Wirtschaft

Viele ältere Arbeitnehmer wollen als Rentner weiterarbeiten

Unsere zukünftigen Rentner sind durchaus noch arbeitswillig. Das ist ein gutes Zeichen für die deutsche Wirtschaft – ein Teil der erfahrenen Fachkräfte lässt sich also noch für weitere Jahre in den Unternehmen halten. Doch dafür braucht es auch gute Angebote seitens der Unternehmen.
22.09.2024 14:45
Aktualisiert: 22.09.2024 15:20
Lesezeit: 3 min
Viele ältere Arbeitnehmer wollen als Rentner weiterarbeiten
Arbeiten bleibt auch für viele ältere Beschäftigte nach Rentenbeginn wichtig. (Foto: dpa) Foto: Bernd Weißbrod

Von den beschäftigten Arbeitnehmern im Alter ab 55 Jahren will mehr als jeder Dritte gerne auch nach Eintritt ins Rentenalter weiterarbeiten. Die Gründe hierfür sind vielfältig – für die Unternehmen ist das eine gute Chance, erfahrene Fachkräfte länger zu halten.

Aus einer Studie der Jobbörse Stepstone unter 1700 Männern und Frauen im Alter 55+ geht hervor, dass sich 39 Prozent der älteren Beschäftigten tatsächlich eine Weiterbeschäftigung im Rentenalter wünschen und dies konkret auch vorantreiben wollen. Weitere 34 Prozent sind zumindest offen dafür, wenn ihnen attraktive Angebote gemacht werden.

Die Gründe sind vielfältig

Die Motivation für eine Weiterbeschäftigung im Rentenalter ist bei den Befragten vielfältig. Für 75 Prozent ist die Arbeitsfreude entscheidend, gefolgt von der finanziellen Sicherheit mit 60 Prozent Zustimmung, intellektueller Anregung mit 60 Prozent und dem Bedürfnis nach sozialen Kontakten mit 57 Prozent.

Effekte am Arbeitsmarkt

Wenn all jene älteren Beschäftigten, die bis 2035 in Rente gehen und weiterarbeiten wollen, dies auch wirklich tun, hätte dies weitreichende positive Effekte für die deutsche Wirtschaft. Insgesamt würden dann dem Arbeitsmarkt in den Jahren von 2030 bis 2035 jedes Jahr rund 570.000 Beschäftigte erhalten bleiben. Nach den Berechnungen von Stepstone ließe sich mit dieser Arbeitskraft eine zusätzliche Wirtschaftsleistung von rund 28 Milliarden Euro pro Jahr erzielen.

Durch den demografischen Wandel und den Renteneintritt der geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer werden ab 2030 mehr Arbeitskräfte den Arbeitsmarkt verlassen als neue dazukommen. Arbeitsmarktexperten haben berechnet, dass bereits 2035 bis zu 7 Millionen Arbeitskräfte weniger dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen.

Wenn so viele ältere Beschäftigte aus eigenem Antrieb jedoch auch im Rentenalter zur Verfügung stünden, wäre dies ein äußerst positives Signal für den deutschen Arbeitsmarkt, so ein Arbeitsmarktexperte von Stepstone. Aufgrund des Mangels an zukünftigen Arbeitskräften sei jede Arbeitskraft wertvoll, um die Produktivität zu erhalten und den Wohlstand zu sichern.

Arbeitsangebote müssen passfähig sein

Damit die Weiterbeschäftigung der arbeitswilligen Rentner jedoch Realität werden kann, müssen entsprechende Bedingungen geschaffen werden. Nach der Stepstone-Umfrage wollen die Beschäftigten 55+ durchschnittlich dann noch 24 Wochenstunden für weitere 4 Jahre arbeiten.

Dabei sind für 65 Prozent der Befragten auch flexible Arbeitszeiten wichtig. 55 Prozent wünschen sich ferner finanzielle Anreize in Form von Prämien oder Zuschüssen zur Rente. Auch ein flexibler Renteneintritt mit Teilzeitangeboten oder Jobsharing-Modellen ist für 45 Prozent der Umfrageteilnehmer attraktiv.

Weitere Benefits sind für 42 Prozent die Anerkennung ihrer Leistungen und für 30 Prozent Unterstützungsleistungen für ihre Gesundheit. Immerhin 25 Prozent der Befragten wünschen sich auch im Alter noch Weiterbildungsangebote, um ihre Attraktivität für den Arbeitsmarkt zu erhalten.

Auch die Politik bereitet Maßnahmen zur Förderung vor

Auch die Bundesregierung engagiert sich für Maßnahmen, die eine Weiterbeschäftigung von Rentnern nach Erreichen des Rentenalters fördern sollen. Im Gespräch ist eine neue Prämie, die das Arbeitsmodell attraktiv machen soll. Bereits heute erhöhen sich spätere Rentenzahlungen, wenn Beschäftigte nach Eintritt des Rentenalters weiterarbeiten. In Zukunft soll es als weitere Option auch eine Rentenaufschubprämie geben, bei der die Anwartschaften dann mit einer Einmalauszahlung abgerufen werden können.

Diese Prämie soll sich aus dem Betrag der entgangenen Rente und den ersparten Krankenversicherungsbeiträgen errechnen, die die Rentenkasse durch die weitere Beschäftigung spart. Bei einem normalen Rentenanspruch von 1.600 Euro monatlich mit Eintritt der Regelaltersgrenze und einer Weiterbeschäftigung zum Durchschnittsverdienst für ein weiteres Jahr könnte ein Arbeitnehmer dann eine steuerfreie Auszahlung von ca. 22.000 Euro erhalten.

Alternativ: Die dauerhaft höhere Rente

Wer lieber im Anschluss an die Weiterbeschäftigung eine höhere Rente haben möchte, kann auf die Einmalzahlung verzichten. Bereits bei einem Jahr Weiterbeschäftigung steigt die Rente dann um aktuell 6 Prozent. Da im Jahr der Weiterbeschäftigung weiterhin Rentenbeiträge gezahlt werden, erhöhen diese nochmals die spätere Rente.

Auch wird eine weitere Variante vom Bundeskabinett beraten, bei der die Arbeitgeber ihre Beiträge für die Renten- und Arbeitslosenversicherung, die sie für ihre Beschäftigten bezahlen müssen, direkt an die Weiterbeschäftigten auszahlen können. Dadurch würden die Einkommen erhöht und Anreize für eine weitere Beschäftigung geschaffen.

Arbeitgeberentlastung: Bedingungen für befristete Arbeitsverträge lockern

Diskutiert wird zu den neuen Gesetzesvorhaben auch eine Lockerung der Bedingungen für befristete Arbeitsverträge. Diese sollen für Weiterbeschäftigte im Rentenalter einfacher möglich gemacht werden.

2022 arbeiteten bereits mehr als 1,3 Millionen Menschen, die eine Altersrente beziehen. Die meisten davon allerdings in Minijobs.

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