkoreanischen Regierungsvertretern zielen darauf ab, die regionale Sicherheit zu stärken und die wirtschaftlichen Beziehungen zu vertiefen, um den Einfluss Russlands und Nordkoreas in der Region zu balancieren.
Reaktionen und Einschätzungen zur Reise
Volker Treier, Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), sieht in der Reise ein starkes Signal für die deutschen Unternehmen in der Region. „Beide Länder spielen für deutsche Unternehmen eine zentrale Rolle: Im Jahr 2023 war China der wichtigste, Korea der drittwichtigste Handelspartner in Asien“, erklärte Treier. Er betonte, dass politische Unterstützung in Fragen des fairen Wettbewerbs und der regulatorischen Hürden für deutsche Unternehmen in diesen Märkten entscheidend sei. „Eine politische Unterstützung ihres Engagements vor Ort – sei es in Fragen des fairen Wettbewerbs, der regulatorischen Hürden oder der Zusammenarbeit in Bereichen wie grüner Technologie – wird den Unternehmen und auch Deutschland als Volkswirtschaft in diesen unruhigen Zeiten sehr zugutekommen.“
Habecks Besuche in China und Südkorea, begleitet unter anderem von Vertretern des Mittelstands, unterstreichen die Notwendigkeit einer klaren und strategischen Außenwirtschaftspolitik. China bleibt dabei ein wichtiger Handelspartner und Markt für deutsche Unternehmen. „China ist auch bei Sicherheitsfragen ein wichtiger geopolitischer Akteur, etwa, wenn es um Konflikte wie den russischen Angriff auf die Ukraine geht“, teilte Habeck vor seiner Abreise mit.
Menschenrechtliche Bedenken
Diese Reise zielt darauf ab, die wirtschaftlichen Beziehungen zu stärken, neue Potenziale zu erschließen und sowohl geopolitische als auch wirtschaftliche Herausforderungen anzugehen.
Gleichzeitig gibt es seit Langem Kritik, dass sich die deutschen Politiker im Fall China zu sehr auf wirtschaftliche Interessen fokussieren, wobei menschenrechtliche Belange in den Hintergrund treten. Dies wurde zuletzt bei der Reise des Bundeskanzlers Olaf Scholz und der begleitenden Top-Manager aus der deutschen Wirtschaft geäußert.
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) fordert vor dem Hintergrund der aktuellen Asienreise Habeck auf, Menschenrechtsfragen während seiner China-Reise nicht zu vernachlässigen. „Robert Habeck sollte in China zeigen, dass ihm Menschenrechte nicht egal sind, sobald wirtschaftliche Interessen ins Spiel kommen. Die verheerende Menschenrechtslage in Ostturkestan/Xinjiang, Tibet, Hongkong und der Inneren Mongolei darf nicht von einem weiteren deutschen Spitzenpolitiker einfach verschwiegen werden“, fordert Jasna Causevic, Referentin für Genozidprävention und Schutzverantwortung bei der GfbV.