Finanzen

Gold: Sicherer Hafen - wie das Edelmetall zum ultimativen Wertspeicher wurde

Die BRICS-Zentralbanken häufen gewaltige Goldvorräte an, um sich vom Dollar zu emanzipieren, und befeuern damit neue Goldpreis-Rekorde. Unterdessen kaufen Anleger aus aller Welt Gold, weil sie Angst vor einem Aktien-Crash und einer Eskalation der geopolitischen Krisenherde haben. Hinter diesem Kaufverhalten steckt ein unkaputtbares Vertrauen in das gelbe Edelmetall als Wertspeicher und Vermögensschutz. Um dieses Vertrauen zu begreifen, müssen wir tief in die Währungsgeschichte eintauchen.
15.10.2024 11:03
Aktualisiert: 24.10.2030 11:28
Lesezeit: 6 min
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Gold: Sicherer Hafen - wie das Edelmetall zum ultimativen Wertspeicher wurde
Seit Tausenden von Jahren steht Gold synonym für Werterhalt und Vermögensschutz. (Bild: iStockphoto/Thicha studio)

Nach vielen Jahren des Darbens sind für Goldanleger im doppelten Sinne wieder goldene Zeiten angebrochen. Gold springt schon das ganze Jahr von einem Rekordhoch zum nächsten.

BRICS-Staaten akkumulieren Gold wie verrückt

Überraschenderweise sind die traditionell goldaffinen Deutschen zurzeit Nettoverkäufer. Auch westliche Anleger zusammengenommen tragen kaum etwas zu den neuen Goldpreis-Rekorden bei. Es sind vielmehr die Zentralbanken der BRICS und des gesamten Globalen Südens, die in großem Stil vom US-Dollar, der in ihrer Wahrnehmung als Machtinstrument missbraucht wird, in das gelbe Edelmetall umschichten. Alle Zentralbanken der Welt akkumulierten 2022 (netto 1.082 Tonnen) und 2023 (1.082 Tonnen) Rekordmengen an Gold.

Dieser Trend setzt sich im laufenden Jahr fort und wird von China, Indien, Russland und der Türkei angeführt, deren Kaufverhalten entscheidend für die letzten Goldpreis-Rekorde war. Im zweiten Quartal kauften Notenbanken weltweit mehr als 183 Tonnen des gelben Edelmetalls auf, was zwar niedriger als im ersten Quartal (300 Tonnen), aber sechs Prozent über dem Niveau des Vorjahresquartals lag. Längst nicht alle Kaufaktivitäten laufen dabei offiziell ab. Laut einer Analyse des Edelmetall-Dienstleisters Money Metals hat etwa die saudische Zentralbank seit Anfang 2022 heimlich 160 Tonnen Gold aus der Schweiz importiert. Ähnliches munkelt man in zehnfacher Dimension über die chinesischen Währungshüter.

Aber nicht nur die BRICS-Zentralbanken setzen auf Gold. Die geopolitischen Krisenherde im Nahen Osten und der Ukraine, andauernde Handelskonflikte sowie die Sorge vor einem Finanzcrash sind weitere wichtige Faktoren für die gegenwärtige Goldhausse. Gold gilt als der ultimative sichere Anlagehafen in unsicheren Zeiten. Zudem machen sinkende Zinsen eine Investition in Gold attraktiver, weil letzteres keine laufenden Erträge abwirft.

Gold: Ein Vermögenswert, dem fast alle Menschen blind vertrauen

Was genau verleiht dem Edelmetall diesen besonderen Status, sodass es für die asiatischen Währungshüter und besorgte Anleger derzeit die Ultima Ratio zu sein scheint? Nun, bei Gold muss man sich keine Sorgen um Eigentumsrechte machen – Goldbesitzer können beispielsweise nicht zum Opfer eines Schuldenschnitts werden. Außerdem hängt sein Preis nicht von der Wirtschaft und der Entwicklung von Unternehmensgewinnen ab, wodurch es eine gute Absicherung für einen Aktien-Crash darstellt. Gold ist wenig bis gar nicht mit anderen Assets korreliert und deshalb eine sinnvolle Beimischung in einem diversifizierten Portfolio.

