Weltwirtschaft

Taiwans Chipindustrie: Milliarden gegen Chinas Bedrohung und Trumps Forderungen

Lesezeit: 2 min
22.07.2024 16:04
Aus Sorge vor einer chinesischen Invasion investieren Taiwans Chipfirmen Milliarden in neue Fabriken im Ausland. Die Bedenken sind nicht unbegründet: Die Produktion ließe sich derzeit nicht ersetzen, sollte China einmarschieren. Gleichzeitig hält Taiwan ein neues Militärmanöver ab.
Taiwans Chipindustrie: Milliarden gegen Chinas Bedrohung und Trumps Forderungen
Etwa 63 Prozent der weltweiten Halbleiter werden von taiwanischen Unternehmen wie TSMC (Taiwan Semiconductor Manufacturing Company) und UMC (United Microelectronics Corporation) produziert. (Foto: dpa)
Foto: Ritchie B. Tongo

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Taiwans Streitkräfte starten diese Woche ein fünftägiges Militärmanöver, um die Abwehr eines möglichen Angriffs durch China zu proben. Mit der Übung will das Land seine Reaktionsfähigkeit testen und verschiedene Szenarien einer chinesischen Invasion durchspielen. Zugleich könnten Aussagen des republikanischen US-Präsidentschaftskandidaten Donald Trump aus der jüngeren Geschichte bald Realität werden.

Trump und die gestohlene Halbleiterindustrie

Als Trump während einer Wahlkampfveranstaltung in Las Vegas im Januar 2024 von einem Journalisten gefragt wurde, ob er Taiwan im Falle einer chinesischen Invasion verteidigen würde, antwortete dieser, dass dies nur geschehe, wenn Taiwan für den Schutz durch die USA zahlen würde. Gleichzeitig beschuldigte er Taiwan, den USA die Halbleiterindustrie ‚gestohlen‘ zu haben, und forderte die USA auf, Zölle auf taiwanische Chips zu erheben. Evan Medeiros, ehemaliger Sicherheitsberater für Asien unter Barack Obama, kommentierte gegenüber Nikkei Asia: „Während der Trump-Administration war es eines der am schlechtesten gehüteten Geheimnisse in Washington, dass Trump sich nicht um Taiwan schert“

Taiwan produziert fast zwei Drittel der weltweiten Chips

Etwa 63 Prozent der weltweiten Halbleiter werden von taiwanischen Unternehmen wie TSMC (Taiwan Semiconductor Manufacturing Company) und UMC (United Microelectronics Corporation) produziert. TSMC allein hält einen Marktanteil von etwa 54 Prozent an der globalen Auftragsfertigung von Halbleitern, während UMC rund 7 Prozent und Vanguard International Semiconductors (VIS) 1,2 Prozent des Marktes abdecken.

VIS hat nun auf die Sorgen vor einer chinesischen Invasion reagiert und angekündigt, gemeinsam mit dem niederländischen Halbleiterhersteller NXP eine Chipfabrik in Singapur zu bauen. Laut dem taiwanischen Marktforschungsinstitut Trendforce sollen die Investitionen insgesamt 7,8 Milliarden US-Dollar betragen und die Produktion 2027 beginnen. In einer Mitteilung von NXP betonte VIS-CEO Leuh Fang: „Dieses Projekt steht im Einklang mit unseren langfristigen Entwicklungsstrategien und zeigt das Engagement von VIS, die Kundennachfrage zu erfüllen und unsere Fertigungskapazitäten zu diversifizieren.“

Milliardeninvestitionen in Asien, Europa und den USA

Auch Nvidia, der weltweit führende Auftragshersteller von KI-Chips, diversifiziert seine Produktionskapazitäten in Asien, insbesondere in Malaysia, Südkorea und Singapur. In Malaysia hat das amerikanische Unternehmen eine Partnerschaft mit YTL Power angekündigt. YTL Power ist eines der führenden Infrastruktur- und Energieversorgungsunternehmen Malaysias, mit dem Nvidia eine KI-Infrastruktur entwickeln will, die die schnellsten Supercomputer des Landes umfasst.

