Unternehmen

Luftfahrt klagt über unfairen Wettbewerb: Lufthansa will Flüge nach Peking kappen

Es gibt nicht mehr viele Bereiche, an dem man die einstige Wirtschaftsmacht der Export-Nation Deutschland noch gut erkennen kann. Vielleicht am Flugnetz der Lufthansa? Und auch das steht plötzlich In Frage. Die Kranich-Linie erwägt, ihre Frankfurt-Verbindung nach Peking einzustellen. Einerseits um zu sparen. Andererseits, weil China auch in der Luftfahrt wenig Wert auf faire Handelsbeziehungen legt. Wo China Vorteile sieht, werden diese schamlos ausgenutzt.
23.09.2024 11:01
Lesezeit: 3 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Zugegeben, die Sache mit dem Streckennetz der Lufthansa erscheint mitunter etwas irrational. In Berlin kann man ein Lied davon singen. Kein Mensch versteht, warum der Flughafen BER für das Lufthansa-Management bestenfalls die dritte Geige im deutschen Luftfahrt-Oarchester spielt. Früher ist die Lufthansa auch lieber nach Washington geflogen, statt die Hauptstadt mit New York zu verbinden. Man muss ja auch nicht alles verstehen, was saisonal im Flugplan steht.

Verständlich ist freilich, wenn Lufthansa im strammen Wettbewerb der No-frills-Ailines wie Ryanair, Wizzair und all den anderen Billig-Airlines mitunter die Contenance verliert. Wie soll man Qualität abliefern, wenn der Service nichts kosten darf und nun plötzlich (maßgeblich, auch aufgrund der Wirtschaftsschwäche) die Business-Class einbricht.

Billigflieger machen Stress: Ryanair und Co. setzen Lufthansa zu

Dass dies neuerdings entschieden mit dem Wettbewerb zwischen Deutschland und China zusammenhängt, hat sich längst herumgesprochen. Doch, wenn man dem Lufthansa-Management Glauben schenkt, geht es nicht nur um die Offensive bei den Elektroautos und billigen Temu-Glasperlen, mit denen das Reich der Mitte den europäischen Kontinent allmählich zu überfluten beginnt. Jetzt tritt scheinbar auch Chinas Luftfahrtbranche (als weiterer Wirtschaftsbereich) in verschärfte Konkurrenz mit den etablierten Airlines der westlichen Welt - und Lufthansa hat dabei gegen ChinaAir und sonstige Flugdrachen derzeit ganz schlechte Karten.

Lufthansa erwägt jedenfalls drastische Schritte an, sollte es keinen Halten mehr geben. Alle Direktflüge von Frankfurt nach Peking stehen vor dem Aus. Das hat Lufthansa-Boss Carsten Spohr intern auf einer Mitarbeiterveranstaltung angedeutet. Offiziell ist zwar noch nichts beschlossen. Doch die Entscheidung scheint unmittelbar bevor zu stehen. Ganz offiziell wird auf den Kalender verwiesen: Entschieden werde im Oktober, sagte ein Konzernsprecher.

Frankfurt-Peking wackelt: Lufthansa denkt über Streichungen nach

Insider sind sich freilich sicher, dass Spohr harte Kante zeigen will und den Fortbestand der Verbindung in Frage steht. Wer mit Lufthansa in die chinesische Hauptstadt will (bzw. von Peking in die europäische Bankenmetropole), soll künftig von München abfliegen bzw. dort in Bayern landen.

Wer direkt von Frankfurt fliegen möchte, kann ja mit Leichtigkeit auf AirChina ausweichen, die mittlerweile (mit 17 Verbindungen die Woche der Lufthansa) die Passagiere abspenstig gemacht hat. Deutschlands Flaggschiff hat lediglich noch eine Verbindung täglich im Flugplan stehen.

