Technologie

Läutet Klarna mit KI das Ende des SaaS-Booms ein? Was KMU wissen müssen

Der Software-as-a-Service (SaaS)-Markt erlebte in den letzten Jahren einen beispiellosen Boom. Angetrieben durch die Digitalisierung, die Cloud-Migration und die Pandemie, wuchs die Branche rasant. Durch die Möglichkeit, Software über das Internet zu beziehen und zu nutzen und in der Regel auf Abonnementbasis zu bezahlen, war und ist für viele Kunden interessant. Doch nun gibt es Anzeichen dafür, dass der SAAS-Boom seinem Ende entgegengeht. Was bedeutet das für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU)?
25.09.2024 11:02
Lesezeit: 4 min
Läutet Klarna mit KI das Ende des SaaS-Booms ein? Was KMU wissen müssen
Klarna macht es vor. Der schwedische KI-Anbieter reduziert seine SaaS-Anbieter. Wie können KMU auf den Wandel im Software-Markt reagieren? (Foto: iStock.com, NicoElNino) Foto: NicoElNino

Der SaaS-Boom begann vor etwa 15 Jahren, als Unternehmen wie Salesforce und Google ihre ersten Cloud-Dienste auf den Markt brachten. Diese neuen Dienste ermöglichten es den Kunden, ihre Softwareanwendungen nicht mehr auf eigenen Servern zu installieren, sondern über das Internet zu beziehen und zu nutzen. Daraus ergaben sich zahlreiche Vorteile wie geringere Einstiegskosten, höhere Flexibilität und bessere Skalierbarkeit.

Diese Vorteile haben zu einer raschen Verbreitung von SaaS-Lösungen in nahezu allen Branchen und Unternehmensgrößen geführt. In einer Studie für die Bundesnetzagentur stellte die beauftragte WIK-Consult fest, dass bereits 2022 85 Prozent der befragten deutschen KMU SaaS-Lösungen im Einsatz haben. Nach Jahren des rasanten Wachstums deuten jedoch verschiedene Faktoren darauf hin, dass der SaaS-Boom seinen Höhepunkt erreicht haben könnte und eine Phase der Konsolidierung und Anpassung bevorsteht.

KI als Alternative zu SaaS? Der Fall Klarna und die Zukunft des Software-Marktes

Ein Beispiel für die Veränderungen auf dem SaaS-Markt ist der schwedische Zahlungsdienstleister Klarna. Das Unternehmen kündigte vor kurzem an, die eingesetzte Software von Salesforce für den Vertrieb und Workday für den Personalbereich abzulösen. Stattdessen will das Unternehmen auf breiter Front auf künstliche Intelligenz (KI) setzen. Klarna argumentiert, dass KI-basierte Systeme die Bedürfnisse von Händlern effizienter und kostengünstiger erfüllen können als herkömmliche SaaS-Lösungen.

Gleichzeitig kann Klarna durch den Einsatz von KI seine Prozesse automatisieren und effizienter gestalten, ohne auf externe SaaS-Anbieter angewiesen zu sein. Der Erfolg dieses Ansatzes zeigt sich gemäß Pressemeldungen des Unternehmens bereits heute: Durch den Einsatz von KI konnte Klarna seine Ausgaben für Marketingagenturen um 25 Prozent senken und gleichzeitig die Anzahl der Kampagnen erhöhen. Auch im Kundenservice ist Klarna erfolgreich: Ein KI-basierter Chat-Assistent beantwortete bereits im ersten Monat zwei Drittel aller Kundenanfragen. Zudem nutzen bereits 87 Prozent der Klarna-Mitarbeitenden täglich generative KI, was zu einer deutlichen Produktivitätssteigerung geführt hat.

Dieser Ansatz könnte ein Vorbild für andere Unternehmen sein, die nach Möglichkeiten suchen, ihre Kosten zu senken und ihre Effizienz zu steigern. Wenn weitere Unternehmen beginnen, ihre SaaS-Anbieter durch KI zu ersetzen, könnte dies zu einer grundlegenden Veränderung des SaaS-Marktes führen und das Ende des SaaS-Booms beschleunigen.

