Finanzen

Anlagechance Rechenzentren: Der geheime Gewinner des KI-Trends?

Lesezeit: 4 min
13.07.2024 09:18  Aktualisiert: 20.08.2030 12:01
Während die Begeisterung um Künstliche Intelligenz die Kurse bekannter Technologieaktien in die Höhe treibt, lohnt sich ein tieferer Blick auf die Rechenzentren-Infrastruktur, ohne die der Boom überhaupt nicht möglich wäre: Rechenzentren profitieren stark vom KI-Hype und bieten aktuell interessante Investitionsmöglichkeiten.
Anlagechance Rechenzentren: Der geheime Gewinner des KI-Trends?
KI-Anwendungen brauchen sehr viel Rechenleistung - das macht Rechenzentren zu einem interessanten Anlageobjekt für die Zukunft (Foto: dpa).
Foto: Google Handout

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Der Hype um Künstliche Intelligenz hat auch die Aktienmärkte in Beschlag genommen und die Bewertungen von KI-Aktien in die Höhe schnellen lassen. Wobei das Thema KI von den Anlegern sehr weitläufig interpretiert wird und nicht nur die Aktien der bekannten Chip-Designer um Nvidia und AMD und die führenden KI-Programmierer Microsoft, Alphabet und Meta explosiv gen Süden katapultiert hat. Auch die Anteilsscheine von Datenanalyse-Spezialisten wie Palantir und Cybersecurity-Firmen wie Crowdstrike profitieren aktuell massiv vom KI-Hype an der Börse.

Ist ein Einstieg in diesen Trend zu spät? Womöglich ja. Vielleicht müssen Anleger aber nur ein wenig um die Ecke denken. Es gibt ein Geschäftsmodell, das nicht als KI-Technologie-Vorreiter agiert, sondern periphär direkt am neuen Megatrend mitverdient: Rechenzentren.

Rechenzentren-Markt wächst rasant

KI-Modelle wie ChatGPT-4 müssen aufwendig mit Spezial-Chips trainiert werden und irgendjemand muss dafür die erforderlichen Rechenkapazitäten bereit stellen. „Rechenzentren bieten […] ein stabiles, langfristiges Wachstumspotenzial“, betont Jens Chrzanowski, Kapitalmarktexperte und Deutschlandchef des Onlinebrokers XTB.

2024 war bisher ein weiteres Rekordjahr für den Rechenzentren-Markt in Europa, wie aus dem „EMEA Data Center Report Q1 2024“ der Immobilienberatungsfirma JLL hervorgeht. Auf den dominanten FLAP-D-Märkten (Frankfurt, London, Amsterdam, Paris und Dublin) stieg demnach im ersten Quartal die installierte Rechenkapazität um 62 Megawatt – ein Anstieg um 63 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. „Die starken Umsätze und neu ans Netz gebrachten Kapazitäten belegen die ungebrochene Nachfrage nach Rechenleistung“, sagt Martina Williams, Head of JLL Work Dynamics DACH & CEE. Analysten von Morgan Stanley zufolge werden die europäischen Rechenkapazitäten bis 2028 um mindestens 18 Prozent pro Jahr steigen müssen, um die massiv anziehende Nachfrage zu bedienen.

Rechenzentren als Anlagechance

Lange nur als Nischen-Investition gesehen, rücken Rechenzentren nun zunehmend als zukunftsträchtige Anlageklasse in den Fokus von institutionellen und privaten Anlegern. Es geht nicht nur um den KI-Boom. Der wachsende Speicher- und Rechenbedarf für digitale Infrastruktur und Cloud-Computing ist in der heutigen Zeit offensichtlich.

Rechenzentren bieten derzeit deutlich attraktivere Renditen im Vergleich zu klassischen Immobilieninvestments wie Büros oder Wohnen“, erlärt Bankmanager Patrick Brinkler von Hauck Aufhöser Lampe gegenüber der FAZ. Die Privatbank hat mit dem Fonds „Real Estate Investment Management“ (Reim) einen der ersten Rechenzentren-Fonds in Deutschland für institutionelle Investoren aufgelegt. Der Spezial-AIF investiert in Rechenzentren in deutschen Metropolregionen an und visiert abei eine jährliche Ausschüttungsrendite von 6 bis 8 Prozent an.

Der Renditevorteil zu herkömmlichen Immobilien-Investments kommt aber zu einem Preis. Neue Rechenzentren-Gebäude haben deutlich höhere Baukosten als Büroimmobilien oder Privathäuser und sind deshalb noch kapitalintensiver. Zudem sind Rechenzentren durch den hohen Strombedarf und die notwendigen Kühlungsvorrichtungen sehr energiehungrig. Laut der Internationalen Energieagentur (IEA) machen Rechenzentren bereits heute zwischen 1 und 1,5 Prozent des weltweiten Stromverbrauchs aus. Dieser Anteil dürfte sich innerhalb der nächsten fünf bis zehn Jahre vervielfachen.

