Politik

Ramstein-Treffen: Womöglich letzte Konferenz vor Trump läutet Phase der Unsicherheit ein

Beim Ramstein-Treffen beraten die internationalen Partner der Ukraine über die weitere Unterstützung des Landes im Krieg gegen Russland. Die Ukraine braucht laut Präsident Selenskyi vor allem Flugabwehr. Zum Problem für das Format könnte dagegen der Amtsantritt von Donald Trump werden.
09.01.2025 10:59
Aktualisiert: 09.01.2025 10:59
Lesezeit: 3 min
Ramstein-Treffen: Womöglich letzte Konferenz vor Trump läutet Phase der Unsicherheit ein
Verteidigungsminister Boris Pistorius und der Ukrainische Präsident Selenskyi (v.l.) blicken mit Sorge nach Washington. (Foto: dpa) Foto: Andreas Arnold

Internationale Partner der Ukraine sind ab Donnerstag (9. Januar) auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein zusammengekommen, um über die Unterstützung des Landes im Krieg gegen Russland zu beraten. Beim sogenannten Ramstein-Treffen nehmen unter anderem US-Verteidigungsminister Lloyd Austin, Boris Pistorius und Nato-Generalsekretär Mark Rutte teil. Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist zu Gesprächen eingetroffen. Selenskyi erklärte zuvor die Luftabwehr zur "Schlüsselaufgabe" der ukrainischen Verteidigung.

Kurz vor dem Ausscheiden von Präsident Joe Biden sagten die USA der von Russland angegriffenen Ukraine noch einmal Militärhilfen in Höhe von 500 Millionen US-Dollar (486 Millionen Euro) zu. Es könnte das letzte Militärhilfspaket sein, das die USA schnüren. Unter den Teilnehmern der Kontaktgruppe besteht die Sorge, der designierte US-Präsident Donald Trump könnte das Format begraben.

US-Präsident Trump könnte das Ramstein-Format beenden

Zu der Konferenz hatte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin die Mitglieder der Ukraine-Kontaktgruppe eingeladen. Deutschland wird durch Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) vertreten, auch Nato-Generalsekretär Mark Rutte und die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas nehmen teil. Laut Selenskyj war der ukrainische Verteidigungsminister Rustem Umjerow bereits zuvor in Deutschland. Vertreter von Nicht-Nato-Staaten sind ebenfalls anwesend.

Das Ramstein-Format diente bisher als zentrales Koordinierungsgremium für die Ukraine-Militärhilfe auf Regierungsebene. Ob diese Funktion unter Trump bestehen bleibt, ist unklar, und auch Austin vermied Spekulationen dazu. Denkbar ist jedoch, dass das neue Nato-Ukraine-Kommando NSATU (Nato Security Assistance and Training for Ukraine) in Wiesbaden eine größere Rolle übernimmt. Dieses Zentrum, das beim Nato-Gipfel im Sommer 2024 in Washington beschlossen wurde, soll Waffenlieferungen sowie die Ausbildung der ukrainischen Streitkräfte koordinieren.

Denn Experten wie David Sirakov von der Atlantischen Akademie Rheinland-Pfalz halten den Ramstein-Gipfel in Januar 2025 für das möglicherweise letzte Treffen dieses Formats. "Nach allem, was wir über Trumps Einstellung wissen, ist dies wahrscheinlich", so Sirakov. Der designierte Präsident bevorzugt offenbar Alleingänge und könnte die Ukraine-Unterstützung einstellen.

Deutschland kündigt Lieferung von Lenkflugkörpern für Iris-T an

Pistorius kündigte an, dass Deutschland die Ukraine kurzfristig mit weiteren Lenkflugkörpern für Luftverteidigungssysteme des Typs Iris-T unterstützen werde. Diese seien ursprünglich für die Bundeswehr gedacht gewesen, würden nun aber direkt aus der Herstellung an die Ukraine umgeleitet. Gleichzeitig darf die Bundeswehr zur Landesverteidigung nicht mit neuen Luftabwehrraketen IRIS-T SLM üben. Die Ukraine könne sich auf Deutschland verlassen, auch nach der Bundestagswahl am 23. Februar, wie Minister Pistorius betonte.

Das beschlossene 47. US-Hilfspaket der USA umfasse laut Verteidigungsminister Austin dagegen Flugabwehrmunition, Munition sowie technische Unterstützung für die F-16-Kampfjets in ukrainischen Diensten.

Nato-Generalsekretär Rutte warnt: China, Nordkorea und Iran würden von russischem Erfolg profitieren

Nato-Generalsekretär Mark Rutte hat sich in Ramstein für eine entschlossene Unterstützung des Landes im Abwehrkampf gegen Russland ausgesprochen. "Wir müssen sicherstellen, dass die Ukraine in Bezug auf Ausbildung und Ausrüstung alles erhält, was sie benötigt, um weiterzukämpfen und standzuhalten", so Rutte am Rande des Gipfels. Ziel sei es, die Ukraine in eine Position zu bringen, in der sie aus eigener Stärke heraus Verhandlungen zur Lösung des Konflikts einleiten könne.

Rutte warnte zudem, dass ein schlechtes Verhandlungsergebnis weitreichende Konsequenzen hätte. Länder wie China, Nordkorea und der Iran könnten durch einen russischen Erfolg gestärkt werden. Der Konflikt betreffe daher nicht nur die Ukraine, sondern habe auch eine zentrale geopolitische Dimension.

