Politik

Gaza: Deutschland verstärkt Hilfe mit 19 Millionen Euro

Die humanitäre Situation in Gaza bleibt alarmierend. Während ihrer achten Reise nach Israel verkündete die deutsche Außenministerin weitere Hilfsmaßnahmen für die Palästinenser und stellte zugleich Forderungen an Hamas und Israel.
25.06.2024 18:27
Lesezeit: 2 min

Deutschland stellt aufgrund des Leidens der Zivilbevölkerung weitere 19 Millionen Euro für humanitäre Hilfe im Gazastreifen bereit. Das UN-Palästinenserhilfswerk UNWRA und das Welternährungsprogramm liefern unter gefährlichen Bedingungen Mehl und Reis an hungernde Familien, erklärte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) am Dienstag in Israel. "Für die Kinder in Gaza ist jede noch so kleine Mahlzeit überlebenswichtig." Jede Kiste medizinischer Materialien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) trage dazu bei, in den zerstörten Krankenhäusern im Gazastreifen "wieder ein Minimum an medizinischer Versorgung zu ermöglichen", fügte sie hinzu.

Wiederaufnahme der UNRWA-Förderung durch Deutschland

Mit den zusätzlichen 19 Millionen Euro erhöht sich die deutsche humanitäre Hilfe für die palästinensischen Gebiete auf insgesamt 312 Millionen Euro seit 2023. Wie Anfang April angekündigt, nimmt das Auswärtige Amt auch die Förderung des UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA wieder auf. Zunächst werden fünf Millionen Euro für Nahrungsmittelnothilfe im Gazastreifen bereitgestellt. Zusätzlich erhält UNRWA eine erste Tranche von fünf Millionen Euro des vom Bundestag beschlossenen freiwilligen und ungebundenen Beitrags für dessen Tätigkeiten. Damit werden UNRWA-Aktivitäten in Jordanien, Libanon, Syrien und im Westjordanland finanziert, insbesondere in den Bereichen Bildung und Gesundheit.

UNRWA geriet im Januar in die Schlagzeilen, weil Israel behauptete, zwölf Mitarbeiter des Hilfswerks seien in das Massaker vom 7. Oktober verwickelt gewesen und die Organisation insgesamt sei von der Hamas unterwandert. Ein unabhängiger Prüfbericht kam jedoch zu dem Schluss, dass UNRWA "robuste" Mechanismen etabliert habe, um Neutralität zu wahren, jedoch Verbesserungspotenzial bestehe.

Baerbock forderte die Hamas auf, einen von US-Präsident Joe Biden vorgeschlagenen Plan für eine Waffenruhe im Gaza-Konflikt anzunehmen. Der Plan basiere auf einem israelischen Vorschlag und sei "der einzig realistische Weg aus der Sackgasse des Krieges zur Befreiung der Geiseln und hin zu einem humanitären Waffenstillstand", so die Ministerin. "Die Hamas hat es in der Hand, das Leid der Menschen in Gaza dadurch sofort zu lindern."

Kritik an Israels Vorgehen

Nach einem Treffen mit ihrem israelischen Amtskollegen Israel Katz in Jerusalem kritisierte Baerbock scharf, dass zunehmende Siedlergewalt im Westjordanland Schrecken verbreite. "Teile der israelischen Regierungskoalition zündeln und gefährden mit ihrer aggressiven Siedlungspolitik langfristig israelische Sicherheitsinteressen", sagte sie. Zudem seien die "schockierenden Berichte von grausamen Haftbedingungen für palästinensische Gefangene in israelischen Lagern und Gefängnissen" nicht mit Israels Anspruch als Rechtsstaat vereinbar. Auch die Bilder vom israelischen Einsatz in Dschenin seien "verstörend und widersprechen dem humanitären Völkerrecht". Israelische Soldaten hatten am Samstag einen verletzten Palästinenser auf die Motorhaube eines Fahrzeugs gebunden.

In Ramallah im Westjordanland besprach Baerbock mit dem palästinensischen Ministerpräsidenten Mohammed Mustafa die künftige Rolle der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA). Diese könnte aus Sicht der Ministerin eine bedeutende Rolle in einer Nachkriegsordnung im Gazastreifen spielen.

Israels rechtsextremer Finanzminister Bezalel Smotrich hatte kürzlich angekündigt, der Palästinensischen Autonomiebehörde Mittel in Höhe von 32,5 Millionen Dollar (rund 30,3 Millionen Euro) vorzuenthalten und diese stattdessen an israelische Terroropfer auszuzahlen. Baerbock kritisierte, dass die Zoll- und Steuergelder, die der PA nach dem Oslo-Abkommen zustehen, von den israelischen Behörden mittlerweile komplett blockiert würden. Mustafa erklärte, dies gefährde die Bereitstellung von Dienstleistungen, insbesondere im Gesundheitssektor.

Besorgnis über Eskalation mit der Hisbollah in Beirut

Vor dem Hintergrund wachsender Sorgen vor einer Eskalation des Konflikts zwischen Israel und der proiranischen Hisbollah-Miliz im Libanon traf Baerbock in Beirut den geschäftsführenden Ministerpräsidenten Nadschib Mikati und anschließend den geschäftsführenden Außenminister Abdullah Bou Habib.

Baerbock nannte die Situation äußerst gefährlich. "Alle Verantwortlichen müssen daher äußerste Zurückhaltung walten lassen, insbesondere muss die Hisbollah aufhören, Israel zu beschießen." Zur Stabilisierung der libanesischen Regierung stockt Deutschland seine humanitäre Hilfe für das Land um weitere 18 Millionen Euro auf. Es wird befürchtet, dass ein offener Krieg zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz zu einem regionalen Konflikt eskalieren könnte, in den auch die USA hineingezogen würden.

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