Politik

Putin: Einsatz von Präzisionswaffen wäre Nato-Kriegsbeteiligung

Russlands Präsident Wladimir Putin sieht den möglichen Einsatz westlicher Präzisionswaffen gegen Ziele tief im russischen Territorium als direkten Eingriff der Nato in den Konflikt. "Das wird bedeuten, dass die Nato-Staaten, die USA und die europäischen Länder mit Russland im Krieg stehen", erklärte Putin in einem Interview mit einem Journalisten des russischen Staatsfernsehens in St. Petersburg.
13.09.2024 09:29
Aktualisiert: 13.09.2024 09:29
Lesezeit: 3 min

Putin betonte zudem, dass sich damit die Natur des Krieges verändern würde. "Wir werden basierend auf den Bedrohungen, denen wir ausgesetzt sind, die notwendigen Entscheidungen treffen", fügte er hinzu, ohne auf konkrete Maßnahmen einzugehen.

Die vom Westen unterstützte Ukraine drängt seit geraumer Zeit darauf, von den USA und Großbritannien den Einsatz weitreichender Raketen im russischen Hinterland zu genehmigen. Ihr erklärtes Ziel ist es, die russische Infrastruktur zu schwächen und Militärflugplätze tief hinter der russischen Grenze anzugreifen.

Offiziell begrenzen die USA den Einsatz ihrer Waffen auf die Verteidigung gegen die russische Offensive in der Ostukraine, insbesondere um die Stadt Charkiw. Die britische Regierung hat bisher keine eindeutigen Aussagen dazu gemacht, inwieweit die Ukraine die von Großbritannien gelieferten Waffen verwenden darf.

Putin: Ukraine ohne Unterstützung nicht in der Lage zu solchen Angriffen

Putin erläuterte, dass die Ukraine nicht in der Lage sei, solche Angriffe ohne fremde Hilfe durchzuführen. "Das ist nur möglich mit den Aufklärungsdaten von Satelliten der EU oder der USA, also von Nato-Satelliten", erklärte er. Die Ukraine selbst habe nicht die Mittel für solche Operationen.

Darüber hinaus, so Putin, seien nur Nato-Soldaten in der Lage, solche Angriffe zu fliegen. Deshalb gehe es nicht darum, ob Kiew die Erlaubnis für den Einsatz dieser Waffen erhalte, sondern um die Frage, ob die Nato-Staaten bereit seien, sich direkt am Konflikt zu beteiligen. "Es geht darum, ob die Nato-Länder aktiv in den Krieg eintreten", sagte Putin.

Nach aktuellem Wissen verfügt das ukrainische Militär lediglich über westliche Raketen mit einer Reichweite von maximal 300 Kilometern. Die russische Luftwaffe hat ihre Flugzeuge laut US-Quellen außerhalb der Reichweite dieser Waffen stationiert. Für Freitag ist ein Treffen zwischen US-Präsident Joe Biden und dem britischen Premier Keir Starmer in Washington geplant, bei dem die Waffenfreigabe besprochen werden soll.

Britischer Premier: Kein Interesse an einem Konflikt mit Russland

Premierminister Keir Starmer widersprach Putins Äußerungen, dass eine Freigabe weitreichender Waffen für Angriffe im russischen Hinterland einer Nato-Kriegsbeteiligung gleichkäme. Großbritannien habe keinerlei Interesse an einem Konflikt mit Russland, betonte Starmer. "Die Ukraine hat das Recht auf Selbstverteidigung, und dieses Recht unterstützen wir voll und ganz", sagte er auf seinem Weg nach Washington. "Aber ein Konflikt mit Russland ist definitiv nicht unser Ziel."

Starmer fügte hinzu: "Ich möchte sicherstellen, dass diese Gespräche in den richtigen strategischen Kontext der Lage in der Ukraine gestellt werden."

USA erwägen Anpassung der Militärhilfe

US-Außenminister Antony Blinken deutete unterdessen an, dass die USA ihre Militärhilfe für die Ukraine je nach Lage anpassen könnten. Auf einer Pressekonferenz in Warschau antwortete er auf die Frage, ob die USA der Ukraine den Einsatz westlicher Waffen gegen russische Ziele erlaubten: "Wir werden weiterhin das tun, was wir bisher getan haben: Wir werden anpassen, wenn es notwendig ist, auch im Hinblick auf die Mittel, die der Ukraine zur Verfügung stehen."

Polens Außenminister Radoslaw Sikorski forderte die westlichen Verbündeten auf, die Beschränkungen für den Einsatz weitreichender Waffen aufzuheben.

Selenskyj bestätigt russische Gegenoffensive in Kursk

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bestätigte Berichte über russische Gegenoffensiven im Grenzgebiet von Kursk. "Alles verläuft nach unserem Plan", versicherte er dennoch auf einer Pressekonferenz mit Litauens Präsident Gitanas Nauseda in Kiew. Berichten zufolge haben russische Truppen fast ein Dutzend Orte in der Region zurückerobert. Gleichzeitig haben ukrainische Einheiten ebenfalls versucht, ihre Positionen zu verbessern.

