Politik

Weitere Ukraine-Hilfe? Pistorius zu Besuch in Kiew spricht sich dafür aus

Ukraine-Hilfe 2025: Verteidigungsminister Boris Pistorius bleibt optimistisch, was die Fortsetzung der Unterstützung für die Ukraine betrifft. Auch nach der Bundestagswahl am 23. Februar verspricht Deutschland eine verlässliche und entschlossene Hilfe. Trotz der derzeit schwierigen politischen Lage und der Unsicherheit rund um die künftige Regierungskoalition in Berlin sieht Pistorius Chancen auf eine Lösung für die dringend benötigten Milliardenhilfen. Die Unterstützung steht weiter im Kontext eines langen Abwehrkampfes, der nicht nur die Ukraine betrifft, sondern auch die geopolitischen Interessen von Europa und den USA. Die Frage bleibt: Wie wird sich die westliche Hilfe unter einer möglichen Präsidentschaft von Donald Trump entwickeln?
14.01.2025 16:35
Aktualisiert: 14.01.2025 16:35
Lesezeit: 3 min
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Verteidigungsminister Boris Pistorius hat dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj Deutschlands Unterstützung auch nach der Bundestagswahl am 23. Februar zugesichert. Unabhängig von der künftigen Regierungskonstellation werde diese Hilfe verlässlich und entschlossen fortgesetzt, erklärte der SPD-Politiker bei einem Besuch in Kiew.

Pistorius äußerte die Erwartung, dass in den laufenden Verhandlungen über zusätzliche Hilfen in Höhe von drei Milliarden Euro für die Ukraine eine Lösung gefunden werde. Er wies jedoch darauf hin, dass für 2025 nach dem Zerbrechen der Ampel-Koalition kein Haushalt vorliege.

„Das ist ein fiskalisches Problem, das wir lösen müssen. Wir arbeiten daran“, sagte er. Und: „Ich bin weiterhin optimistisch, dass wir eine Lösung finden.“ Auch Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck hält weitere Milliardenhilfen für erforderlich. Das erklärte er vor einer Sitzung des erweiterten Grünen-Fraktionsvorstands in Berlin. Kanzler Olaf Scholz (SPD) steht dieser Forderung Berichten zufolge jedoch ablehnend gegenüber.

Selenskyj dankt Deutschland für Militärhilfe

Selenskyj dankte Deutschland erneut für die bislang geleistete Militärhilfe. Deutschland habe etwa 16 Prozent der gesamten Unterstützung geliefert, die die Ukraine erhalten habe. „16 Prozent – das sind sehr bedeutende Zahlen“, betonte er und hob insbesondere die Lieferung von Luftverteidigungssystemen hervor.

Pistorius: Europa und USA müssen zusammenarbeiten

Pistorius betonte, dass die Ukraine für einen erfolgreichen Abwehrkampf gegen Russland auf eine enge Zusammenarbeit zwischen Europa und der neuen US-Regierung unter Donald Trump angewiesen sei. Nur so könne das Land mit westlicher Unterstützung auf Augenhöhe „zu vernünftigen Verhandlungen irgendwann im Laufe des Jahres kommen“, sagte der SPD-Politiker. Zum Verlauf des Krieges und den ukrainischen Streitkräften erklärte er: „Sie kämpfen außergewöhnlich tapfer. Und glücklicherweise reißen die Materiallieferungen nicht ab.“

Deutschland hatte am Vortag in Warschau mit vier europäischen Nato-Partnern („Fünfer-Gruppe“) eine Vereinbarung getroffen, die Rüstungskooperationen mit der Ukraine auszubauen. Dies soll den Verteidigungskampf zusätzlich stärken. In Kiew sprach Pistorius mit Vertretern der ukrainischen Regierung und Industrie über dieses Vorhaben.

Lässt Trump die Ukraine im Stich?

Vor dem geplanten Amtsantritt von Trump am 20. Januar ist noch unklar, wie die westliche Unterstützung für die Ukraine weitergehen wird. Trump hatte wiederholt ein Gespräch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zur schnellen Beendigung des Kriegs in Aussicht gestellt. Konkrete Vorschläge seinerseits sind jedoch noch nicht öffentlich bekannt. In der Ukraine wächst die Sorge, dass Trump die US-Hilfe drastisch kürzen könnte, was Kiew möglicherweise eine Niederlage bescheren würde.

„Ich möchte eine Woche vor Trumps Amtsübernahme ein klares Signal senden, dass wir in Europa und die Nato-Partner an der Seite der Ukraine stehen, insbesondere in dieser besonders angespannten Phase“, sagte Pistorius.

Deutschland bleibt an der Seite der Ukraine

Pistorius äußerte, dass die Gefahr einer Niederlage der Ukraine „nicht signifikant größer ist als vor einem Jahr“. Der entscheidende Unterschied sei, dass Putin nun versuche, vor dem 20. Januar möglichst viel Boden zu gewinnen, mit der Erwartung, dass Waffenstillstandsverhandlungen zu seinen Gunsten ausgehen könnten.

„Deutschland steht weiterhin an der Seite der Ukraine“, versicherte der Minister. Dass sich in Deutschland nun noch sechs Wochen Wahlkampf anschließen, ändere nichts daran: „Ein großes europäisches Land kämpft hier um sein Überleben, um seine Freiheit.“ Russische Truppen waren im Februar 2022 in die Ukraine einmarschiert.

Nöte im ukrainischen Kampf werden größer

Zu Beginn des Jahres wurde in Kiew berichtet, dass Russland im vergangenen Jahr fast 3.600 Quadratkilometer ukrainischen Gebiets erobert habe – eine Fläche, die fast 1,5-mal so groß ist wie das Saarland. Den höchsten Verlust erlebte die Ukraine im November, als täglich etwa 20 Quadratkilometer besetzt wurden. Die Verluste des Jahres 2024 seien ein Vielfaches des Vorjahres. Besonders auffällig sei, dass die Gebietsverluste nach der Sommeroffensive und den Eroberungen im westrussischen Gebiet Kursk deutlich zugenommen hätten.

Gleichzeitig nehme die Kriegsmüdigkeit zu und die Zahl der ukrainischen Fahnenflüchtigen steige rapide. Laut der ukrainischen Generalstaatsanwaltschaft wurden 2024 mehr als 22.000 Fälle von Desertion registriert. Hinzu kommen über 62.000 Fälle von unerlaubtem Fernbleiben von der Truppe. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet dies eine fast dreifache Zunahme bei Deserteuren und eine beinahe vierfache bei unerlaubtem Fernbleiben. Seit Ausbruch des Krieges wurden fast 120.000 Fälle von Fahnenflucht gezählt. Beobachter gehen von einer hohen Dunkelziffer aus.

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