Wirtschaft

Russland öffnet den Bankenmarkt: Strenge Regeln und neue Chancen – aber nicht für alle!

Russland plant eine drastische Marktöffnung für ausländische Banken, die sich auf strenge Regeln und hohe Anforderungen stützt. Trotz der Erlaubnis zur Eröffnung von Filialen in Russland bleiben die Anforderungen komplex und die Zielgruppe ist beschränkt. Für wen öffnet Russland den Banksektor und zu welchen Bedingungen?
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24.07.2024 16:05
Lesezeit: 4 min

Die russische Regierung hat einen neuen Gesetzesentwurf vorgelegt, der strenge Regelungen für den Betrieb von Filialen ausländischer Banken in Russland mit sich bringt. Die Geschäftstätigkeiten werden drastisch eingeschränkt, besonders wenn es um Privatkunden und Edelmetalle geht. Zudem gibt es hohe Anforderungen an das Garantiedepot und eine Begrenzung der Zahl ausländischer Mitarbeiter. Und als wäre das nicht genug, müssen die Banken ihren Namen nun auch noch auf Russisch führen.

Diese Nachricht klingt fast wie ein Grund zum Feiern, wenn man bedenkt, dass es in Russland seit 2013 verboten ist, überhaupt Filialen ausländischer Banken zu eröffnen. Derzeit gibt es keine, die solche Filialen haben, sie dürfen lediglich Vertretungen eröffnen – was aber eher selten vorkommt. Doch unter den Bedingungen der aktuellen Sanktionen ändert der Regulierer plötzlich seinen Ansatz. Ja, es gibt jede Menge Beschränkungen, aber dass die russische Regierung nach 11 Jahren die Spielregeln ändert, ist fast sensationell.

Es wird nicht überall erwähnt, ist jedoch für das Verständnis des Entwurfs des neuen Gesetzes von großer Bedeutung: Die Genehmigung betrifft Organisationen aus „befreundeten Ländern“ und soll dazu beitragen, grenzüberschreitende Zahlungen unter den Bedingungen von Sanktionen zu erleichtern, so Lenta.ru. Der Vorschlag ist also interessant, aber beschränkt.

Anforderungen und Einschränkungen für ausländische Banken

Der Gesetzesentwurf legt fest, dass ausländische Banken in Russland nur eine Filiale eröffnen dürfen, deren Name vollständig auf Russisch angegeben werden muss. Der Anteil der ausländischen Mitarbeiter wird auf maximal 50 Prozent begrenzt, und die Bank muss eine offizielle Website mit einem russischen Domain betreiben. Weitere Anforderungen umfassen eine mindestens dreijährige gültige Banklizenz im Herkunftsland und eine Kreditbewertung gemäß den Anforderungen der russischen Zentralbank, schreibt Interfax.ru.

Besonders einschneidend sind die Einschränkungen und Verbote, die ausländischen Banken untersagen, Bankgeschäfte oder Transaktionen mit Privatpersonen oder Einzelunternehmen abzuwickeln. Erlaubt sind nur Überweisungen von Geldmitteln ohne Eröffnung von Bankkonten und der Kauf und Verkauf von Fremdwährungen. Weitere verbotene Aktivitäten umfassen die Führung von Einlagen und Konten in Edelmetallen, Treuhandverwaltungen und Transaktionen mit Edelmetallen und bearbeiteten Naturdiamanten.

Erlaubte Dienstleistungen und besondere Vorschriften

Erlaubt sind hingegen Dienstleistungen wie die Eröffnung und Verwaltung von Bankkonten für juristische Personen, Überweisungen im Auftrag juristischer Personen, Bargeld- und Wertpapiertransportdienste, Kassenservice, Übernahme von Bürgschaften und Garantien, Vermietung von Safes und Leasinggeschäfte. Bestimmte Aktivitäten, wie Produktions-, Handels- und Versicherungsaktivitäten, sind jedoch ausgeschlossen. Professionelle Aktivitäten auf dem Wertpapiermarkt sind erlaubt, jedoch ohne Verwaltung von Wertpapieren und Geldmitteln für den Handel mit derivativen Finanzinstrumenten.

Garantiedepot

Das Garantiedepot für eine Filiale einer ausländischen Bank muss mindestens 1 Milliarde Rubel betragen, entsprechend dem Mindestkapital eines Universalbankinstituts. Ein zusätzlich berechnetes Garantiedepot, dessen Höhe von der Zentralbank festgelegt wird, ist erforderlich und muss auf einem Korrespondenzkonto in Rubel bei der Zentralbank Russlands hinterlegt oder in Staatsanleihen bzw. von der Zentralbank emittierten Wertpapieren investiert werden.

Der Gesetzesentwurf zielt darauf ab, die Bedingungen für die Entwicklung des internationalen Zahlungsverkehrs zu verbessern und ausländische Investitionen zur Finanzierung der russischen Wirtschaft zu fördern. Bei Verabschiedung tritt der Entwurf am 1. September 2024 in Kraft.

