Seit diesem Frühjahr werden aus den USA immer wieder Infektionen mit dem Vogelgrippe-Virus bei Kühen gemeldet. Mehr als 130 erfasste H5N1-Infektionen in einem Dutzend US-Bundesstaaten gibt es nach Angaben der US-Gesundheitsbehörde CDC. Wie sich das Milchvieh angesteckt hat, ist noch nicht geklärt. Auch Menschen wurden inzwischen infiziert. Experten beobachten die Situation mit Sorge. Forscher in Deutschland startet einen Infektionsversuch mit heimischen Kühen.
Infektionsversuch: Hohes Fieber bei Kühen
Die Vogelgrippe befällt nicht nur Geflügel, offenbar können sich auch Kühe mit dem Virus infizieren. Deshalb haben Forscher des Friedrich-Loeffler-Instituts vor ein paar Wochen auf der Ostseeinsel Riems einen neuartigen Infektionsversuch gestartet: Kühe wurden mit der Erreger-Variante H5N1 infiziert.
Das Ergebnis: Auch die in Deutschland zirkulierende Variante des Vogelgrippe-Virus kann Kühe infizieren, wie der Norddeutschen Rundfunk berichtet. In den Versuchen hätten die Milchkühe nach der Infektion eindeutige Krankheitssymptome gezeigt – dazu gehörte starker Milchrückgang, eine veränderte Milchkonsistenz und Fieber, so eine Sprecherin des Instituts.
FLI-Forscher: geringes Infektionsrisiko
Trotz dieser Ergebnisse hält das Institut an seiner bisherigen Risikoeinschätzung fest. Das Vogelgrippe-Infektionsrisiko wird von den Experten weiter als sehr gering eingeschätzt. Denn die Kühe infizieren sich nur, wenn das Virus direkt mit ihrem Euter in Kontakt kommt.
Virologe Drosten warnt vor einer nächsten Gesundheitskrise
Der aus der Corona-Zeit bekannte Virologe und Regierungsberater Christian Drosten sieht die Entwicklung in den USA hingegen mit großer Sorge. Laut des Chef-Virologen könne das Vogelgrippe-Virus ein möglicher Auslöser einer kommenden Pandemie sein, die erneut zu einer globalen Gesundheitskrise führe. Wie wahrscheinlich ein solches Szenario ist, könne er allerdings nicht sagen.
Gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland wies Drosten darauf hin, dass das H5N1-Virus schon in Milchprodukten im Handel aufgetaucht sei. Sowas habe es vorher noch nicht gegeben. Laut Drosten seien alle Fachleute aufgrund der extremen Ausbrüche bei Kühen besorgt. Noch sei es aber auch möglich, dass die Ausbreitung der Vogelgrippe unter Säugetieren glimpflich ablaufe. Das Virus brauche mehrere Schritte zur Anpassung, vielleicht sei es vorher schon unter Kontrolle.
Vogelgrippe: Drosten will Kühe impfen
Drosten wünscht sich weitere Daten, um die Situation besser einschätzen zu können. So sei nicht bekannt, wie häufig sich Menschen infizieren, die mit infizierten Kühen zu tun hätten. Deshalb fordert der Virologe entschiedene Maßnahmen wie Quarantäne, Isolierung infizierter Bestände, Kontaktverfolgung, Hygienemaßnahmen und Impfung der Tiere.
Interessant: Mit dem Journalisten Georg Mascolo hat Drosten gerade ein Buch veröffentlicht: „Alles überstanden? Ein überfälliges Gespräch zu einer Pandemie, die nicht die letzte gewesen sein wird“.
Finnland will Menschen gegen H5N1 impfen
Einen Impfstoff gegen Viren mit dem H5-Subtyp gibt es bereits. Deshalb möchte die finnische Gesundheitsbehörde zeitnah Menschen eine Impfung anbieten, die ein besonderes Risiko tragen, also viel Kontakt mit Tieren haben, die mit Vogelgrippe infiziert sein könnten. Das sind vor allem Mitarbeiter von Geflügel- und Pelztierfarmen, aber auch Tierärzte. Auf finnischen Pelztierfarmen gab es im vergangenen Jahr mehrere H5N1-Ausbrüche, aber noch keine Infektionen bei Menschen.
Ursache: kontaminiertes Melkgeschirr
In den USA hatten sich die Fälle über mehrere Bundesstaaten ausgebreitet. Als Ursache dafür ziehen die Forscherinnen und Forscher kontaminiertes Melkgeschirr und Tiertransporte in Betracht. Mittlerweile sind vier Menschen an dem Virus erkrankt. Die Krankheitsverläufe waren bisher jeweils milde.
Die Forscher des deutschen Friedrich-Löffler-Institutes raten Haltern von Rindern aufmerksam zu sein und bei unklaren sowie gehäuften Erkrankungsfällen, Milchkühe auch auf Vogelgrippe untersuchen lassen. Hier finden Sie die aktuellen Forschungsergebnisse dazu.
Aktuell wurde noch keine Übertragung von Mensch zu Mensch nachgewiesen. Deshalb wird die Gefahr einer Pandemie derzeit von der Weltgesundheitsorganisation noch als gering eingeschätzt.