Rund 25-Prozent der über 60-Jährigen in Deutschland haben laut einer Studie des Forschungsinstituts Empirica ein unzureichendes Einkommen. Die Rentenzahlungen decken oft nicht die laufenden Kosten und das eigene Zuhause wird zur finanziellen Belastung. Statt es zu verkaufen, kann die Immobilie jedoch als Einkommensquelle dienen.
Etwa 140.000 Haushalte in Deutschland denken ernsthaft über eine Immobilienverrentung nach, um ihre finanzielle Unabhängigkeit im Alter zu sichern. Modelle wie Leibrente, Umkehrhypothek oder Teilverkauf bieten Chancen, den Wert der eigenen Immobilie zu erschließen, ohne das Zuhause aufgeben zu müssen. „Das Eigenheim ist für viele Senioren der größte Vermögenswert. Mit den richtigen Strategien lässt sich dieses Kapital nutzen, um den Lebensabend finanziell abzusichern – ohne ausziehen zu müssen“, erklärt ein Altersvorsorgeexperte. Doch nicht jede Option ist ohne Risiko.
Immobilienverrentung: Was sind die Vorteile und Risiken einer Leibrente?
Bei der Leibrente wird die Immobilie an einen Käufer verkauft, während ein Wohn- oder Nießbrauchrecht für den Verkäufer im Grundbuch eingetragen wird. Die Bewohner bleiben in ihrem Zuhause und erhalten dafür eine monatliche Rente. Das ist besonders für ältere Menschen attraktiv, die ihre Rente aufstocken müssen. Allerdings können zusätzliche Kosten für Gutachten und Notar anfallen, die die tatsächliche Auszahlung schmälern. Ein Beispiel: Herr und Frau Meier, beide Anfang 70, besitzen ein schuldenfreies Reihenhaus. Ihre Rente reicht jedoch nicht für steigende Energiekosten und nötige Reparaturen. Mit einer Leibrente erhalten sie monatlich 1.200 Euro zusätzlich zur Rente und können weiter in ihrem Zuhause leben.
Die Höhe der Rente hängt vom Immobilienwert, dem Alter der Eigentümer und den Marktbedingungen ab. Destatis bietet ein Tool, mit dem sich die Höhe individuell berechnen lässt. In Deutschland gibt es nur wenige Anbieter und die Zahlungen sind meist auf 10 bis 15 Jahre begrenzt. Zudem sind die Verträge häufig komplex, was die rechtliche Prüfung unverzichtbar macht. Verbraucherzentralen warnen immer wieder vor intransparenten Klauseln, die häufig zugunsten der Anbieter gestaltet sind.
Wie funktioniert eine Umkehrhypothek und wann lohnt sie sich?
Bei einer Umkehrhypothek (Reverse Mortgage) wird das Haus als Sicherheit für einen Kredit verwendet, dessen Rückzahlung (inklusive Zinsen) erst beim Verkauf des Hauses fällig wird – etwa nach Auszug oder Tod. Bis dahin können die Eigentümer weiter in ihrem Haus wohnen. Ein Beispiel: Frau Berger, 75, nutzt eine Umkehrhypothek, um 50.000 Euro für eine dringend notwendige Renovierung zu erhalten. „Da ich keine nahen Erben habe, ist das für mich eine ideale Lösung“, erklärt sie.
Während Umkehrhypotheken in Ländern wie den USA oder Großbritannien etabliert sind, ist das Modell in Deutschland noch wenig verbreitet. Dennoch wächst das Interesse, nicht zuletzt wegen steigender Lebenshaltungskosten. Es bleiben jedoch Risiken: Die Zinsen sind in der Regel höher als bei klassischen Krediten, und die Schulden können durch aufgeschobene Rückzahlungen stark anwachsen. Viele Angebote beinhalten zudem Klauseln, die für Laien schwer nachvollziehbar sind – etwa Einschränkungen bei Renovierungen.
Schnelles Geld – aber mit Haken: Ist ein Teilverkauf wirklich sinnvoll?
Beim Teilverkauf wird ein Anteil der Immobilie verkauft, während der Rest im Besitz des Eigentümers bleibt. Der Käufer zahlt einen Einmalbetrag und der Verkäufer muss ein Nutzungsentgelt zahlen – eine Art Miete für den verkauften Anteil. Ein Beispiel: Herr Schmidt verkauft 25-Prozent seines Hauses für 80.000 Euro, behält jedoch die Mehrheit des Eigentums. Er zahlt monatlich eine Nutzungsgebühr von 250 Euro. Nach zehn Jahren summieren sich die Gebühren auf über 30.000 Euro. Zudem muss er für Renovierungen die Zustimmung des Käufers einholen.
Dies verdeutlicht, dass dieses Modell oft mit hohen Kosten und erheblichen Einschränkungen verbunden ist. Ein weiterer Nachteil: Laut der Verbraucherzentrale erhalten Verkäufer für den veräußerten Anteil häufig nur 60 bis 80-Prozent des Marktwerts. Zudem profitiert der Käufer überproportional von einer Wertsteigerung, während der Verkäufer bei sinkenden Immobilienwerten ebenfalls Verluste hinnehmen muss.
Fazit: Welche Lösung passt zu Ihnen?
Das Eigenheim als Einkommensquelle bietet zahlreiche Möglichkeiten, birgt jedoch auch Risiken. Die Verbraucherzentralen betonen, dass die Eignung dieser Modelle stark von der individuellen Lebenssituation abhängt. Eine pauschale Empfehlung ist daher nicht möglich.
Angesichts des Renteneintritts der Babyboomer-Generation und eines sinkenden Rentenniveaus wird die Nachfrage nach solchen Lösungen voraussichtlich weiter steigen. Bevor Verbraucher sich für Modelle wie Leibrente, Umkehrhypothek oder Teilverkauf entscheiden, ist eine gründliche Prüfung der Konditionen unerlässlich. Unabhängige Beratung, eine rechtliche Überprüfung der Verträge und die Wahl seriöser Anbieter sind entscheidend, um finanzielle Nachteile zu vermeiden.
Es ist wichtig zu beachten, dass die Nutzung des Eigenheims zur Altersvorsorge das Erbe beeinflussen und die Möglichkeit einschränken kann, das Haus später als Kreditsicherheit zu verwenden. Zudem handelt es sich meist um eine einmalige Entscheidung, die schwer rückgängig gemacht werden kann.