Politik

Zockerei um die Schuldenbremse: SPD will für neue Waffenlieferungen an die Ukraine eine "besondere Notlage" erklären

Die SPD will noch vor der Bundestagswahl eine Entscheidung über neue Waffenlieferungen an die Ukraine im Wert von drei Milliarden Euro herbeiführen. Zur Finanzierung besteht sie jetzt auf ein Aussetzen der Schuldenbremse. Die FDP wirft Noch-Kanzler Scholz Erpressung vor. Um was geht es wirklich?
16.01.2025 09:33
Lesezeit: 2 min

Drei Milliarden Euro mehr für die Ukraine. Das wollen Grüne, FDP, Union und jetzt auch die SPD. Letztere aber nur unter einer Bedingung. Der Streit, an dem die Ampel zerbrach, ist zurück: Die SPD will noch vor der Bundestagswahl eine Entscheidung über neue Waffenlieferungen an die Ukraine im Wert von drei Milliarden Euro herbeiführen. Zur Finanzierung besteht sie aber auf ein Aussetzen der Schuldenbremse wegen einer besonderen Notlage. „Ich fordere die anderen Fraktionen auf, sich jetzt rasch zu diesem rechtlich zulässigen und notwendigen Schritt zu verhalten“, sagte Fraktionschef Rolf Mützenich der DPA. „Wir können noch vor der Bundestagswahl hierzu entscheiden.“

Scholz fordert: Einige müssen über ihren Schatten springen

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte diesen Vorschlag bereits in den Ampel-Verhandlungen über den Haushalt 2025 gemacht, an denen die Koalition dann aber letztlich zerbrach. Am Mittwoch hatte er in einem RTL-Interview gesagt, dass er weiter zu seinem Vorschlag stehe. „Ich würde auch jetzt das noch beschließen, wenn alle mitmachen bei einem Beschluss: Wir finanzieren das extra über Kredite.“ Aber dann müssten „einige über ihren Schatten springen“, sagte der Kanzler.

Buschmann wirft Scholz Erpressung vor

FDP-Generalsekretär Marco Buschmann machte allerdings prompt klar, dass das für seine Partei nicht infrage komme. Er warf Scholz Erpressung des Bundestags vor. „Scholz ging es nie um die Ukraine. Es ging ihm immer um die Aussetzung der Schuldenbremse“, schrieb Buschmann auf X. „Die will er nun wg 3 Mrd EUR vom Bundestag erpressen und droht, dass die Ukraine sonst leer ausgeht.“ Das sei „krass“ und gegen das Grundgesetz.

FDP und Grüne wollen „außerplanmäßige Ausgabe“

Die FDP hat sich wie auch die Grünen für die zusätzlichen Ukraine-Hilfen ausgesprochen. Beide wollen sie aber nicht über neue Schulden, sondern über eine „außerplanmäßige Ausgabe“ finanzieren. Diese wäre nach Artikel 112 des Grundgesetzes aber nur unter einer Bedingung möglich: „Sie darf nur im Falle eines unvorhergesehenen und unabweisbaren Bedürfnisses erteilt werden." Ein Beispiel für eine solche Ausgabe waren 2013 Soforthilfen für Flutopfer nach schweren Überflutungen in Teilen Deutschlands.

Mützenich warnt vor Kürzungen bei Familie und Renten

Mützenich warnte vor einer solchen Finanzierung. „Überplanmäßige Mittel gehen immer zulasten anderer Bereiche im Haushalt, wie die Ausgaben für Familie, für Investitionen oder für die Rente“, sagte er. Der Kanzler habe daher recht, wenn er stattdessen einen sogenannten „Überschreitungsbeschluss“ zum Aussetzen der Schuldenbremse befürworte. „Ohnehin können nach dem Amtsantritt von Donald Trump neue Herausforderungen auf uns zukommen“, sagte der SPD-Fraktionschef.

Die USA sind der größte Geber der Ukraine und es ist unklar, ob Trump nach seiner Vereidigung als US-Präsident am 20. Januar die massiven Hilfen aufrechterhält. Falls nicht, könnte auf Deutschland als zweitgrößter Geber eine größere Last bei der Unterstützung des von Russland angegriffenen Landes zukommen.

Auch Union will neue Milliarden-Hilfen

Auch die Union hat sich für neue Milliarden-Hilfen noch vor der Wahl ausgesprochen. „Wir sind bereit, aber der Kanzler muss schon wissen, was er will“, hatte der CDU-Außenpolitiker Johann Wadephul am Dienstag im ARD-Morgenmagazin gesagt. Zur Finanzierung gibt es aber noch keine klare Aussage der CDU/CSU.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Kurs: Zinssignale aus Japan belasten Stimmung am Kryptomarkt – wie es weitergeht
07.12.2025

Der Bitcoin-Kurs steht erneut im Mittelpunkt der Marktdebatten, da globale Zinssignale und eine wachsende Verunsicherung unter Anlegern die...

DWN
Technologie
Technologie Social Media im Umbruch: KI verdrängt persönliche Beiträge immer mehr
07.12.2025

Die sozialen Netzwerke verändern sich rasant, während persönliche Beiträge seltener werden und KI-Inhalte die Feeds bestimmen. Welche...

DWN
Finanzen
Finanzen Nvidia-Aktie: Weshalb selbst starke Zahlen ein strukturelles Problem nicht lösen
07.12.2025

Die Nvidia-Aktie glänzt mit beeindruckenden Ergebnissen, doch Anleger übersehen oft ein zentrales Risiko. Die enorme Größe des Konzerns...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Mautkosten in Europa steigen: Wie sich Speditionen jetzt Wettbewerbsvorteile sichern
07.12.2025

Trotz wachsender Belastungen im europäischen Transportsektor zeigt sich immer deutlicher, dass Mautgebühren weit mehr sind als ein...

DWN
Panorama
Panorama Weihnachten mit kleinerem Budget: Viele Menschen müssen bei Weihnachtsgeschenken sparen
07.12.2025

Weihnachten rückt näher, doch viele Haushalte kalkulieren strenger als je zuvor. Eine neue Umfrage zeigt, wie stark Preissteigerungen die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft OpenAI-Bilanz: Deloitte prüft Milliardenpläne und Michael Burry entfacht Debatte
07.12.2025

OpenAIs rasanter Aufstieg und die enormen Investitionspläne des Unternehmens rücken die Transparenz der OpenAI-Bilanz in den Mittelpunkt....

DWN
Politik
Politik Elektromobilitätssteuer Großbritannien: Wie London die E-Auto-Revolution abbremst
07.12.2025

Großbritannien setzt mit einer kilometerbasierten Abgabe ein hartes Signal an alle E-Autofahrer und stellt die finanzielle Logik der...

DWN
Politik
Politik Russlands Desinformationskampagnen: Wie Europa gegen Putins Trolle kämpft
06.12.2025

Europe wird zunehmend Ziel digitaler Einflussoperationen, die gesellschaftliche Stabilität, politische Prozesse und wirtschaftliche...