Auch im Juli konnte die deutsche Industrie nicht überzeugen. Die neuesten Zahlen zur Industrieproduktion bestätigen die Sorgen von Experten, die eine Rezession für wahrscheinlich halten. Laut dem Statistischen Bundesamt ist die Produktion im Vergleich zum Vormonat um 2,4 Prozent gesenkt worden, und im Vergleich zum Vorjahr beträgt der Rückgang sogar 5,3 Prozent. Erfreulich sind hingegen die amtlichen Daten zum Export, der im Juli mit einem saison- und kalenderbereinigten Wert von 130 Milliarden Euro um 1,7 Prozent über dem Juni-Wert lag.
"Es wird immer klarer, dass die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr stagnieren wird", erklärt nicht nur Robin Winkler von der Deutschen Bank. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat seine Prognosen für das laufende Jahr nach unten korrigiert.
Anstelle eines leichten Wachstums des Bruttoinlandsprodukts um 0,4 Prozent wird nun eine Stagnation von null Prozent erwartet, da auch der private Konsum nicht ansteigt. "Die erhofften Erholungen aus der Industrie, die wir zu Beginn des Jahres hatten, haben sich nicht materialisiert", sagte Geraldine Dany-Knedlik, Leiterin der Konjunkturforschung beim DIW.
Im zweiten Quartal schrumpfte die deutsche Wirtschaft um 0,1 Prozent – nun droht eine Rückkehr zur Rezession. Für das laufende Jahr sind die Prognosen der Ökonomen wenig optimistisch.
Prognosen werden nach unten korrigiert
Bereits drei führende Wirtschaftsforschungsinstitute hatten ihre Prognosen deutlich angepasst. Das Münchner Ifo-Institut und das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) erwarten für dieses Jahr ebenfalls null Wirtschaftswachstum, während das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Essen (RWI) von 0,1 Prozent ausgeht.
Der Rückgang der Produktion im Juli ist laut dem Statistikamt auf die schwache Entwicklung in der Autoindustrie zurückzuführen. Der Rückgang in dieser Branche um 8,1 Prozent im Vergleich zum Vormonat wirkt sich stark negativ auf das Gesamtergebnis aus. Nach dem Anstieg im Juni gab es wieder einen Rückschlag für die Industriebetriebe. Hoffnungen ruhen auf den zuletzt gestiegenen Aufträgen, die jedoch teilweise auf Einzelaufträge zurückzuführen sind.
Schwache Exporte nach China und USA
Obwohl die deutschen Unternehmen im Juli mehr Waren exportiert haben, mussten sie Rückgänge bei den Ausfuhren nach China und den USA hinnehmen. Beide Länder sind für die Autohersteller wichtige Absatzmärkte. "Die schwachen Exporte nach China belasten die deutsche Industrie erheblich", sagt Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. Auch seine Prognose lautet: "Die Industrieproduktion wird in diesem Jahr kaum nennenswert zulegen können."
Man sollte sich von der positiven Exportentwicklung im Juli nicht täuschen lassen, warnt der Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA). "Die Exporte in Nicht-EU-Staaten sind erneut zurückgegangen. Dies geschieht zum dritten Mal in Folge. Wir fordern von der Regierung dringend den Abschluss neuer Freihandelsabkommen, um unser Wirtschaftsmodell zu stärken."
EZB könnte Zinsen senken
Sebastian Dullien vom gewerkschaftlichen Institut IMK setzt für das kommende Jahr auf die Europäische Zentralbank und einen wirtschaftlichen Aufschwung durch fallende Leitzinsen. "Im nächsten Jahr dürften sinkende Zinsen etwas Entlastung bringen. Zudem könnten die Löhne voraussichtlich weiter steigen und damit trotz anhaltender Unsicherheit zu etwas mehr Konsum führen." Dennoch wird die Erholung nur langsam voranschreiten. Ein wesentlicher Grund für die Zurückhaltung beim Konsum und den Investitionen in Deutschland sei die Unsicherheit durch die Finanzpolitik der Bundesregierung.