Auch British Airways hat ähnlich entschieden - und wird London und Peking ausdünnen. Im Lufthansa-Konzern hatte man sich gegen das harsche Vorgehen bislang stets hartnäckig gesträubt. Doch der Drops scheint gelutscht.

Chinas Airlines im Vorteil: AirChina nutzt kürzere Flugrouten

AirChina kann mit einem Vorteil aufwarten, den die Lufthansa nicht ausgleichen kann. Die Strecken gen Asien gehen über russisches Territorium. Und Lufthansa ist wegen der Sanktionen gegen Russland und des Ukraine-Krieges zu einem Umweg gezwungen. AirChina kann gefahrlos die kurze Route fliegen und nutzt das mit aller Marktmacht aus. Sie fliegen schneller und vor allem billiger. Die veraltete Airbus-A340-Flotte der Lufthansa ist auf dieser Stecke beim Kerosinverbrauch nicht mehr in der Lage, noch mitzuhalten.

So kommt es, dass die Airlines lange nicht wieder da sind, wo sie vor Corona ihre Segel streichen mussten. Während das USA-Geschäft wieder leidlich gut verläuft, droht das Asiengeschäft langfristig einzuknicken. Denn die Chancen für die chinesische Konkurrenz, bei den Verbindungen langfristig in der Vorderhand zu bleiben, dürften sich mit der Zeit verfestigen. Die Marktanteile in Asien sind in Gefahr!

Die Lufthansa versucht, krampfhaft entgegen zu steuern. Momentan geht das freilich wohl nur mittels größerer Sparanstrengungen – Flugstreichungen sind deshalb auch kein Tabu mehr. Selbst die Wiederaufnahme der Flüge von München nach Hongkong werden daher aufgeschoben.

Unklar ist, ob es wirklich vordringlich um das China-Geschäft geht, dass die Lufthanseaten so ärgert. Denn auch andere Hubs spielen gegen die teuren deutschen Airports ihre Trümpfe aus. So sind von Frankfurt auch die Starts nach Kuwait und Bahrain weggefallen. Der Konzern beklagt insgesamt einen „extrem ungleichen Wettbewerb“ in der Luftfahrt, für den auch die Politik Verantwortung trägt.

Wettbewerb unfair: Nicht-EU-Airlines profitieren von geringeren Kosten

Der Branchenverband BDL hat jüngst erst montiert, dass wegen gestiegener staatlicher Abgaben der Flugverkehr in Deutschland erst bei 82 Prozent des Vor-Corona-Niveaus liege, während im Rest Europas 102 Prozent erreicht hat.

Gesellschaften aus Nicht-EU-Staaten, also Airlines mit Drehkreuz in Istanbul oder am Golf und die flotten Flieger China profitieren, von ihren niedrigen Standortkosten, den nicht ansatzweise vergleichbaren sozialen Standards und überdies hohen staatlichen Investitionen in den Luftverkehr, klagt der Verband. „EU-Airlines hingegen sind zunehmend mit politischen Rahmenbedingungen konfrontiert, die ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit einseitig schwächen.“

Nicht nur AirChina, sondern auch China Eastern und China Southern konnten ihre Verbindungen so weit schneller auf Touren und Masse bringen, als die etablierten Carrier in Europa. Und dann geht es auch darum, was nur hinter vorgehaltener Hand ausgesprochen wird: Es kursiert das Gerücht, dass freie Sitzplätze mit vergünstigten Tickets in den Markt gedrückt werden, um der westlichen Konkurrenz auf den China-Routen ein echtes Schnippchen zu schlagen. Obwohl die Zahl der Linienflüge zwischen Deutschland und China durch ein Verkehrsabkommen eigentlich gedeckelt sein müsste, ist derjenige im Vorteil, der die Spielräume aufgrund höherer Nachfrage konsequenter ausnutzen kann als die darbende und gegängelte heimische Konkurrenz. Die chinesischen Airlines drängen mithin genauso aggressiv auf den europäischen Markt wie schon die Autohersteller.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Home-Mining: Neue XRP-Cloud-Mining-Verträge ermöglichen passives Einkommen

XRP kann zwar nicht direkt geschürft werden, doch Home-Mining ermöglicht Nutzern, XRP mit Bitcoin- und Ethereum-Cloud-Mining-Belohnungen...