Russische Angriffe verschärfen die Lage: Selenskyi fordert Luftabwehr

Die Gespräche werden von einem verheerenden russischen Angriff auf Saporischschja überschattet. Mindestens 13 Menschen starben, über 60 wurden verletzt. Zwei 500-Kilo-Bomben trafen die Stadt, die einst 700.000 Einwohner zählte. Nahe der Frontlinie werden Angriffe wie diese zunehmend geführt, da die ukrainische Flugabwehr kaum effektive Mittel gegen diese Bomben hat. Zusätzliche Angriffe gab es in Stepnohirsk, wo zwei Menschen starben und zwei verletzt wurden.

"Es gibt nichts Brutaleres als Bomben auf eine Stadt, wenn man weiß, dass Zivilisten darunter leiden", reagierte Selenskyj auf Telegram auf die jüngsten Angriffe. Der Präsident der Ukraine erklärte: "Die Stärkung unserer Flugabwehr ist die Schlüsselaufgabe, um die russische Luftwaffe von unseren Städten und Grenzen fernzuhalten." Neben den Gesprächen im sogenannten "Ramstein-Format" sind auch bilaterale Treffen geplant.

Ukrainische Armee mit massiven Problemen: Zahl der Deserteure steigt

Im dritten Kriegsjahr verzeichnet die Ukraine stark steigende Zahlen bei Desertionen. Laut Generalstaatsanwaltschaft gab es 2024 über 22.000 Fälle, dazu mehr als 62.000 eigenmächtige Abwesenheiten. Diese Zahlen haben sich im Vergleich zu früheren Kriegsjahren vervielfacht. Seit Kriegsbeginn wurden insgesamt fast 120.000 Fälle registriert.

Trotz verschärfter Gesetze kursieren in sozialen Netzwerken Videos, die Konflikte zwischen Wehrpflichtigen und Rekrutierern zeigen. Laut einem Bericht der Washington Post zog die Ukraine 2024 rund 200.000 neue Soldaten ein – weniger als Russland im gleichen Zeitraum. Schätzungen zufolge sind 1,2 Millionen wehrpflichtige Männer ins Ausland geflohen, viele mit gefälschten Dokumenten.

Die Ukraine wehrt sich seit fast drei Jahren gegen die russische Invasion, unterstützt durch internationale Partner. Angesichts der aktuellen Herausforderungen bleibt die Zukunft der Unterstützung durch das Ramstein-Format ungewiss.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Der deutsche Markt konzentriert sich auf neue Optionen für XRP- und DOGE-Inhaber: Erzielen Sie stabile Renditen aus Krypto-Assets durch Quid Miner!

Für deutsche Anleger mit Ripple (XRP) oder Dogecoin (DOGE) hat die jüngste Volatilität am Kryptowährungsmarkt die Herausforderungen der...

DWN
Politik
Politik Rückkehr der Wehrplicht trotz Wirtschaftsflaute? Nato-Ziele nur mit Pflicht zum Wehrdienst möglich
05.07.2025

Die Nato drängt: „Um der Bedrohung durch Russland zu begegnen“, hat die Nato ein großes Aufrüstungsprogramm beschlossen. Doch wie...

DWN
Unternehmen
Unternehmen KI-Schäden: Wenn der Algorithmus Schaden anrichtet – wer zahlt dann?
05.07.2025

Künstliche Intelligenz entscheidet längst über Kreditvergaben, Bewerbungen oder Investitionen. Doch was passiert, wenn dabei Schäden...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Made in Germany: Duale Berufsausbildung - das deutsche Erfolgsmodell der Zukunft
05.07.2025

Die duale Berufsausbildung in Deutschland gilt als Erfolgsmodell: Dieses System ermöglicht jungen Menschen einen direkten Einstieg ins...

DWN
Panorama
Panorama Was Autofahrer über Lastwagen wissen sollten – und selten wissen
05.07.2025

Viele Autofahrer kennen das Gefühl: Lkw auf der Autobahn nerven, blockieren oder bremsen aus. Doch wie sieht die Verkehrswelt eigentlich...

DWN
Finanzen
Finanzen Steuererklärung 2024: Mit diesen 8 Steuertipps können Sie richtig viel Geld rausholen
05.07.2025

Viele Menschen drücken sich vor der Steuererklärung, weil diese manchmal etwas kompliziert ist. Doch es kann sich lohnen, die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wirtschaftskriminalität: Insider-Betrug kostet Millionen - Geschäftsführer haften privat
05.07.2025

Jede zweite Tat geschieht im eigenen Büro - jeder fünfte Schaden sprengt die fünf Millionen Euro Marke. Wer die Kontrollen schleifen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Microsoft kippt den Bluescreen, doch das wahre Problem bleibt
05.07.2025

Microsoft schafft den berühmten „Blauen Bildschirm“ ab – doch Experten warnen: Kosmetische Änderungen lösen keine...

DWN
Panorama
Panorama So bleiben Medikamente bei Sommerhitze wirksam
05.07.2025

Im Sommer leiden nicht nur wir unter der Hitze – auch Medikamente reagieren empfindlich auf hohe Temperaturen. Doch wie schützt man...