Panorama

Keine Impfung mehr ohne mRNA? Der Faktencheck

Um die mRNA-Impfung ranken sich viele Falschbehauptungen. Wieder einmal zeigt sich - man sollte nicht alles glauben, was im Internet gesagt wird. Die Corona-Pandemie hat mRNA-Impfstoffe in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt - darum sind auch viele Gerüchte darüber im Umlauf. In den sozialen Medien verbreitet sich im Juli 2024 die Aussage, dass es von Juni 2024 an "keine Impfung mehr ohne mRNA" gebe.
24.07.2024 07:41
Lesezeit: 2 min
Keine Impfung mehr ohne mRNA? Der Faktencheck
Inszenierte Corona-Impfung: Nur die Covid-19-Impfstoffe sind zugelassene mRNA-Impfstoffe (Foto: dpa). Foto: Moritz Frankenberg

Das wüsste die Userin von einer "Brixlegger Augenärztin aus erster Hand", steht in dem Screenshot einer Chat-Nachricht. Auch auf Ärztekongressen würde das "offiziell" vorgetragen. Doch stimmt das - Impfstoffe nur noch mit mRNA-Technologie?

Diese Behauptung ist natürlich falsch. Nur die Covid-19-Impfstoffe sind zugelassene mRNA-Impfstoffe. Das bestätigen das Paul-Ehrlich-Institut und das Bundesministerium für Gesundheit.

mRNA nur bei Covid-19-Impfungen

In Deutschland sind die Covid-19-Impfstoffe die ersten und bisher einzigen zugelassenen mRNA-Impfstoffe. Andere Impfungen nutzen nach wie vor Tot- bzw. Lebendimpfstoffe oder Vektorimpfstoffe. Ein Blick auf die Internetseite des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) bestätigt dies. Dort findet man eine Liste aller zugelassenen Impfstoffe, in der auch die Art des Impfstoffes angegeben ist. Der Zusatz "mRNA" findet sich nur bei einigen Covid-19-Impfstoffen.

Mit Verweis auf die offiziell zugelassenen Impftypen sei die Behauptung daher "Unsinn", wie das Bundesministerium für Gesundheit der Deutschen Presse-Agentur (dpa) auf Anfrage mitteilt. Auch, dass es in Zukunft ausschließlich mRNA-Impfungen gibt, sei sehr unwahrscheinlich.

Unterschiedliche Impfstoffe für unterschiedliche Erreger

Es ist nämlich so: Die Wahl des Impfstofftyps hängt von verschiedenen Faktoren ab, aber vor allem von den Eigenschaften des Erregers. Es gibt viele Impfungen, die sehr gut funktionieren. Das PEI erklärte daher: "Weder wäre es sinnvoll, noch möglich, Impfstoffe, die eine Zulassung haben und deren Qualität, Wirksamkeit und Sicherheit nachgewiesen ist, vom Markt zu nehmen."

Das bestätigt Stefan Kaufmann der dpa schriftlich. Der Experte vom Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie erklärte, unterschiedliche Krankheitserreger würden unterschiedliche Impfstoffe erfordern. Daher könne die mRNA-Impfung für bestimmte Erkrankungen, bei denen das Toxin die Ursache sei, an Bedeutung gewinnen, aber sie werde nicht alle Impfungen ersetzen.

Eine mRNA-Impfung funktioniert folgendermaßen: Bei der Impfung wird Erbinformation des Erregers eingesetzt, die Zellen nehmen diese mRNA auf und produzieren daraufhin das eine Antigen selbst. Vor allem bei komplexen Erregern, wie Tuberkulose, bei denen aber mehrere Faktoren und Erregermoleküle zusammen spielen, sei eine mRNA-Impfung daher nicht ausreichend.

Die Augenärztin aus Brixlegg

Brixlegg ist eine kleine Gemeinde in Tirol. Die Suche nach einer Augenarztpraxis bei der Ärztekammer Tirol ergibt nur einen Treffer. Auch die Augenärztin bestätigt, die einzige in der Gemeinde zu sein. Sie bestreitet, jemals etwas über mRNA-Impfstoffe gesagt zu haben. "Ich bin Augenärztin - ich habe nichts zu tun mit Impfungen oder dergleichen", erklärte sie der dpa per Mail. "Ich habe bereits versucht, rechtlich dagegen vorzugehen, aber niemand will sagen, von wem die Behauptung stammt."