Ausländische Bankvertreter in Russland aktuell ohne Filialen

Seit 2013 gibt es in Russland ein Verbot für die Eröffnung von Filialen ausländischer Banken. Momentan haben diese Banken keine Filialen in Russland, können aber selten vertretene Niederlassungen eröffnen. Stattdessen arbeiten viele ausländische Banken durch vollwertige Kreditinstitute, wie etwa Raiffeisenbank (mit Hauptsitz in Österreich), UniCredit Bank (Italien), OTP Bank (Ungarn) und andere, berichtet rbc.ru.

Im Gegensatz zu „echten“ Banken, die sich mit einer Flut von regulatorischen Anforderungen herumschlagen müssen, ist das Leben für diese Vertreterbüros etwas entspannter. Diese Büros sind keine eigenständigen juristischen Personen, dürfen keine Bankgeschäfte durchführen und operieren nach Regeln, die von der Muttergesellschaft aufgestellt werden – quasi die „Hausordnung“ der großen Bankfamilie.

In Russland gibt es derzeit nur 24 solcher Vertreterbüros. Laut den Angaben der Zentralbank vom 19. Juli sind diese Büros von Banken aus Deutschland, Vietnam, Italien, Zypern, China und Südkorea vertreten.

Interesse am neuen Angebot?

Die Idee, dass die Regierung neue Regelungen für die Eröffnung von Filialen ausländischer Banken plant, wurde bereits im Herbst 2013 verkündet. Damals hat der stellvertretende Vorsitzende der Zentralbank Russlands, Alexei Guznow, auf der Sitzung „Sicherheit der Kapitalbewegung“ des Ostwirtschaftsforums verraten, dass es tatsächlich Interesse ausländischer Banken gibt, in Russland Filialen zu eröffnen.

Guznow erklärte, dass die Bank von Russland durchaus Zeichen von Neugier aus dem Ausland sieht.

„Es geht darum, dass ausländische Banken das Recht und die Möglichkeit erhalten sollen, hier Filialen zu eröffnen. <…> Es gibt schon konkrete Investoren und Banken, die daran interessiert sind, ihren Auftritt auf dem russischen Markt zu verändern“, sagte Guznow. (Zitat: TASS).

Russische Roulette: Deutsche Banken und das Spiel mit dem russischen Risiko

In den deutschen Medien wird das Russlandgeschäft nicht sehr florierend dargestellt. Nachdem Großprojekte wegen der russischen Invasion in die Ukraine gestrichen wurden, stehen die Banken nun im Zentrum eines Sanktionskonflikts, der immer schärfer wird (Tagesschau, Mai 2024).

Seit Ende April häufen sich die Pfändungen westlicher Vermögenswerte in Russland. Nach der UniCredit und der Commerzbank wurde jetzt auch die Deutsche Bank von einem St. Petersburger Gericht getroffen. Millionenvermögen wurde beschlagnahmt, nachdem ein Gasterminal-Projekt aufgrund westlicher Sanktionen gescheitert war.

Seit 2014 haben deutsche Banken ihre Aktivitäten in Russland drastisch reduziert. Die Risikopositionen sind von 3,5 Milliarden Euro im Jahr 2021 auf 1,7 Milliarden Euro im Jahr 2022 gefallen, und die Mitarbeiterzahl reduzierte sich von 1.700 auf 180.

„Mit seinen jüngsten Maßnahmen setzt Moskau dieses Restgeschäft massiv unter Druck. Der völlige Abschied vom russischen Markt ist für die deutschen Banken jedenfalls deutlich wahrscheinlicher geworden.“ - Tagesschau

Fazit: An wen richtet das russische Angebot?

Die neuen russischen Regelungen zur Eröffnung von Filialen ausländischer Banken sind ein bemerkenswerter Schritt, da sie nach elf Jahren Verbot eine Öffnung des Marktes signalisieren. Trotz strenger Anforderungen und Einschränkungen könnten diese Maßnahmen für einige Banken, die auf dem russischen Markt präsent sein wollen, attraktiv sein.

Allerdings könnten Banken aus Ländern wie Deutschland, die bereits negative Erfahrungen gemacht haben, eher zögerlich reagieren und sich möglicherweise aus dem Markt zurückziehen. Darüber hinaus schränkt der Begriff „befreundete Länder“ den Kreis der vom russischen Vorschlag erfassten Länder erheblich ein. Es handelt sich um Länder wie Kasachstan, China und Belarus.

In den kommenden Monaten wird auf jeden Fall deutlicher werden, wie verschiedene Länder auf die neuen Bankvorschriften reagieren.

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                                                                            ***

Iana Roth ist Redakteurin bei den DWN und schreibt über Steuern, Recht und HR-Themen. Zuvor war sie als Personalsachbearbeiterin tätig. Davor arbeitete sie mehrere Jahre als Autorin für einen russischen Verlag, der Fachliteratur vor allem für Buchhalter und Juristen produziert.

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