Wirtschaft

Kaufkraft der Einkommen steigt wie lange nicht mehr - das hat Folgen

Die Reallöhne sind im 2. Quartal um 3,1 Prozent gestiegen und haben damit die Kaufkraft angekurbelt. Da aber die Produktivität sinkt, verteuert dies Produkte und bringt Jobs in Gefahr.
06.09.2024 06:01
Lesezeit: 2 min

Wie das Statistische Bundesamt mitteilte, steigt die Kaufkraft der Einkommen aktuell so stark wie seit vielen Jahren nicht mehr. Mit 3,1 Prozent im zweiten Quartal stiegen die realen Einkommen damit zum fünften Mal in Folge.

Sinkende Inflation und Tarifabschlüsse wirken sich aus

Begründet ist dies einerseits in der sinkenden Inflation, bei der sich besonders sinkende Energie- und auch Spritpreise bemerkbar machen. Im August sank die Inflation auf 1,9 Prozent. Die Europäische Zentralbank erwartet auch für die kommenden Monate, dass die Inflationsrate unter der Zwei-Prozent-Marke bleiben wird.

Die höheren Reallöhne sind aber auch Folge der Auswirkungen von teilweise hohen Tarifabschlüssen, die in den vergangenen Monaten verhandelt wurden und sich nun in den Einkommen der Tarifbeschäftigten auswirken.

Die Beträge auf der Gehaltsabrechnung steigen dabei nominal um 5,4 Prozent im abgelaufenen Quartal, bei steigenden Verbraucherpreisen um 2,3 Prozent, was ein Reallohnplus von insgesamt 3,1 Prozent ergibt. Besonders hohe Steigerungen beim Gehalt gab es in den Branchen Energieversorgung mit 7,6 Prozent, Verkehr und Lager mit 6,8 Prozent sowie im Gesundheits- und Sozialwesen mit 6,7 Prozent.

Bereits im vergangenen Jahr setzte der Anstieg der Reallöhne ein, wenn auch nur mit 0,1 Prozent. Im ersten Quartal 2024 lag die Steigerung bereits bei 3,8 Prozent zum Vorjahreszeitraum.

Besonders Geringverdiener profitieren

Die unteren Einkommensgruppen haben dabei einen besonders starken Anstieg der Realeinkommen zu verzeichnen. Rund 7,5 Prozent betrug hier der Anstieg im 2. Quartal zum Vorjahr bei den unteren Vollzeitbeschäftigten mit den geringsten Einkommen. Sie profitieren in erster Linie von der kräftigen Anhebung des Mindestlohns und den geleisteten Inflationsprämien, die sich bei den unteren Einkommen besonders stark ausgewirkt haben, da sie unabhängig von der Gehalthöhe ausgezahlt wurden.

Für die Binnenkonjunktur ist dies zunächst einmal eine frohe Botschaft, die den Konsum wieder ankurbeln könnte und damit eine Wirtschaftsbelebung auslösen könnte. Durch die vielen Unsicherheiten um die weitere wirtschaftliche Entwicklung und auch Arbeitsplatzsorgen haben die meisten Menschen aber die höheren Einkommen hauptsächlich gespart.

Negative Effekte durch sinkende Produktivität erwartet

Wenngleich nun Beschäftigte von höheren Einkommen profitieren, so muss doch das höhere Einkommen auch durch eine höhere Produktivität der Arbeit erwirtschaftet werden. Doch hier sieht es nicht gut aus: Die Produktivität in Deutschland sinkt. Sie war im 2. Quartal um 0,4 Prozent niedriger als im Vorjahreszeitraum. Durch das Sinken der Produktivität pro Arbeitsstunde, die nun teurer geworden ist, steigen die Kosten für die Unternehmen überproportional. Bereits 2023 sind die Lohnstückkosten der Unternehmen um 6,7 Prozent gestiegen und der Trend setzt sich jetzt fort.

Unternehmen in der Klemme

Um auf die gestiegenen Lohnstückkosten zu reagieren, können Unternehmen versuchen, höhere Preise am Markt durchzusetzen. Damit würde die Preisschraube in Deutschland aber wieder in die Höhe gedreht. Eine Alternative wäre die Bestrebung, mit weniger Personal auszukommen, um den gleichen Output zu liefern. Dann würden allerdings Arbeitsplätze abgebaut werden. Als dritte Option bliebe ihnen nur eine Hinnahme der schlechteren wirtschaftlichen Ergebnisse. Das konnten viele Unternehmen zu Beginn der Inflationswelle realisieren, da sie ein Gewinnpolster aufbauen konnten.

Wer dies jedoch nicht konnte und auch den Preisdruck im Markt nicht erhöhen kann oder mit weniger Arbeitskräften das Produktivitätslevel halten kann, der hat jetzt schlechte Karten. Die Optionen in diesem Fall sind eventuell Abwanderung ins Ausland, Einschränkungen des Geschäftsbetriebes oder auch die Geschäftsaufgabe.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundeskartellamt verhängt zehn Millionen Euro Bußgeld
22.12.2025

Zehn Millionen Euro Bußgeld – das klingt nach wenig für Deutschlands oberste Wettbewerbshüter. Tatsächlich ist es ein deutlicher...

DWN
Finanzen
Finanzen Persönliche Daten bei Banken: Was Sie preisgeben müssen - und was nicht
22.12.2025

Bevor Banken Konten, Kredite oder Depots freigeben, sammeln sie umfangreiche Daten. Doch nicht jede Auskunft ist verpflichtend – viele...

DWN
Finanzen
Finanzen Schaeffler-Aktie vor dem Ausbruch: Zehn Prozent Umsatz aus neuen Geschäften
22.12.2025

Während andere Rüstungsaktien nach ihrer Rally ins Stocken geraten, schiebt sich ein Industriekonzern überraschend nach vorn. Die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Fallender Ölpreis hält Kraftstoffpreise vor den Feiertagen niedrig
22.12.2025

Der Ölpreis ist erstmals seit Beginn des Ukrainekriegs unter 60 US-Dollar gefallen. Für Verbraucher bedeutet das niedrige...

DWN
Technologie
Technologie Smart Cities: Fluch oder Segen?
22.12.2025

Smart Cities sind längst keine Zukunftsmusik mehr. In Städten wie Grevenbroich testen Sensoren, Kameras und KI das urbane Leben der...

DWN
Politik
Politik EU-Ukraine-Finanzierung: Milliardenkredit ohne Zugriff auf russisches Vermögen – die Hintergründe
22.12.2025

Die EU sucht nach Wegen, die Ukraine finanziell zu stützen, ohne neue politische Bruchlinien in der Union zu erzeugen. Doch welche Folgen...

DWN
Finanzen
Finanzen DroneShield-Aktie: Drohnenabwehr boomt durch steigende Bedrohungslage
22.12.2025

Die DroneShield-Aktie legt nach starken Zuwächsen weiter zu. Neue Governance-Regeln stärken das Vertrauen der Anleger, während der Markt...

DWN
Politik
Politik Grönland: Trump ernennt Sondergesandten und verschärft den Ton
22.12.2025

Grönland rückt erneut ins strategische Visier Washingtons. Mit der Ernennung eines Sondergesandten sendet US-Präsident Donald Trump ein...