Das Internet der Dinge ist auf dem Vormarsch: Die Straßenlaterne in Washington gibt Bescheid, wenn ihre LED gewechselt werden muss, der Paketwagen von Amazon sendet seine Position an die Zentrale, die Parkuhr in Paris meldet, wie die Auslastung ist. Hinter diesen Beispielen stecken Kunden einer jungen, deutschen Firma aus Köln namens 1NCE, gesprochen „once“, englisch für „einmal“. Die Idee dahinter: Kunden müssen nur einmal für eine technische Lösung für ihre smarten Gerätschaften sorgen - nämlich bei 1NCE. Die Firma kümmert sich dann um den Rest: von der Software über die Cloud-Lösung, die Telekommunikationsverträge mit verschiedenen Netzbetreibern bis zur SIM-Karte, die ans Gerät kommt und von dort aus ihre kleinen, aber wichtigen Datenmengen sendet und empfängt.
1NCE-IPO: Weltmarktführer nur sieben Jahre nach der Gründung
Das Unternehmen 1NCE ist hierzulande der breiten Öffentlichkeit kaum bekannt, aber bereits Weltmarkführer in seinem Bereich – sieben Jahre nach der Gründung. Als Alexander Sator (54) im Jahr 2017 1NCE gründete, brachte er seine umfangreiche Erfahrung mit ein. Schon als 13-jähriger Schüler startete er eine Firma, die Bürosoftware aus England einkaufte, übersetzte, und in Deutschland weiterverkaufte. Nach Abbruch seines Physikstudiums stellte er eine Laser-Firma auf die Beine, bei deren Verkauf er mit 31 Jahren zum Millionär wurde. Nun denkt er über einen Börsengang mit 1NCE nach, in den USA oder Deutschland – vermutlich im Jahr 2025. Mit dem 1NCE-IPO soll neues Kapital beschaffen werden - für die weitere Expansion.
Aktuell hält 1NCE Ausschau nach weiteren Finanzgebern. Sator sagt: „Die bisherige Finanzierung liegt im unteren dreistelligen Millionen-Euro-Bereich und damit weit unter dem Finanzierungsvolumen anderer vergleichbarer Unternehmen. Dennoch konnte 1NCE seit der Gründung ein signifikantes Wachstum erzielen und wird nach nur sieben Jahren die Gewinnschelle erreichen.“ Genau solche Unternehmen mit einem starken Finanzprofil aus hohem Wachstum und einer nachhaltigen Verbesserung der Profitabilität suche der Kapitalmarkt. Der emotionalste Moment in der Geschichte von 1NCE war für Sator vermutlich „der Zeitpunkt, als das Unternehmen innerhalb der ersten fünf Monate bereits ein Auftragsvolumen von über einer Million vernetzten Geräte für namenhafte internationale Kunden wie OTIS, Flashnet oder FairConnect erreichen konnte und somit bewies, dass das innovative Geschäftsmodell erfolgreich skaliert werden kann.“
1NCE: Telekom als starker Partner
Sators Erfahrung als Gründer sagte ihm im Jahr 2017 auch, dass er einen starken Partner brauchte. „Wir spürten im ersten Jahr viel Gegenwind. Kunden kannten uns nicht und wussten nicht, ob sie einem Start-up die wichtige Aufgabe anvertrauen können, Netzabdeckung für ihre Produkte sicherzustellen“, sagte Sator der „Süddeutschen Zeitung“. Die Telekom stieg ein, das half bei der Akquise. Die Telekom hält 45 Prozent der Anteile, Sator selbst 30 Prozent, es gibt eine Reihe weiterer, kleinerer Anteilseigner, darunter beispielsweise Softbank aus Japan.
Es läuft gut. Der Umsatz von 1NCE liegt in diesem Jahr bei 100 Millionen US-Dollar, im nächsten sollen es 160 Millionen sein. 370 Mitarbeiter aus 50 Staaten betreuen aus Büros in Tokio, Singapur, Köln, Miami, São Paulo, Hamburg und Riga derzeit 25.000 Kunden in 60 Ländern. 1NCE verfügt über eine eigene Software, hält 65 Patente. Die Hälfte der Beschäftigten sind Ingenieure oder Programmierer, die meisten davon arbeiten in Lettland. „Die Fachleute dort sind sehr motiviert“, berichtet Sator. Außerdem ist seine Frau Lettin, der Manager hat also einen persönlichen Bezug zum Land.