Einordnung der Aussagen

Die Pläne von Klarna stoßen bei Experten auf Skepsis. Die Zweifel beziehen sich vor allem darauf, ob Klarna über die nötige Expertise verfügt, um solche Lösungen erfolgreich intern umzusetzen und ob Eigenentwicklungen die beste Form der Kapitalallokation sind. Marc Benioff, CEO von Salesforce, stellt besonders die Einhaltung interner Richtlinien und gesetzlicher Vorgaben bei Eigenentwicklungen in Frage. In der Vergangenheit sind selbst große Tech-Unternehmen wie Google, Amazon oder Microsoft daran gescheitert, komplexe externe Systeme vollständig durch Eigenentwicklungen zu ersetzen. Beispielsweise nutzt Microsoft intern SAP-Software für alle möglichen Geschäftsprozesse.

Bei Klarna stand in Zeiten des billigen Geldes die Expansion klar im Vordergrund, oft auf Kosten von Effizienz und Profitabilität. Erst die veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen mit steigenden Zinsen und deutlich schwieriger gewordenen Finanzierungsrunden führten zu einem Umdenken: Unabhängig von der eingesetzten Software hatte Klarna also viel Potenzial für Effizienzsteigerungen.

Zudem wird Klarna trotz der Ankündigung, SaaS-Anbieter durch Eigenentwicklungen zu ersetzen, nicht gänzlich auf externe Softwarelösungen verzichten. Vielmehr will das Unternehmen seinen Software-Stack gezielt anpassen und auf die eigenen Bedürfnisse zuschneiden. So soll die Lohnbuchhaltung künftig mit der Software von Deel erfolgen.

Was Unternehmer aus dem Beispiel von Klarna lernen können

Ein wichtiger Aspekt, den Unternehmer aus dem Beispiel von Klarna lernen können, ist die Bedeutung einer genauen Analyse der eigenen Bedürfnisse und Anforderungen vor der Auswahl einer Softwarelösung. Die Lösungen großer SaaS-Anbieter sind oft von den Bedürfnissen ihrer größten Kunden geprägt, was zu einer zu hohen Komplexität und Funktionalität der Software führt. Dies ist ein Nachteil für kleinere Unternehmen, die oft nicht die gleichen Anforderungen haben wie große Unternehmen.

Unternehmer können aus diesem Beispiel lernen, dass es wichtig ist, die eigenen Prozesse und Strukturen ständig zu überprüfen und anzupassen, um effizienter und kostengünstiger zu arbeiten. Klarnas Entscheidung, den Software-Stack zu optimieren, zeigt, dass Unternehmen aktiv eigene Lösungen entwickeln können, anstatt sich auf externe Lösungen zu verlassen.

Gleichzeitig zeigt Klarnas ehrgeiziger Einsatz von KI, dass innovative Technologien Wettbewerbsvorteile schaffen können. Um eine solche Transformation erfolgreich umzusetzen, ist es wichtig, offen für neue Technologien zu sein und mit diesen zu experimentieren. Nur mit einer solchen Kultur können Unternehmen die Digitalisierung erfolgreich meistern und langfristig erfolgreich bleiben.

Wie KMUs mit dem Thema SaaS umgehen können

Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass das Beispiel von Klarna nicht uneingeschränkt auf alle KMU übertragbar ist. Klarna ist ein digitales Unternehmen mit einem hohen Anteil an IT-Spezialisten, was die Entwicklung und Umsetzung individueller Lösungen erleichtert. Viele KMU stehen hingegen noch vor der Herausforderung, die Digitalisierung ihrer Geschäftsprozesse erfolgreich zu meistern. Oft fehlen Ressourcen und Know-how, um komplexe Softwareprojekte umzusetzen.

Gerade deshalb sollten KMU standardisierte Angebote nicht unreflektiert übernehmen und ihre individuellen Bedürfnisse genau analysieren. Denn SaaS-Lösungen, die sich an den Anforderungen von Großunternehmen orientieren, führen oft zu unnötiger Komplexität, hohen Kosten und lassen einen einfachen Austausch der Software nicht mehr zu. Stattdessen sollten Unternehmen bei der Auswahl des richtigen Softwareanbieters sorgfältig vorgehen, um eine passende Lösung zu finden.

Gerade für KMU, denen es oft an Ressourcen und IT-Expertise mangelt, bieten KI-basierte Tools großes Potenzial. KI kann beispielsweise Standardaufgaben automatisieren und die individuelle Anpassung von Software erleichtern. Auch KI-basierte SaaS-Lösungen werden zunehmend verfügbar und bieten KMU die Möglichkeit, von den Vorteilen der KI zu profitieren, ohne selbst komplexe Systeme entwickeln zu müssen.

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