Die Augenärztin kommt aus Österreich - wie ist dort die Lage? "Die aufgestellte Behauptung entbehrt jeglicher Grundlage und ist völlig an den Haaren herbeigezogen", teilte ein Sprecher der österreichischen Ärztekammer mit. Auch in Österreich seien mRNA-Impfstoffe ausschließlich gegen Covid-19 zugelassen. Das bestätigt ein Blick in die Liste aller offiziell zugelassenen Impfstoffe auf der Seite des Bundesamts für Sicherheit im Gesundheitswesen.

Was es mit den mRNA-Antibiotika auf sich hat

Im Post wird außerdem behauptet, dass Antibiotika angeblich schon seit Juni 2023 mit mRNA hergestellt werden. "Das ist Blödsinn", sagte Jörg Vogel der dpa. Er ist Professor für Molekulare Infektionsbiologie an der Julius-Maximilians-Universität in Würzburg. Es gebe noch keine klinischen Studien, die Antibiotika auf mRNA-Basis untersuchen - bei denen also eine mRNA in den Körper gespritzt wird.

Zur gleichen Einschätzung kommt auch Norbert Polacek, Professor für RNA Biochemie an der Universität Bern. Er beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Fragestellungen rund um die RNA-Biologie. "Da liegt ein Missverständnis vor", sagte Polacek. "'mRNA Antibiotika' gibt es nicht und wird es wohl auch nie geben, da für die Biosynthese von echten Antibiotika weit mehr als nur ein Protein/Enzym nötig ist."

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Wie schützt man seine Krypto-Wallet? CLS Mining ermöglicht Nutzern eine stabile tägliche Rendite von 6.300 €.

Der Kryptowährungsmarkt erholte sich heute umfassend, die Stimmung verbesserte sich deutlich. Meme-Coins führten den Markt erneut an....

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Klimagipfel unter Druck: Deutschland fordert ambitioniertere Ziele
21.11.2025

Die Gespräche auf der Weltklimakonferenz befinden sich in einer entscheidenden Phase – doch aus Sicht des deutschen Umweltministers...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Mobilitätsstudie zeigt Wandel: Autos stehen öfter still – Fußverkehr gewinnt an Bedeutung
21.11.2025

Eine neue bundesweite Mobilitätsstudie legt offen, wie sich das Verkehrsverhalten der Menschen in Deutschland verändert. Zwar bleibt das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Small Talk im Job: In 5 Schritten souverän werden
21.11.2025

Im Job entscheidet oft nicht nur Fachwissen, sondern auch wirkungsvolle Kommunikation. Besonders Small Talk kann Türen öffnen,...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Kurs im Fall: Marktverwerfungen schüren Angst vor Krypto-Crash – BTC-Kurs zeitweise unter 82.000 Dollar
21.11.2025

Der Bitcoin-Kurs stürzt im Freitagshandel erneut ab und sorgt unter Anlegern für wachsende Verunsicherung. Experten warnen vor einem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bovenschulte mahnt zum Handeln: Bundesratspräsident fordert mehr soziale Gerechtigkeit
21.11.2025

Mit deutlichen Worten hat der neue Bundesratspräsident Andreas Bovenschulte seinen Amtsantritt genutzt, um auf die wachsende soziale...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell: Märkte unter Druck – Sorgen um Zinsen und Angst vor Gold-Steuer
21.11.2025

Der Goldpreis steht zwischen starken US-Daten, geopolitischer Unsicherheit und neuen Risiken in Europa unter Druck. Zinssorgen und und eine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas Rüstungsindustrie im Boom: Milliardeninvestitionen und strategische Unabhängigkeit
21.11.2025

Europa erlebt einen historischen Aufschwung ihrer Verteidigungsindustrie, der maßgeblich von geopolitischen Spannungen und wachsender...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ifo warnt: Immer mehr deutsche Unternehmen sehen ihre Zukunft bedroht
21.11.2025

Die wirtschaftliche Lage vieler Firmen in Deutschland spitzt sich weiter zu. Laut einer aktuellen Befragung des Ifo-Instituts wächst der...