Politik

Ukraine feiert Ankunft der F-16: Ein neuer Wendepunkt im Konflikt

Nach langen Monaten der Geduld sind nun die ersten F-16-Flugzeuge in der Ukraine angekommen. Auch wenn es zunächst nur eine geringe Anzahl an Maschinen ist, spenden sie dem angegriffenen Land bereits neue Hoffnung und Zuversicht.
05.08.2024 09:02
Aktualisiert: 05.08.2024 10:15
Lesezeit: 3 min
Ukraine feiert Ankunft der F-16: Ein neuer Wendepunkt im Konflikt
Selenskyj beantwortet Fragen der Medien vor einem der F-16-Kampfjets der ukrainischen Luftwaffe. (Foto: dpa) Foto: Efrem Lukatsky

Die Ukraine erhofft sich von der gefeierten Ankunft der ersten Kampfflugzeuge vom amerikanischen Typ F-16 einen entscheidenden Beitrag zur Verteidigung gegen die russischen Angreifer. „Dies ist ein weiterer wichtiger Schritt zu unserem Sieg“, schrieb Armeechef Olexander Syrskyj auf der Plattform Telegram. „F-16 in der Ukraine - das bedeutet mehr getötete Besatzer, mehr abgefangene Raketen oder Flugzeuge, mit denen die russischen Verbrecher unsere ukrainischen Städte angreifen.“

„Die F-16 sind in der Ukraine“ - mit diesen Worten stellte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj auf einem nicht näher beschriebenen Militärflugplatz die ersten Kampfflugzeuge mit den Hoheitsabzeichen seines Landes vor. Anlass der Vorstellung war der Tag der Luftwaffe. „Wir haben viel getan, um die ukrainische Luftwaffe auf einen neuen Standard zu bringen, den der westlichen Kampfflugzeuge“, sagte er vor den zur Parade angetretenen Soldaten und Piloten.

Er erinnerte an die vielen vorangegangenen Treffen und Diskussionen mit ausländischen Partnern über Wege zur Stärkung der ukrainischen Luftverteidigung. Vielfach sei dabei das Wort „unmöglich“ gefallen - zu Unrecht, wie sich nun zeige. Auf einem auf der Plattform X verbreiteten Video sind diverse fliegende Kampfflugzeuge zu sehen, darunter die F-16, mit den gelb-blauen Kokarden der Ukraine auf den Tragflächen.

Selenskyj machte keine Angaben dazu, wie viele Kampfflugzeuge inzwischen in der Ukraine eingetroffen sind. „Bislang reichen die Anzahl der in der Ukraine vorhandenen F-16 und die Anzahl der bereits ausgebildeten Piloten noch nicht aus“, sagte er bloß. Westliche Medien hatten zuletzt berichtet, dass zwischen sechs und zehn Maschinen an Kiew übergeben worden seien.

Ukraine rechnet mit Dutzenden Jets

Die Niederlande, Dänemark, Norwegen und Belgien haben der Ukraine zusammen über 60 dieser Kampfjets aus amerikanischer Produktion zugesagt und die Ausbildung ukrainischer Piloten und des Bodenpersonals übernommen. Die Waffen und Ausrüstung der Jets sollen nach amerikanischen Medienberichten aus den USA kommen. Deutschland, das keine F-16 in seinem Bestand hat, trug nicht zu dieser Stärkung der ukrainischen Luftwaffe bei.

Das Kampfflugzeug gehört zu den leistungsfähigsten Militärjets weltweit und kommt in mehr als zwei Dutzend Ländern zum Einsatz. Die Maschinen der US-Firma Lockheed können sowohl in der Luftverteidigung als auch gegen Ziele am Boden eingesetzt werden, also zum Zurückdrängen feindlicher Verbände. Die F-16 ist in der Lage, auch in extrem niedriger Höhe und bei jedem Wetter zu fliegen.

Selenskyj machte keine Angaben dazu, wie die neuen Kampfflugzeuge eingesetzt werden sollen. „Sie werden sicherlich die Ergebnisse sehen, wenn auch nicht alle“, sagte Selenskyj im Gespräch mit Journalisten. „Wir werden dann entscheiden, ob wir sagen, ob dies Ergebnisse vom Einsatz von F-16 waren.“

Nach Einschätzung ukrainischer Militärexperten dürften die F-16 nicht in direkten Luftkämpfen mit russischen Maschinen über der Front geflogen werden, da Russland ein dichtes Flugabwehrnetz aufgebaut hat. Daneben dürfte das russische Militär versuchen, auf ukrainischen Stützpunkten geparkte F-16 zu zerstören.

Ukrainische Raketenangriffe auf Luhansk

Derweil griffen die ukrainischen Streitkräfte mehrere Ziele in der Region Luhansk im Osten des Landes mit weitreichenden Raketen und Marschflugkörpern an - darunter ein Treibstofflager, wie die Staatsagentur Tass unter Berufung auf Militärkreise berichtete. Details über Schäden und mögliche Opfer wurden nicht bekannt. In sozialen Medien fanden sich Berichte über schwere Explosionen in einem Munitionslager, über der Stadt war eine dichte schwarze Rauchwolke zu sehen.

