Technologie

Unfallrisiko E-Scooter: Zahl der Toten verdoppelt sich

Die Zahl der Todesopfer und Verletzten bei E-Scooter-Unfällen ist 2023 gestiegen. Experten sehen bei der Benutzung ein Risiko. Insbesondere Alter und Ort sind bei den Unfällen wichtige Faktoren.
28.07.2024 10:28
Lesezeit: 3 min

Junge Menschen und Großstädte: Das sind zwei der Faktoren, die bei Unfällen mit E-Scootern eine große Rolle spielen. Wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilte, waren rund 42 Prozent der verunglückten E-Scooter-Fahrerinnen und -Fahrer im vergangenen Jahr jünger als 25 Jahre. Rund 80 Prozent der Unfallopfer waren demnach jünger als 45 Jahre.

Besonders viele Unfälle passieren laut den Statistikern in Großstädten – rund 60 Prozent aller E-Scooter-Vorfälle wurden in Städten mit mindestens 100.000 Einwohnern registriert. Mehr als ein Drittel der E-Scooter-Unfälle mit Personenschaden spielte sich in Städten mit mindestens einer halben Million Einwohnerinnen und Einwohnern ab. Bei Unfällen mit Pedelecs war dieser Anteil mit 12,3 Prozent und bei Fahrrädern ohne Motor mit 26,3 Prozent dagegen deutlich geringer.

Mediziner sieht Probleme bei Scootern

Nach Ansicht von Christopher Spering, Oberarzt an der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie der Universitätsmedizin Göttingen, besteht ein Problem bereits in der Zulassung ab 14 Jahren. Jugendliche, die noch bis zu vier Jahre entfernt davon sind, einen Führerschein zu machen, seien oftmals nicht in der Lage, die Perspektive von Auto- oder Lkw-Fahrern einzunehmen. „Das heißt, sie können viel schlechter beurteilen, wie man sich verhält, damit Fahrer einen überhaupt wahrnehmen oder sehen. Und das ist eine große Herausforderung“, sagte Spering.

Die Scooter seien allerdings an sich schon eine Gefahrenquelle. „Die Räder sind enorm klein, wir haben einen langen Lenker, der allerdings in der Breite relativ schmal ist. Und hinzu kommt, dass ich Fahrtrichtungswechsel nicht gut anzeigen kann, weil einhändig Fahren super gefährlich ist“, sagte Spering. Auch fehlende Helme seien ein Problem: An Leih-E-Scootern hingen nicht „irgendwie Helme mit am Lenker, und ich trage selten einen Helm mit, wenn ich in eine Stadt erkunden will“. Der Unfallchirurg schlussfolgert: „Das Fahrzeug als solches birgt schon Potenzial an Gefahren, und deswegen wundert es mich nicht, dass Verletzungszahlen und auch Todeszahlen hochgehen.“

Todesfälle verdoppelten sich

Insgesamt registrierte die Polizei im Jahr 2023 in Deutschland 9.425 E-Scooter-Unfälle mit Personenschaden – das waren 14,1 Prozent mehr als im Jahr zuvor (8.260 Unfälle). Mit 22 Todesfällen verdoppelte sich zudem die Zahl der Menschen, die im Zuge eines Unfalls ums Leben kamen (2022: 11 Todesfälle).

1.220 Menschen wurden 2023 schwer verletzt und 8.911 leicht. Die überwiegende Mehrheit (83 Prozent) der Verunglückten war selbst mit dem E-Scooter unterwegs, darunter auch 21 der 22 Todesopfer.