Ein Gemeinschaftsprojekt von Bosch, NXP und TSMC in Dresden ist ein weiteres Beispiel für die Diversifizierungsstrategie der taiwanischen Chipindustrie. Ziel des Projekts ist der Aufbau einer modernen Halbleiterfertigung, die die Produktionskapazitäten in Europa stärken und zur Stabilisierung der globalen Lieferketten beitragen soll, heißt es in einer Pressemitteilung von Bosch.

Baubeginn der Fabrik, die im Rahmen des Joint Ventures European Semiconductor Manufacturing Company (ESMC) errichtet werden soll, ist für die zweite Hälfte des Jahres 2024 geplant, Produktionsbeginn Ende 2027. Das Joint Venture wird zu 70 Prozent im Besitz von TSMC sein, Bosch, Infineon und NXP zu jeweils 10 Prozent. Die Gesamtkosten des Projekts werden auf mehr als 10 Milliarden Euro geschätzt und von der Europäischen Union (EU) und der Bundesregierung mit erheblichen Mitteln gefördert.

Bloomberg-Analyst: „Abhängigkeit von wenigen Standorten ist Risiko“

Für Johannes Schwab, Senior Analyst beim Wirtschaftssender Bloomberg, sind die Milliardeninvestitionen längst überfällig, wie er kürzlich gegenüber Bloomberg betonte: „Die Abhängigkeit von wenigen Produktionsstandorten erhöht die Risiken erheblich. Die Diversifizierung in verschiedenen Regionen ist ein notwendiger Schritt, um die Lieferketten widerstandsfähiger zu machen und geopolitische Risiken zu minimieren“.

Die Analysten des taiwanischen Marktforschungsinstituts Trendforce sehen in der globalen Diversifizierung von TSMC und Co. noch einen weiteren Aspekt: „Die Diversifizierung der Produktionsstandorte für taiwanische Halbleiterunternehmen ist nicht nur eine Reaktion auf geopolitische Spannungen, sondern auch eine notwendige Strategie, um die Stabilität der Lieferketten in einer zunehmend unsicheren Weltwirtschaft zu gewährleisten.“


Mehr zum Thema:  

DWN
Politik
Politik Klima-Betrug in China: Umweltbundesamt will zwei Drittel aller Projekte stoppen
16.09.2024

Das Umweltbundesamt geht gegen ein Betrugssystem mit Klima-Projekten in China vor. Die Anzahl der betrügerischen Vorhaben, mit denen...

DWN
Politik
Politik Brandenburg-Wahl: AfD und SPD kämpfen um den Sieg - und das politische Momentum
16.09.2024

Die Brandenburger Landtagswahl ist so spannend wie nie. Es könnte eine richtungsweisende Wahl pro oder contra rechts werden. Im Kampf...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Energiewende: Versteckte Kosten - droht Eigentümern eine schleichende Enteignung?
16.09.2024

Deutschlands Milliardeninvestitionen in die Energiewende setzen Eigentümer unter Druck: Von Zwangssanierungen bis zu Wertverlusten –...

DWN
Politik
Politik Zu wenig, zu spät? Kontrollen an deutschen Grenzen werden ausgeweitet
16.09.2024

Im Schengen-Raum sind eigentlich nur an den Außengrenzen Kontrollen vorgesehen. Doch das hat sich nun im Zuge der Migrationsdebatte...

DWN
Politik
Politik Erneutes Trump-Attentat: Secret Service nimmt Verdächtigen an Golfplatz fest
16.09.2024

Der Secret Service entdeckt einen bewaffneten Mann in den Büschen rund um den Golfplatz, auf dem Donald Trump seine Bälle schlägt, und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Schnelle Übersetzungen per DeepL: Das deutsche Einhorn der Künstlichen Intelligenz
16.09.2024

Lichtblicke am deutschen Technologie-Horizont schimmern immer wieder mal durch - und oftmals ganz unverhofft. Das Startup „DeepL“ ist...

DWN
Finanzen
Finanzen Reich werden an der Börse: Ist das realistisch?
16.09.2024

Viele Anleger wollen an der Börse reich werden. Doch ist das wirklich der Königsweg? Die Deutschen Wirtschaftsnachrichten haben mehrere...

DWN
Finanzen
Finanzen Größere Summe anlegen: Wie investiert man 100.000 Euro in Aktien?
15.09.2024

Trotz der Bedeutung von Aktien für den langfristigen Vermögensaufbau investieren die meisten Deutschen immer noch nicht in Einzelaktien...