 

avtor1
Peter Schubert

Peter Schubert ist stellv. Chefredakteur und schreibt seit November 2023 bei den DWN über Politik, Wirtschaft und Immobilienthemen. Er hat in Berlin Publizistik, Amerikanistik und Rechtswissenschaften an der Freien Universität studiert, war lange Jahre im Axel-Springer-Verlag bei „Berliner Morgenpost“, „Die Welt“, „Welt am Sonntag“ sowie „Welt Kompakt“ tätig. 

Als Autor mit dem Konrad-Adenauer-Journalistenpreis ausgezeichnet und von der Bundes-Architektenkammer für seine Berichterstattung über den Hauptstadtbau prämiert, ist er als Mitbegründer des Netzwerks Recherche und der Gesellschaft Hackesche Höfe (und Herausgeber von Architekturbüchern) hervorgetreten. In den zurückliegenden Jahren berichtete er als USA-Korrespondent aus Los Angeles in Kalifornien und war in der Schweiz als Projektentwickler tätig.

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Start-up: Die Blaupause – der Siegeszug der LAP-Coffee-Shops
10.10.2025

In nur zwei Jahren hat die Marke LAP zwanzig Coffee-Shops in Deutschland eröffnet. Mit Preisen bis zu unter zwei Euro lockt das Start-up...

DWN
Finanzen
Finanzen BASF-Aktie höher: BASF verkauft Lack-Sparte an US-Finanzinvestor Carlyle
10.10.2025

BASF verkauft seine Lack-Sparte an Carlyle – ein Milliarden-Deal, der den Chemieriesen neu ausrichtet. Doch wie wirkt sich das auf den...

DWN
Finanzen
Finanzen Ölpreis fällt wegen Überangebots: Markt sieht den Ölpreis bei 50 US-Dollar pro Barrel
10.10.2025

Die OPEC-Staaten drehen den Ölhahn wieder auf und der Ölpreis droht sich zu halbieren. Saudi-Arabien kämpft um Marktanteile, während...

DWN
Finanzen
Finanzen Inflationsindexierte Anleihen: Wann Staatsanleihen schützen und wann sie riskant werden
10.10.2025

Steigende Zinsen machen Staatsanleihen riskant. Inflationsindexierte Anleihen bieten dagegen realen Schutz und könnten jetzt zu einer der...

DWN
Politik
Politik Nato-Manöver: Deutschland entsendet Bundeswehr-Tornados zur Atomwaffenübung der Nato
10.10.2025

Die Atomwaffenübung der Nato sorgt für Aufmerksamkeit: Deutschland entsendet Tornados und beteiligt sich am jährlichen Nato-Manöver...

DWN
Panorama
Panorama Kein Trump-Nobelpreis: Friedensnobelpreis für Venezolanerin Maria Corina Machado
10.10.2025

Die Entscheidung um den Friedensnobelpreis 2025 sorgt für weltweite Überraschung: Nicht der mächtige US-Präsident Donald Trump, sondern...

DWN
Politik
Politik Frankreich ist krank – und ganz Europa leidet mit
10.10.2025

Fünf Premierminister in weniger als zwei Jahren, ein Staatspräsident ohne Autorität und eine Schuldenlawine, die selbst Brüssel nervös...

DWN
Politik
Politik Israels Kabinett stimmt dem neuen Gaza-Abkommen mit der Hamas zu
10.10.2025

Nach Monaten harter Verhandlungen hat Israels Regierung einem historischen Gaza-Abkommen mit der Hamas zugestimmt. Doch während Hoffnung...