Vor allem aber besteht ein immenses Vertrauen in seine Wertstabilität. Der Status von Gold als langfristiger Inflationsschutz, Wertspeicher und ultimative Währung ist schier unerschütterlich. Mit Gold konnte man seine Kaufkraft über die gesamte mehr als 5000 Jahre lange Geldgeschichte mindestens erhalten, teilweise sogar deutlich steigern. Um dieses Vertrauen zu verstehen, müssen wir weit in der Wirtschaftsgeschichte zurückgehen. Und zwar in eine Zeit, als es noch überhaupt keine Währungen gab, sondern Tauschwirtschaft betrieben wurde.

Effizientes Wirtschaften erfordert Geld als universelles Tauschmittel

Der Naturaltausch stieß dabei schnell an gewisse Grenzen. Eine Grundproblematik war, dass die Tauschwilligen untereinander oftmals nicht die Güter haben wollten, die andere potentielle Tauschpartner gerade am Marktplatz feilboten. Eine Verbriefung von Ansprüchen mit Quittungs-Scheinen konnte dieses Problem aus Vertrauensaspekten nur bedingt lösen und sorgte zudem für eine komplizierte und ineffiziente Zettelwirtschaft mit einem Wirrwarr an zahllosen Wechselkursen.

Eine wachsende Bevölkerung machte die Einführung einer Währung nahezu unabdingbar, sonst wäre das Handeln überkomplex geworden. Geld als indirektes Tauschgut vereinfachte alles so stark durch seine Funktion als einheitlicher Wert- und Verrechnungsstandard, sodass die Industrialisierung und unsere moderne Wirtschaft ohne Geld überhaupt nicht denkbar wäre. Goldmünzen entwickelten sich – neben anderen Metallen wie Silber und Kupfer und alltäglichen Gütern wie Pelzen, Getreide, Reis, Kakaobohnen oder Salz – zu den ersten bekannten Formen von Geld. Schon lange vor der Entstehung des Münzgeldes war Vieh in zahlreichen Kulturen ein beliebtes Warengeld, wenn auch ein sehr unpraktikables.

Wie Gold zur Währung wurde

Damit etwas als Geld, also als das allgemein akzeptierte Tauschmittel, verwendet wird, muss es bestimmte Eigenschaften besitzen: Es muss knapp sein, homogen (also von gleicher Art und Güte), haltbar, transportabel, teilbar und prägbar, es muss einen hohen Wert pro Einheit aufweisen und in der breiten Masse wertgeschätzt sein. In der Vergangenheit wurden bevorzugt Gold und Silber verwendet, weil sie die für gutes Geld notwendigen Eigenschaften am besten erfüllen.

Gold kam in der frühen Wirtschaftsgeschichte häufiger zum Einsatz als Silber, weil es einfacher zu gewinnen war. Silber existierte viel seltener in Reinform vor und musste daher erst von anderen Metallen wie etwa Blei getrennt werden. Dafür eignete sich das mengenmäßig deutlich häufigere Silber besser für Kleinkäufe. Indes hatten beide Edelmetalle gegenüber anderen liquiden Tauschgütern den Vorteil, dass sie nicht verderblich sind.

Es gibt im Wesentlichen zwei Theorien für die Entstehungsgeschichte von Goldgeld. Die eine stammt vom berühmten österreichischen Ökonomen Ludwig von Mises, der das Vertrauen in die Kaufkraft von Gold aus dessen Marktwert als reines Sachgut ableitet. Seine Begründung: Das Vertrauen in Geld muss sich iterativ auf den Wert des Materials, das es vor seiner Transformation zu einem universellen Tauschmittel hatte, herleiten lassen. Das heutige Vertrauen in Gold erklärt sich demnach durch das gestrige Vertrauen in Gold und so weiter. Irgendwann erreicht man den Zeitpunkt, wo Gold nur für Schmuck und Verzierungen genutzt wurde.

Laut Mises hat das gelbe Edelmetall vor tausenden von Jahren als Kostbarkeit eine so große Beliebtheit und Akzeptanz genossen, dass es sich organisch zum allgemein akzeptierten Geld entwickelte. Der Bevölkerung entging wohl nicht, dass der (Tausch-)Wert ihrer Kostbarkeiten ziemlich stabil blieb. Die Praxis, mit Gold- und Silberschmuck zu bezahlen, dürfte sich lokal schnell verbreitet haben. Mises hält es dagegen für unwahrscheinlich, dass Könige oder sonstige herrschende Instanzen einfach so auf die Idee kamen, Hartgeld einzuführen.

