Politik

Xi gibt Milliardenversprechen: Wie China seine Dominanz in Afrika ausbauen will

Peking finanziert seit Jahren in großem Stil Projekte in Afrika. China sieht den ärmsten Kontintent der Welt als entscheidend an, um dem Globalen Süden zu einer Vormachtstellung gegenüber dem Westen zu verhelfen. Beim China-Afrika Forum präsentiert Machthaber Xi Jinping nun die neuesten Investitions-Ziele.
05.09.2024 13:00
Lesezeit: 4 min

Während die westliche Welt auf die Kriege im Gazastreifen und in der Ukraine oder auf den Wahlkampf in den USA blickt, rollt China den afrikanischen Staaten den roten Teppich aus. Rund 50 Staats- und Regierungschefs des Kontinents sind in die Volksrepublik gereist, wo Staats- und Parteichef Xi Jinping weitere Kooperation und neue Kredite anbot.

Das sogenannte Forum für China-Afrika-Kooperation kommt seit 2000 alle drei Jahre zusammen, Gipfeltreffen wie das diesjährige sind seltener. Der aktuelle Gipfel ist der bislang größte – und Xi geht es dabei längst nicht nur um Wirtschaftspolitik. In seiner Rede zeichnete er ein Bild von Afrika und China, die Seite an Seite ihr Recht auf Entwicklung verteidigen.

Dem Westen warf er vor, mit seiner Modernisierung Leid über die Entwicklungsländer gebracht zu haben. Modernisierung zu verwirklichen, sei das Recht aller Staaten, sagte er bei der Eröffnungszeremonie des China-Afrika-Forums in Peking. „Der Prozess westlicher Modernisierung hat tiefes Leid über viele Entwicklungsländer gebracht“, erklärte er vor Staatsgästen aus rund 50 afrikanischen Ländern in der Großen Halle des Volkes.

Über 50 Milliarden Dollar für neue Projekte

In den kommenden drei Jahren wolle die Volksrepublik weitere 360 Milliarden Yuan (etwa 50,7 Milliarden US-Dollar) an Darlehen ausgeben und über Investitionen tätigen, sagte Xi bei der Eröffnungszeremonie in Peking. 210 Milliarden Yuan sollen ihm zufolge über Kredite fließen, weitere 80 Milliarden über verschiedene Hilfsmittel. Die übrigen 70 Milliarden sollen über chinesische Firmen investiert werden.

Es handelt sich um mehr Geld als in den mageren Jahren der Corona-Pandemie, jedoch nicht so viel wie zu Spitzenzeiten um 2016. Die Frage wird sein: Erreicht China diese ambitionierten Investitionsziele?

Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt verfolgt damit seit vielen Jahren ihre eigenen Interessen – wirtschaftlich und geopolitisch. Xi versprach zehn Partnerschaften unter anderem in den Bereichen Militär, Aus- und Fortbildung, Handel, landwirtschaftliche Entwicklung und erneuerbare Energien.

China wolle etwa Militärübungen mit afrikanischen Staaten abhalten, Projekte für grüne Energie aufbauen oder medizinisches Personal nach Afrika schicken, erklärte Xi weiter. Zudem sagte China zu, seinen Markt für Afrika weiter zu öffnen und stellte zollfreien Handel in Aussicht.

China investierte in Afrika über Jahre Milliardenbeträge in große Infrastrukturprojekte. Doch die Zusammenkunft in Peking ist keine reine Jubelveranstaltung, denn längst spüren die afrikanischen Staaten die Auswirkungen großer schuldenfinanzierter Infrastrukturprojekte.

Chinas Taktik

Peking sieht sich als wichtigster Handelspartner Afrikas seit 15 Jahren – und hat sich den Zugang zu Afrikas Rohstoffen und Märkten gesichert. Im Gegenzug profitieren afrikanische Staaten vom Ausbau der Infrastruktur, Krediten mit geringen Auflagen und Investitionen in Sektoren wie Energie, die zu Wirtschaftswachstum und Modernisierung beitragen, wie Claus Soong vom Berliner China-Thinktank Merics erklärt-

Auch der südafrikanische Politikwissenschaftler Theo Neethling ist der Ansicht, dass die 40 Milliarden US-Dollar (fast 36,2 Milliarden Euro) für Infrastrukturprojekte, Landwirtschaft und die Fertigungsindustrie, zu denen sich China beim Gipfel 2021 im Senegal verpflichtete, afrikanischen Ländern greifbare Vorteile gebracht hätten. Kenia etwa sei mit jährlichen Exporten im Wert von 800 Millionen US-Dollar der größte Blumenexporteur nach China geworden. Und Chinas Förderung im Online-Handel habe Äthiopien geholfen, Kaffee dorthin auszuführen.