„Wir sehen zunehmend schwere Schädel-Hirn-Traumata“, sagte Chirurg Spering. Das könnte mit der Nutzung der Scooter zusammenhängen, sagte er. So würden die Geräte oftmals in den Abendstunden und alkoholisiert gefahren werden – „das ist natürlich eine Kombination, die eher dazu führt, dass eher schwerere Verletzungen auftreten, weil die Reaktionsfähigkeit natürlich deutlich verlangsamt ist.“

Fehlverhalten der Fahrer ist oft Unfallursache

Diese Auffassung deckt sich mit den Daten der Statistiker: Als häufigste Gründe für die Zwischenfälle nannte das Bundesamt die falsche Benutzung der Fahrbahn oder der Gehwege. Die E-Scooter-Nutzer müssen, so weit vorhanden, Fahrradwege oder Schutzstreifen nutzen. Ansonsten sollen sie auf Fahrbahnen oder Seitenstreifen ausweichen, das Fahren auf Gehwegen ist verboten. Fast genauso häufig war das Fahren unter Alkoholeinfluss Grund für den Unfall, wie es vom Bundesamt hieß. Dritthäufigste Unfallursache: Viele der Fahrer waren demnach zu schnell unterwegs, danach folgte die Missachtung der Vorfahrt.

Oft sind es Zusammenstöße

Von den mehr als 9.000 E-Scooter-Unfällen waren gut ein Drittel Alleinunfälle – das heißt, es gab keine anderen Beteiligten. 12 der 21 auf E-Scootern Getöteten kamen bei Alleinunfällen ums Leben.

An knapp zwei Dritteln (6.115) der E-Scooter-Unfälle mit Personenschaden war eine zweite Verkehrsteilnehmerin oder ein zweiter Verkehrsteilnehmer beteiligt, meist war dies eine Autofahrerin oder ein Autofahrer (3.930 Unfälle). Zum Vergleich: Nur an 913 Zwischenfällen waren Radfahrer beteiligt.

Nicht registriert wurden bei den Unfallzahlen die Vorfälle, die durch unachtsam abgestellte E-Scooter verursacht wurden. In manchen Städten ist das Abstellen mittlerweile nur noch auf Sammelparkplätzen erlaubt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Technologie
Technologie Autoren fragen, ob ihre Werke für künstliche Intelligenz genutzt werden können – eine unmögliche Mission?
14.06.2025

Ein Ex-Spitzenmanager von Meta warnt: Wenn KI-Unternehmen vor jedem Training urheberrechtlich geschützte Werke lizenzieren müssten,...

DWN
Politik
Politik Datenerpressung statt Freihandel: China nutzt seltene Erden als Waffe
13.06.2025

China verlangt sensible Betriebsgeheimnisse, bevor es seltene Erden exportiert – ein klarer Machtzug im Handelskrieg. Der Westen liefert,...

DWN
Politik
Politik Deutschlands herrenlose Konten: Bundesregierung will auf Gelder von Privatkonten zugreifen
13.06.2025

Auf deutschen Bankkonten schlummern Milliarden Euro, die anscheinend niemandem gehören. Union und SPD möchten jetzt an die Ersparnisse...

DWN
Panorama
Panorama Flugzeugabsturz in Indien: Was passierte bei Flug AI171?
13.06.2025

Mehr als 240 Menschen starben bei einem verheerenden Flugzeugabsturz in Indien. Premierminister Narendra Modi besuchte den einzigen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Brüsseler Kompromiss: EU führt Handelsquoten für Ukraine wieder ein – Litauen hofft auf Preisstabilisierung
13.06.2025

Handelsstreit mit Folgen: Die EU führt wieder Quoten für ukrainische Agrarimporte ein. Litauen atmet auf, Kiew warnt vor...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Der Microlino: Wie ein Schweizer Tüftler dem SUV-Wahnsinn trotzt
13.06.2025

SUVs dominieren unsere Straßen – größer, schwerer, ineffizienter. Doch ein Schweizer Tüftler stellt sich gegen diesen Trend: Wim...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Wenn der Chef den Hund mitbringt: Sind Haustiere im Büro eine Revolution im Büroalltag?
13.06.2025

Ein Hund im Büro bringt gute Laune, sorgt für Entspannung und fördert das Teamgefühl – doch nicht alle sind begeistert. Warum...

DWN
Politik
Politik EU-Sanktionen wegen Russland-Handel: Brüssel zielt nun auch auf Chinas Banken
13.06.2025

Die EU plant erstmals Sanktionen gegen chinesische Banken wegen Unterstützung Russlands durch Kryptowährungen. Peking reagiert empört...