Wirtschaft

Ifo-Empfehlung: Renten- und Steueränderungen als Lösung für Fachkräftemangel

Laut der Ifo-Empfehlung könnten höhere Rentenabschläge, eine verlängerte Lebensarbeitszeit und Reduzierungen der steuerlichen Vorteile für Eheleute mögliche Mittel gegen den Fachkräftemangel darstellen. Die Münchner Ökonomen schätzen, dass solche Maßnahmen in Summe so viele Menschen zur längeren Berufstätigkeit bewegen könnten, dass dies etwa 1,2 Millionen Vollzeitstellen entsprechen würde. Auftraggeber der aktuellen Ifo-Studie war die IHK München und Oberbayern.
16.08.2024 13:16
Lesezeit: 2 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
Ifo-Empfehlung: Renten- und Steueränderungen als Lösung für Fachkräftemangel
Ein Bauarbeiter arbeitet am Neubau eines Mehrfamilienhauses am Stadtrand. Das Münchner Ifo-Institut macht neue Vorschläge gegen den Fachkräftemangel (Foto: dpa). Foto: Jens Büttner

Höhere Rentenabschläge, eine verlängerte Lebensarbeitszeit und die Streichung von Vorteilen für Ehepaare bei Steuer und Krankenversicherung könnten nach Berechnungen des Ifo-Instituts Lösungen gegen den Fachkräftemangel darstellen. Insgesamt könnten solche Änderungen laut Einschätzungen der Münchner Ökonomen so viele Menschen zu längerer Berufstätigkeit bewegen, dass dies einem Anstieg von rund 1,2 Millionen Vollzeitjobs entsprechen würde. Auftraggeber der aktuellen Ifo-Studie war die IHK München und Oberbayern.

In ihrem Papier untersuchten die Wissenschaftler die Konsequenzen mehrerer kontrovers diskutierter Vorschläge. Diese werden von zahlreichen Wirtschaftsvertretern unterstützt, jedoch von Gewerkschaften und Sozialverbänden abgelehnt. Der Fokus liegt auf älteren Arbeitnehmern und Frauen, die vergleichsweise früh aus dem Arbeitsleben ausscheiden und/oder in Teilzeit arbeiten. "Das Steuer- und Abgabensystem in Deutschland lässt sich durchaus so gestalten, dass der Arbeitskräftemangel verringert wird", erklärte Volker Meier, einer der Autoren.

Rentenkürzung als Hebel

Berechnungen zeigen, dass die Anhebung des Rentenalters von 67 auf 69 Jahren einem Gewinn von 473.000 Vollzeitjobs entsprechen könnte. Auch eine Erhöhung der Rentenabschläge für den vorzeitigen Ruhestand könnte laut Ifo-Empfehlung einen signifikanten Effekt haben.

Momentan wird die Rente bei vorzeitiger Verrentung um 0,3 Prozent pro Monat gekürzt. Ein höherer Abschlag von 0,5 Prozent pro Monat könnte nach Ifo-Empfehlung rund 180.000 Vollzeitjobs schaffen. Die Abschaffung der Rente mit 63 würde einen Gewinn von 157.000 Vollzeitbeschäftigten bedeuten.

Ehevergünstigungen im Fokus

Laut Ifo-Studie könnten auch traditionell bestehende Vergünstigungen für Ehepaare eine relevante Stellschraube darstellen. Die Streichung der beitragsfreien Mitversicherung für Ehepartner in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung könnte demnach ebenfalls viele Menschen zu längerer Berufstätigkeit bewegen, was etwa 150.000 Vollzeitstellen entsprechen würde.

Zusätzlich würde die Abschaffung des Ehegattensplittings demzufolge so viele Menschen zu mehr - beziehungsweise längerer Berufstätigkeit motivieren, dass das etwa 200.000 Vollzeitstellen entsprechen würde. Das Ehegattensplitting bedeutet die gemeinsame Versteuerung des Einkommens beider Partner. Steuerlich vorteilhaft ist dies vor allem, wenn einer der beiden Ehepartner - häufig die Frau - deutlich weniger verdient.

Kritik vom Sozialverband

Der Sozialverband Deutschland, der früher als "Reichsbund" bekannt war, übt Kritik an den Vorschlägen: "Es kann nicht sein, dass Rentner und Familien die Konsequenzen einer gescheiterten Arbeits- und Fachkräftestrategie von Politik und Wirtschaft tragen", sagte die Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier.

"Wir sollten vielmehr die Arbeitsbedingungen verbessern, damit mehr Menschen über das Rentenalter hinaus arbeiten können und wollen." Der Sozialverband fordert zudem gezielte Maßnahmen zur Anwerbung und Qualifizierung ausländischer Fachkräfte.

Kinderbetreuung als Lösung

Ein weniger umstrittener Vorschlag des Ifo-Instituts ist die Erweiterung der Kinderbetreuung. Laut der Studie könnten 400.000 zusätzliche Kinderbetreuungsplätze dazu führen, dass etwa 58.000 Vollzeitäquivalente geschaffen werden.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Goldman Sachs: Europas Aktienmarkt wird die USA überholen
07.09.2025

Nach Jahren der US-Dominanz kommt die Trendwende: Goldman Sachs sieht europäische Aktien vor einem kräftigen Aufschwung. Banken,...

DWN
Finanzen
Finanzen Wertspeicher im Taschenformat: Wie Sie Edelsteine kaufen – und ob sie als Anlageklasse taugen
07.09.2025

Chris Pampel, Geschäftsführer des Deutschen Edelstein Kontors und Autor des Buches „Das 1x1 der Edelsteininvestments“, erklärt,...

DWN
Finanzen
Finanzen Experteninterview: Wie Sie mit Geld in Zeiten sinkender Zinssätze umgehen sollten
07.09.2025

Börsen und Gold auf Rekord, Inflation rückläufig – doch die Zinsen wackeln. Während Trump Druck auf die Fed macht, ringt die EZB um...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Boliden-Chef: Mikael Staffas verteidigt Trump-Stahlzölle
07.09.2025

Der CEO von Boliden, Mikael Staffas, verteidigt Trumps Stahlzölle und warnt vor der chinesischen Konkurrenz. Europa steckt in lähmender...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Inflation zwingt Unternehmen zu klarer Preisstrategie
07.09.2025

Die Inflation zwingt Unternehmen zu heiklen Preisentscheidungen. Wer zu schnell oder zu spät reagiert, riskiert Margenverluste – oder...

DWN
Panorama
Panorama Samenernte in 40 Meter Höhe: Wie der Wald von morgen wächst
07.09.2025

Die Samenernte hoch in den Baumwipfeln ist Abenteuer, Handwerk und Zukunftsarbeit zugleich. Wer an den Samen der Tanne gelangen will,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Österreichs Maßnahmen gegen die Inflation – und die Bedeutung für Deutschland
07.09.2025

Österreich steckt in der Krise: Die Regierung verspricht Milliardenhilfen, doch bei genauerem Hinsehen bleiben nur kleine Reformen übrig....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Turbojet-Drohne: Polen präsentiert universelle Technologieplattform
06.09.2025

Polen präsentiert die Turbojet-Drohne – eine universelle Technologieplattform für Militär und Zivil. Für Deutschland stellt sich die...