Trotz eines von Russland verursachten Eklats wurde in New York ein unter deutscher Leitung ausgehandelter UN-Reformplan angenommen. Der Präsident der UN-Vollversammlung, Philemon Yang, erklärte den Zukunftspakt der Vereinten Nationen im Beisein von Kanzler Olaf Scholz gegen den Willen Moskaus und einiger anderer Staaten für verabschiedet. Russland lehnte den UN-Reformplan ab, der ursprünglich einstimmig verabschiedet werden sollte.
Gleich zu Beginn der Zeremonie hatte der stellvertretende russische Außenminister Sergej Werschinin das Wort ergriffen und eine Änderung des Textes gefordert. "Sollte unser Änderungsantrag nicht berücksichtigt werden, distanzieren wir uns vom Konsens zu diesem Dokument", warnte Werschinin. Er beklagte, dass Ländern, die mit dem Abkommen unzufrieden seien, keine weitere Verhandlungsmöglichkeit gegeben wurde.
143 Länder stellen sich gegen Russland
Nach der russischen Intervention stellte der Kongo einen Antrag auf Nichtbefassung. 143 Staaten stimmten anschließend dafür, den russischen Antrag abzulehnen und somit abzuwehren. Nur sechs Länder, darunter Belarus, Nicaragua, Nordkorea und Syrien, stellten sich auf die Seite Russlands. Schließlich wurde der UN-Reformplan unter großem Applaus angenommen.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verzichtete in seiner Rede auf eine direkte Reaktion zum Eklat und hob stattdessen den erzielten Kompromiss hervor. "Der Zukunftspakt kann uns als Kompass dienen, der uns zu stärkerer Zusammenarbeit und Partnerschaft führt, statt zu mehr Konflikten und Spaltung."
Scholz: Der Pakt ist heute wichtiger denn je
Das Abkommen spiegelt laut Scholz den Willen wider, globale Herausforderungen wie Krieg, Klimawandel, Armut, Hunger sowie Gesundheitsbedrohungen oder Künstliche Intelligenz gemeinsam anzugehen. "In Zeiten enormer Spannungen und Unsicherheiten ist der Zukunftspakt wichtiger denn je", betonte der Kanzler.
UN-Generalsekretär António Guterres erklärte, der UN-Reformplan eröffne neue Chancen für Frieden und Sicherheit. Es sei ein wesentlicher Schritt, um die internationale Zusammenarbeit zu stärken und die Welt gerechter und integrativer zu machen.
Moskau hatte bereits vor dem Treffen für Spannungen gesorgt und damit gedroht, die Zeremonie zu stören. Die UN-Mitgliedsstaaten bereiteten sich auf eventuelle Störaktionen vor. Schon während der Verhandlungen zum Zukunftspakt war Russland als Störfaktor wahrgenommen worden, insbesondere wegen einer Vielzahl an Einsprüchen.
Dass Russland nun erneut den Konsens zum UN-Reformplan aufkündigte, verdeutlicht die tiefe Kluft. Das Abkommen sollte ein Zeichen gegen die Zersplitterung der internationalen Zusammenarbeit setzen, doch es fiel dem Problem selbst zum Opfer. Ein kleiner Erfolg wäre es gewesen, wenn alle 193 UN-Mitglieder trotz Differenzen ein Mindestmaß an Einigkeit gezeigt hätten. Dies könnte das Ansehen Russlands im Globalen Süden beeinträchtigen, der den UN-Reformplan mit überwältigender Mehrheit unterstützte.
Sicherheitsrat, Finanzsystem, Künstliche Intelligenz
Der mühsam verhandelte UN-Reformplan enthält unter anderem Absichtserklärungen zur Reform des UN-Sicherheitsrats und zur Anpassung des internationalen Finanzsystems zugunsten des Globalen Südens. Zudem soll ein Fundament für die globale Regulierung von Künstlicher Intelligenz gelegt werden. Der Text richtet sich ebenfalls gegen ein Wettrüsten im Weltraum.
Obwohl einige Fortschritte erzielt wurden, blieb der finale Text laut Diplomaten hinter den ambitionierten Erwartungen von Guterres zurück. Die Annahme des Plans zieht kaum unmittelbare Handlungen nach sich. Einige Passagen könnten jedoch langfristig Reformen im internationalen Finanzsystem anstoßen, während andere Teile des Abkommens wahrscheinlich wenig Auswirkungen haben werden.
Die begrenzte Tragweite des Zukunftspakts zeigte sich auch darin, dass die einflussreichen Vetomächte USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich nur ihre Außenminister oder deren Stellvertreter entsandten. Dennoch sollten bis zum Abschluss des Gipfels mehr als 120 Staats- und Regierungschefs sprechen.
Für einen feierlichen Rahmen in der UN-Vollversammlung sorgte am Sonntagmorgen die fünffache Grammy-Gewinnerin Renée Fleming, die vor den Delegierten im großen Saal am East River in Manhattan sang.