Das Internet der Dinge boomt
Ohne seine Lösung wäre das „Internet der Dinge“ (IoT, Abkürzung für das Internet of Things) zu teuer für die meisten Kunden: „Die Mobilfunkkosten wären schlicht zu hoch. Wir haben das bezahlbar gemacht“, sagt Sator. Das IoT umfasst immer mehr Produkte. Dabei geht es vor allem unterm Strich um Mini-Sender in Gegenständen – vom Thermostat über den Kühlschrank bis zum Fahrrad. Die „wissen“ dann, wann wie geheizt werden muss, oder welche Nahrungsmittel nachbestellt werden sollten, oder wo man das Fahrrad vergessen hat. Das Thema ist im privaten Bereich interessant, 1NCE wendet sich aber an Geschäftskunden. Hier ist das Thema nicht nur interessant, sondern der Markt boomt.
Vom Aufzughersteller OTIS über BMW bis zu Amazon: mehr als 21.000 Kunden – darunter 60 Fortune-500-Unternehmen – vertrauen 1NCE mit mehr als 30 Millionen angeschlossenen Produkten. 1NCE unterstützt die Branchen Infrastruktur, Automobil, Industrie, Logistik, Smart Cities, Versorger, Handel, Landwirtschaft, Gesundheitswesen.
Zehn Euro für zehn Jahre: mit der Flatrate zum Erfolg
Und was ist das Besondere von 1NCE, weshalb setzen sie sich in diesem kompetitiven Markt durch? Aus der Geschäftszentrale von 1NCE heißt es dazu im Marketingsprech: „Wir sind der weltweit einzige Anbieter von Konnektivität und Software für das Internet der Dinge (IoT) mit einer globalen Lifetime Flat. Die 1NCE IoT Lifetime Flat mit einem einmaligen Preis von zehn Euro ist so konzipiert, dass sie für die gesamte Lebensdauer eines IoT-Geräts mit einer einmaligen Zahlung ausreicht. Mit der Software-Plattform für vernetzte Produkte bietet 1NCE einen zukunftssicheren und einfach zu handhabenden Dienst für 173 Länder und Regionen an.“ Im Klartext: Für ihre Kunden bietet die Firma eine Flatrate an: zehn Euro für eine SIM-Karte, für zehn Jahre. Während dieser Zeit müssen Kunden nur nachbuchen, wenn das Datenlimit erreicht wurde – was 1NCE zufolge nur bei zehn bis zwanzig Prozent der Fall sei.
Weiter heißt es bei 1NCE: "Unser Service basiert auf Software, die dabei hilft, den Stromverbrauch von Geräten als auch die Bandbreitennutzung zu verbessern." Das Festpreismodell in Kombination mit einfacher, globaler Skalierbarkeit sei im IoT-Bereich einzigartig. „Die 1NCE-Plattform ermöglicht es Kunden, einfach, sicher und zuverlässig Gerätedaten zu sammeln und in verwertbare Informationen umzuwandeln." Dies beschleunige die Markteinführung von IoT-Lösungen um Monate, verlängere die Lebensdauer der Geräte um Jahre und ermögliche eine effiziente Verwaltung der Sensoren von der ersten Bereitstellung bis zum Ende des Produktlebenszyklus, sagt Sator.
Die größten Märkte für 1NCE sind die USA und Asien. In Europa sei Italien stark, der deutsche Heimatmarkt schaffe es nur so gerade ein die Top 10, klagt Sator. „Das tut weh, doch beim Thema vernetzte Geräte hinkt Deutschland einfach hinterher“. In Frankreich seien zum Beispiel fast alle Stromzähler vernetzt und würden automatisch Verbrauchsdaten senden. „In Deutschland sind solche Smart Meter hingegen noch eine Nische, obwohl sie wichtig für die Energiewende sind.“ Überhaupt Deutschland: ein schwieriger Markt. Sator findet: „Hier muss die Bürokratie reduziert und der Ausbau der digitalen Infrastruktur vorangetrieben werden. Im Ausland, insbesondere in Regionen wie Nordamerika und Asien, profitieren Unternehmen von schnelleren regulatorischen Prozessen und einer höheren Technologieakzeptanz, was die Einführung neuer Lösungen erleichtert.“
1NCE-Expansion: Wie entwickelt sich der Markt?