Eines Tages hatten vermutlich findige Kaufleute den Einfall, einheitliche Stückelungen der in unterschiedlichsten Formen im Umlauf befindlichen Edelmetalle zu definieren – das dürfte die Geburtsstunde der ersten Gold- und Silbermünzen gewesen sein. Nach aktuellem Forschungsstand prägte das Volk der Lyder in Kleinasien (heute: westliche Türkei) vor rund 2.700 Jahren das erste Münzgeld. Die frühen lydischen Münzen bestanden aus Elektrum, einer Legierung aus Gold und Silber mit einem geringen Kupferanteil, was bis zur frühen Antike üblich bleiben sollte. Goldgeld gab es jedoch nicht nur in Münzform, sondern zum Beispiel auch als kleine Würfel im alten China oder als Puder im alten Japan.

Es gibt auch noch eine andere Theorie, die den Ursprung des (Gold-)Geldes nicht im Warenhandel, sondern in dem Bedürfnis nach einheitlichen Grabbeigaben, Opfergaben für Götter und Vergütungen für Priester begründet sehen. Demnach kam den Verwaltern von Glaubensstätten eine zentrale Rolle in der Bestimmung des Geldwertes zu. Zu dieser Theorie passt die Tatsache, dass Gold in der Antike zu einem Herrschafts- und Reichtums-Symbol für Könige, Kaiser und Pharaonen wurde. Die beiden Theorien schließen sich nicht unbedingt gegenseitig aus und je nach Kultur mag das eine oder das andere der ausschlaggebende Faktor gewesen sein.

Vom Viehstandard zum Goldstandard?

Über die Goldmünzen der Lyder ist bekannt, dass diese spezifische Prägungen trugen, um ihren Wert zu kennzeichnen. Es dürfte damit so etwas wie der erste Goldstandard gewesen sein. Der erste Währungs-Standard war es aber wahrscheinlich nicht, wie Recherchen von Stephen Zarlenga nahelegen.

Der Wirtschaftshistoriker hat herausgefunden, dass schon im 9. Jahrhundert vor Christus im alten Griechenland – also vor den ersten Münzen der Lyder – der Wert eines Rinds auf 130 Gramm Gold festgelegt wurde. Eine weitere Beobachtung: Im Mittelmeer-Raum gefundener Goldschmuck (überwiegend Ringe), der auf grob 800 bis 600 vor Christus datiert wird, weist häufig ein nahezu identisches Gewicht auf. Der Wirtschaftshistoriker interpretiert diese Tatsache dahingehend, dass der in der Antike weit verbreitete Goldgewichts-Standard aus so etwas wie einem Viehstandard hervorgegangen ist (siehe Zarlengas Buch „Der Mythos vom Geld“ und seine Studie A Refutation of Mengers Theory of the Origin of Money“).

Der Wirtschaftshistoriker sieht in der Festlegung eines festen Wertverhältnisses zwischen Vieh und Gold einen starken Anhaltspunkt dafür, dass Goldgeld eben nicht im Markt entstanden ist, sondern institutionelle Ursprünge hat. Aus Gründen der Praktikabilität hätten die griechischen Stadtstaaten irgendwann Viehgeld durch Gold ersetzen lassen. Letzteres wäre oftmals im Überfluss in den Tempeln vorhanden gewesen. Der Ökonom Victoir Aguilar argumentiert hingegen, das griechische Goldgeld sei höchstwahrscheinlich von lokalen Rinderbaronen herausgegeben worden. Demnach verbrieften 130 Gramm Gold den Anspruch auf eine Kuh beziehungsweise einen Ochsen.

Die Goldmünzen-Standards antiker Völker – von den Griechen über die Ägypter bis zu den Persern – weisen ein auffallend ähnliches Gewicht auf, mit einer Schwankungsbreite von nur 120 bis 135 Gramm. Das spricht einerseits für Zarlengas These, könnte aber andererseits einfach daran liegen, dass fremdes Münzgeld über Handelswege ins Reich gelangte und zum Nachahmen anregte.

Doch was, wenn der Ursprung des Goldgeldes auf weit mehr als nur wirtschaftliche Praktikabilität oder Handelswege zurückzuführen ist? Was, wenn hinter dem Wechsel vom Vieh- zum Goldstandard eine tiefere Macht verborgen liegt – eine, die die alten Zivilisationen bewusst zu verschleiern versuchten? Und selbst wenn, welche Auswirkungen hätte das auf uns heute? Lesen Sie alles dazu im 2. Teil unserer DWN-Analyse.

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Jakob Schmidt

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Jakob Schmidt ist studierter Volkswirt und schreibt vor allem über Wirtschaft, Finanzen, Geldanlage und Edelmetalle.

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