Russische Truppen dringen in Frontstadt Tschassiw Jar vor

Russische Truppen rücken unterdessen nach übereinstimmenden Berichten in der strategisch wichtigen ostukrainischen Kleinstadt Tschassiw Jar weiter vor. Dort hatte lange der Siwerskyj-Donez-Donbass-Kanal eine natürliche Verteidigungslinie für die Ukrainer gebildet. Militärbloggern zufolge haben russische Einheiten den Kanal an mehreren Stellen überschritten und versuchen, sich in der Stadt festzusetzen. Auch das US-Institut für Kriegsstudien (ISW) schrieb in seinem Abendbericht vom Samstag, russische Truppen operierten westlich des Kanals. Den östlich davon gelegenen Stadtteil hatten die Ukrainer schon im Juli aufgeben müssen.

Die ukrainische Militärführung sprach von erbitterten Kämpfen, in deren Verlauf vergangene Woche mindestens 2.000 Russen getötet oder verwundet worden seien. Zuletzt habe die russische Armee versucht, Tschassiw Jar in einem Zangenangriff unter ihre Kontrolle zu bringen. Die Kämpfe seien nach weiteren russischen Verlusten weitgehend abgeflaut. Die Angaben konnten nicht unabhängig geprüft werden.

Bollwerk zur Absicherung ukrainischer Städte

Tschassiw Jar im Gebiet Donezk liegt westlich der Stadt Bachmut, die 2023 nach monatelangen schweren Kämpfen von Russland erobert worden war. Auf einer Anhöhe gelegen, war Tschassiw Jar seitdem das Bollwerk, das wichtige Städte im ukrainischen Rückraum wie Kostjantyniwka und Kramatorsk absicherte.

Bei den Bodenkämpfen im Osten und Süden ist die ukrainische Armee seit langem in der Defensive und hat sich in den vergangenen Wochen an mehreren Orten zurückziehen müssen. Die Eröffnung einer zweiten Front durch Russland bei der Großstadt Charkiw im Mai hat die Ukraine gezwungen, Truppen dorthin zu verlegen. Diese fehlen nun an anderen Frontabschnitten. Trotzdem ist der russischen Armee bei ihrer Sommeroffensive noch kein großer Durchbruch gelungen.

Russen rücken auch bei Pokrowsk vor

Nach schweren Kämpfen rücken russische Truppen laut ukrainischer Darstellung auch bei Pokrowsk im Osten vor. Ein Offizier der dort verteidigenden ukrainischen Streitkräfte führte dies auf eine „selbstmörderische Taktik“ des Gegners zurück, der bei den Angriffen keine Verluste scheue. Die Zahl der eingesetzten Truppen sei schlicht erdrückend.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Live-Webinar heute um 18 Uhr: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Altersvorsorgedepot: Kommt die Frühstart-Rente? Zehn Euro pro Monat für jedes Kind geplant
05.06.2025

Die neue Regierung aus Union und SPD plant die Einführung einer Frühstart-Rente ab 2026. Laut Koalitionsvertrag sollen für jedes Kind...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wirtschaft: Ausland kann Standort Deutschland viel Positives abgewinnen
05.06.2025

Hohe Kosten, teure Energie, viel Bürokratie – viele sehen den Wirtschaftsstandort Deutschland auf dem absteigenden Ast. Doch das Urteil...

DWN
Politik
Politik Trump spricht mit Putin – doch der Frieden in der Ukraine bleibt Illusion
05.06.2025

Putin droht offen mit Vergeltung, Trump schweigt dazu – und der Papst bittet um Gnade. Inmitten von strategischen Bombern,...

DWN
Politik
Politik Hitzeschutzplan für Sporttreibende: Das Gesundheitsrisiko soll gemindert werden
05.06.2025

Durch die Klimakrise wird es in Deutschland immer heißer. Gerade für Sporttreibende kann das im Sommer zur Gefahr werden: Mit ihrem neuen...

DWN
Politik
Politik EU-Kommission startet Defizitverfahren gegen Österreich
05.06.2025

Österreich steht wegen seiner hohen Neuverschuldung unter Druck. Die EU-Kommission will ein Defizitverfahren einleiten – und könnte...

DWN
Finanzen
Finanzen Steuerentlastungen: Bundesregierung will Investitionen ankurbeln
05.06.2025

Steuerliche Anreize sollen die deutsche Wirtschaft aus der Flaute holen. Die Bundesregierung setzt auf Abschreibungsmöglichkeiten und eine...

DWN
Politik
Politik Showdown in Washington: Merz trifft Trump – Annäherung oder Abrechnung?
04.06.2025

Bundeskanzler Friedrich Merz reist nach Washington, um Donald Trump die Hand zu reichen – doch der Empfang dürfte frostig werden....

DWN
Politik
Politik Bulgarien bekommt den Euro - nicht alle freuen sich darüber
04.06.2025

Die EU-Kommission macht den Weg frei: Bulgarien darf 2026 den Euro einführen. Doch im Land regt sich massiver Widerstand. Während...