Investieren in den Rechenzentren-Trend: REIT oder ETF?

Für deutsche Privatanleger gibt es im Wesentlichen zwei Wege, um in Rechenzentren zu investieren.

1. Rechenzentren-REIT

REITs („Real Estate Investment Trusts“) sind börsennotierte Anlagevehikeln, die Kapital einsammeln und in Immobilien investieren. Es sind streng genommen keine Aktien, aber funktionieren sehr ähnlich. Die erzielten Mieten und sonstigen Einnahmen werden zu einer fest definierten Quote an die Anleger ausgeschüttet.

Es gibt spezialisierte Rechenzentren-REITs, die entsprechende Immobilien vermieten oder verpachten. Der wohl bekannteste Betreiber ist der US-Konzern Digital Realty. Der REIT befindet sich nach einer mehrjährigen Flautephase in einem mittelfristigen Aufwärtstrend, notiert aber noch unter seinem Allzeithoch vom Dezember 2021. Ein weiterer großer Akteur ist Equinix mit 260 Rechenzentren in rund 70 Ballungsräumen auf der ganzen Welt. Der Equinix-REIT ist im Gegensatz zu Digital Realty in einem leichten Abwärtstrend, war jedoch in den Jahren zuvor auch wesentlich stabiler.

2. Rechenzentren-ETF

Bei allen Vorteilen, die REITs bieten, handelt es sich trotzdem um einzelne Anlagegesellschaften, die unter Missmanagement leiden können. Als Alternative bieten sich Rechenzentren-ETFs an, die in mehrere REITs und zudem passende Branchen-Aktien investieren. Viele Anleger dürften die breitere Streuung und damit verbundene Diversifizierung eines börsengehandelten Rechenzentren-ETF gegenüber einem Einzelinvestment in Rechenzentren-REITs bevorzugen. Zumal ein thesaurierender ETF steuerliche Vorteile gegenüber ausschüttenden REITs aufweist.

In diesem Segment gibt es den „Global X Data Center REITs & Digital Infrastructure ETF“ (ISIN: IE00BMH5Y327), der den gleichnamigen Index abbildet. Der ETF hält derzeit 25 Einzelwerte, ein Großteil davon machen REITs wie Equinix (11,2 Prozent) und Digital Realty (9,5 Prozent) aus. Außerdem investiert der Indexfonds in Telekommunikations-Anbieter wie American Tower (11,1 Prozent), China Tower (5,1 Prozent) und Nextdc (6,7 Prozent) sowie einen kleinen Teil in Chip-Aktien wie SMC (4,5 Prozent) und Nvidia (3,9 Prozent). Letztere sind als Ausrüster von Rechenzentren ein weiterer offensichtlicher Profiteur vom KI-Rausch, aber die Anteilsscheine der Halbleiter-Konzerne haben ihren explosiven Anstieg eben schon erlebt, während bei Rechenzentrums-Betreibern und Telekomunikationsfirmen auf den ersten Blick noch mehr Zukunftsmusik in den Kursen steckt.

Die Kosten (TER) dieses ETFs liegen mit 0,5 Prozent pro Jahr höher als bei Weltaktien-ETFs, was aber vollkommen normal ist. Sorgen macht uns eher das niedrige Fondsvermögen von nur 3 Millionen Euro, was einen relativ hohen Spread zwischen An- und Verkaufspreisen verursacht. Für EU-Anleger konnten wir bei unseren Recherchen jedoch leider keinen weiteren Rechenzentren-ETF finden. Viel zahlreicher vorhanden und liquider sind diverse Cloud-Computing- und Digitalisierungs-ETFs, die jedoch überwiegend in Software-Anbieter und wenig bis gar nicht in Rechenzentrums-Infrastruktur investieren.

Der Mangel an passenden Themen-ETFs an europäischen Börsen sollte Anleger allerdings nicht in Resignation versetzen – im Gegenteil. Es deutet vielmehr darauf hin, dass das Rechenzentren-Segment am Aktienmarkt noch nicht überlaufen ist und somit noch beträchtliches Zukunftspotential aufweist. Außerdem kann man sich im Zweifelsfall mit einigen der oben genannten REITs und Aktien quasi einen eigenen Rechenzentren-ETF zusammenbauen.

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Jakob Schmidt ist studierter Volkswirt und schreibt vor allem über Wirtschaft, Finanzen, Geldanlage und Edelmetalle.



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