Mögliche Schuldenfalle

Doch hinter der Fassade brodelt es, die Nachteile der Verflechtungen mit der Volksrepublik werden für viele Staaten spürbar. China habe allein zwischen 2000 und 2022 mehr als 170 Milliarden Dollar an 49 afrikanische Länder und regionale Institutionen geliehen, so Politikwissenschaftler Neethling. „Angola, Äthiopien, Kenia und Sambia sitzen besonders tief in der Schuldenfalle – und sind sich mittlerweile bewusst, dass Peking diese nicht so leicht abschreiben wird.“

Von jenen Infrastrukturprojekten, die mit Arbeitern und Material aus China realisiert werden, können afrikanische Länder nur begrenzt profitieren. Und billige Produkte aus China wirken sich negativ auf die afrikanische Herstellungsindustrie aus.

Die Nachfrage nach Elektronik, Fahrzeugteilen, Kleidung, Reifen, Kosmetika, Möbeln und Maschinen sei aufgrund ihrer niedrigen Preise groß, sagt der südafrikanische China-Afrika-Experte Sizo Nkala. Die chinesischen Produkte unterwanderten jedoch die Interessen der afrikanischen Länder, ihre eigenen Fertigungsindustrien und Wertschöpfungsketten für Rohstoffe und Produkte zu etablieren. Daher ist die Hoffnung mittlerweile eine andere – nämlich, dass China die Industrialisierung des Kontinents unterstütze.

China passt seine Strategie an

Weil einige Länder Schwierigkeiten haben, die Kredite zu bedienen, hat China seine Strategie angepasst. Peking setzt mittlerweile verstärkt auf „kleine und schöne Projekte“ mit geringeren finanziellen Risiken. Ein Beispiel sind Solarparks.

Da China mehr Solarzellen herstellt, als es braucht, werden die über Kapazität produzierten Waren billig im Ausland verkauft. Die USA und die EU schieben solchen Produkten aus China bereits den Riegel vor. Ein Ziel könnte daher Afrika sein. Es ist also keine Überraschung, dass grüne Energie ein zentrale Thema bei dem Gipfel ist.

Das sogenannte Forum für China-Afrika-Kooperation kommt seit 2000 alle drei Jahre zusammen, Gipfeltreffen wie das diesjährige sind seltener. Der aktuelle Gipfel ist der bislang größte – und Xi geht es dabei längst nicht nur um Wirtschaftspolitik. In seiner Rede zeichnete er ein Bild von Afrika und China, die Seite an Seite ihr Recht auf Entwicklung verteidigen. Dem Westen warf er vor, mit seiner Modernisierung Leid über die Entwicklungsländer gebracht zu haben.

Chinas Ziel: Gegengewicht zum Westen

Angesichts des aufkommenden „Hegemonismus“ – womit Peking meist die globale Machtposition der USA meint – und der Mentalität des Kalten Krieges würden China und Afrika in „großer Solidarität“ enger zusammenarbeiten, sagte Chinas Sonderbeauftragter für Afrika-Angelegenheiten, Liu Yuxi, vor dem Gipfel.

Mit anderen Worten: China will seinen Einfluss im Globalen Süden, also in Entwicklungs- oder Schwellenländern, sichern und damit auch den Einfluss auf die globale Diplomatie und Sicherheitspolitik. „Afrika ist ein Schlüssel dafür“, sagt Asien-Afrika-Analyst Cobus Van Straaten. Afrika habe mit seinen 54 von 193 UN-Mitgliedsstaaten eine erhebliche geopolitische Stimmenmacht, die China teilweise schon heute gelegen komme, meint Jana de Kluiver, Analystin beim afrikanischen Institut für Sicherheitsstudien.

„Der Gipfel findet inmitten zunehmender geopolitischer Spannungen statt, die dazu geführt haben, dass Großmächte verstärkt um Einfluss in Afrika konkurrieren», sagt de Kluiver. China werde ihn nutzen, um Beziehungen vor allem zu Ländern auszubauen, in denen bislang die Kooperation mit westlichen Staaten dominiert.

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