Anfang August hatten ukrainische Truppen einen Vorstoß auf russisches Gebiet unternommen und behaupteten, dabei rund 1300 Quadratkilometer und etwa 100 Ortschaften, darunter die Kleinstadt Sudscha, eingenommen zu haben.

Nauseda sicherte der Ukraine weitere Flugabwehrsysteme zu und kündigte eine Investition von zehn Millionen Euro in die Produktion der ukrainischen Langstreckendrohne "Paljanyzja" an.

Russischer Angriff auf Weizenfrachter im Schwarzen Meer

Die ukrainische Marine meldete neue Details zu einem mutmaßlichen russischen Angriff auf einen zivilen Frachter im Schwarzen Meer. Ein Tu-22-Bomber soll eine Ch-22-Antischiffsrakete auf das unter der Flagge von St. Kitts und Nevis fahrende Schiff abgefeuert haben, das Weizen von Tschornomorsk nach Ägypten transportierte.

Laut einem Bericht der BBC befand sich das Schiff in der Wirtschaftszone Rumäniens, als der Angriff erfolgte. Berichten zufolge könnte statt einer Ch-22-Rakete eine Ch-31-Rakete eingesetzt worden sein, die für die Radarabwehr gedacht ist und eine geringere Sprengkraft hat.

Präsident Selenskyj veröffentlichte bereits Bilder von den Schäden am Schiff. Verletzte gab es demnach nicht. Internationale Medien berichteten, dass die Weizenpreise nach Bekanntwerden des Angriffs sprunghaft angestiegen sind.

Ukraine protestiert gegen Putins Mongolei-Besuch

Nach Putins Besuch in der Mongolei überreichte die Ukraine eine Protestnote an das Land. Darin äußerte die Ukraine ihre "tiefe Enttäuschung" über die Entscheidung der Mongolei, den Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs gegen Putin nicht umzusetzen. Die Ukraine kündigte an, dass diese Handlung Konsequenzen auf die internationale Unterstützung der Mongolei haben könnte.

2023 hatte der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag einen Haftbefehl gegen Putin und die Kinderbeauftragte Maria Lwowa-Belowa erlassen. Sie werden der Verschleppung ukrainischer Kinder aus besetzten Gebieten beschuldigt. Die Mongolei, ein Vertragsstaat des Strafgerichtshofs, wäre verpflichtet gewesen, Putin festzunehmen.

Seit über zweieinhalb Jahren führt Russland Krieg gegen die Ukraine und beansprucht mehr als ein Fünftel des ukrainischen Territoriums.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Milliarden für heiße Luft: Ex-OpenAI-Chefin kassiert ohne Produkt
28.06.2025

Ein Start-up ohne Produkt, eine Gründerin mit OpenAI-Vergangenheit – und Investoren, die Milliarden hinterherwerfen. Der KI-Hype kennt...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Social Travel: Hostelworld will Facebook des Reisens werden – mit Milliardenpotenzial
28.06.2025

Hostelworld will nicht länger nur Betten vermitteln, sondern das führende soziale Netzwerk für Alleinreisende werden. Warum der...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Nvidia-Aktie mit Rekordhoch: Geht die Aufwärtsrally weiter?
27.06.2025

Trotz Handelskrieg und wachsender Konkurrenz feiert die Nvidia-Aktie ein Rekordhoch nach dem anderen. Experten sprechen von einer...

DWN
Politik
Politik Bas überzeugt, Klingbeil verliert Ansehen: SPD-Parteitag bestimmt neues Führungsduo
27.06.2025

Auf dem SPD-Parteitag wurde nicht nur gewählt, sondern auch abgerechnet. Während Bärbel Bas glänzt, kämpft Lars Klingbeil mit einem...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Neobroker Trade Republic: Wie ein Berliner Fintech den Kapitalmarkt für alle geöffnet hat
27.06.2025

Büroräume in Berlin-Kreuzberg, drei Gründer mit einer Vision und eine App, die Europas Sparer an die Börse gebracht hat: Trade Republic...

DWN
Politik
Politik Bundestag stellt Weichen neu: Familiennachzug vorerst gestoppt
27.06.2025

Der Bundestag hat den Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte gestoppt – ein umstrittener Schritt in der deutschen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Occidental Petroleum-Aktie: Warren Buffett setzt auf US-Ölgiganten – Risiko oder Chance?
27.06.2025

Warren Buffett stockt seine Beteiligung an der Occidental Petroleum-Aktie weiter auf – während grüne Fonds schließen. DWN zeigt, was...

DWN
Politik
Politik Mindestlohn 2026: Anstieg bis 2027 auf 14,60 Euro geplant
27.06.2025

Der Mindestlohn in Deutschland soll in zwei Schritten weiter steigen – doch der Weg dorthin war steinig. Arbeitgeber, Gewerkschaften und...