Global sieht Sator ein hohes Potential: „In zehn Jahren wird IoT allgegenwärtig sein und von Technologien wie KI, Edge Computing und digitalen Plattformen geprägt. Industrie 4.0 wird durch intelligente, vernetzte Fabriken mit autonomen Systemen vorangetrieben, während IoT-Sicherheit wegen zunehmender Vernetzung entscheidend wird. Nachhaltigkeit spielt eine zentrale Rolle, da IoT Prozesse effizienter und umweltfreundlicher gestaltet. Insgesamt wird IoT wirtschaftliche und ökologische Transformationen weltweit beschleunigen.“
Laut Sator biete der Markt auch in Zukunft hohes Wachstumspotenzial: Der für 1NCE adressierbare Markt, also die Verbindung mit Endgeräten, werde zwischen 2023 und 2028 um durchschnittlich 16 Prozent pro Jahr von 3,2 Mrd. Euro im Jahr 2023 auf 6,8 Mrd. wachsen. Sator sagt: „Die Menge der von verwalteten 1NCE IoT-Geräte unserer mehr als 21.000 Kunden sind in den drei letzten Jahren um über 100 Prozent pro Jahr gewachsen. Das Unternehmen wächst rasant mit seinen Kunden und will auch in den nächsten Jahren weiterhin schneller wachsen als der Markt (16 Prozent) bei gleichzeitigem Ausbau der Margen und Profitabilität.“ Ziel von 1NCE ist es, in den nächsten drei Jahren ein Umsatzwachstum von mehr als 50 Prozent pro Jahr zu erreichen und damit weiter über dem Marktdurchschnitt von zwölf Prozent.
Amazon: neue strategische Partnerschaft
Im Dezember 2024 gab 1NCE eine strategische Partnerschaft mit Amazon Web Services (AWS) bekannt, um die nächste Wachstumsphase der 1NCE-Softwareplattform zu ermöglichen. Laut 1NCE garantiere diese, kombiniert mit der Cloud-Infrastruktur von AWS, weltweit starke Verfügbarkeit, Zuverlässigkeit und Konsistenz für IoTServices. Darüber hinaus öffnet 1NCE seine Plattform für externe Softwareanbieter, um Plugins für Kunden zu erstellen, und schult innovative Anbieter in der Entwicklung und Verbreitung neuer Softwaretools, die passgenau auf die Bedürfnisse von IoT-Anwendern zugeschnitten sind.
Dazu James Brehm Associates, ein führendes IoT-Analystenhaus: „Das Angebot von 1NCE in Kooperation mit AWS bietet eine herausragende Lösung, da kein anderes IoT-Unternehmen mit diesem Tempo wächst. Basierend auf unseren laufenden Recherchen ist 1NCE der größte privat geführte Netzwerkanbieter mit mehr als 30 Millionen Abonnenten. Das Unternehmen konkurriert nun mit den ‚großen Telekommunikationsanbietern‘ und gehört weltweit zu den Top-10 IoT-Dienstleistern.“
Was erhofft sich 1NCE von einer neuen Regierung?
Würde Sator heute noch einmal gründen? „Eher nicht, es ist zu kompliziert geworden mit der Bürokratie. Dinge, die bei uns noch einfach gingen, sind heute unmöglich“, sagte Sator der "Bildzeitung". Mit seiner Bürokratie stelle Deutschland sich selbst ein Bein. Hinzu käme ein Mentalitätsproblem: „Wenn du einmal scheiterst, war es das, dann gibt dir niemand mehr Geld.“ Und was müsste die nächste Regierung der BRD angehen? Sator hat klare Vorstellungen: „Eine neue Regierung sollte den Ausbau von 5G und zukünftigen Technologien priorisieren, Investitionen in digitale Bildung und Infrastruktur fördern, den Zugang zu Risikokapital erleichtern und regulatorische Barrieren für innovative Geschäftsmodelle abbauen.“