Unternehmen

Startups: Deutschland nicht attraktiv für Unicorns - nur die Hälfte würde wieder in Deutschland gründen

Viel Bürokratie und Defizite bei der Digitalisierung: Viele Gründer von Unicorns, also Startups mit einer Bewertung von über einer Milliarde Euro, sehen den Standort Deutschland kritisch. Sie würden sich rückblickend fürs Ausland entscheiden. Diese Skepsis könnte weitreichende Folgen für die Innovationskraft des Landes haben.
20.01.2025 05:57
Aktualisiert: 01.01.2030 09:00
Lesezeit: 2 min

Startups: Deutschland würden Unicorns zur Gründung nicht mehr wählen

In der deutschen Startup-Szene herrscht Unzufriedenheit. Die Startups stehen vor Herausforderungen, die von den Gründern selbst als ernstzunehmend eingestuft werden. Eine Umfrage des Digitalverbands Bitkom hat ergeben, dass nur 47 Prozent der Gründer von milliardenschweren Startups, sogenannten Einhörnern oder Unicorns, erneut in Deutschland gründen würden. Diese Zahl ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass die Rahmenbedingungen für Startups in Deutschland nicht optimal sind.

Unicorns stehen für technologischen Fortschritt, wirtschaftliche Dynamik und inspirierende Erfolgsgeschichten. Denn sie setzen neue Standards in ihren Branchen, schaffen Arbeitsplätze und inspirieren mit ihren Geschichten eine neue Generation von Gründern. Doch wie schauen Unicorns auf den Tech-Standort Deutschland und was fordern sie für die neue Legislatur?

Bitkom-Umfrage: Nur die Hälfte würde wieder in Deutschland gründen

Das zeigt eine Umfrage des Digitalverbands Bitkom: Knapp ein Viertel (24 Prozent) würde sich demnach für die USA entscheiden, 12 Prozent für ein anderes EU-Land und ebenfalls 12 Prozent würde anderswo auf der Welt gründen. „Gründerinnen und Gründer sind Berufsoptimisten, ihre kritischen Einschätzungen zum Start-up-Standort Deutschland müssen aufhorchen lassen“, sagt Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst.

An der Umfrage zum Bitkom Unicorn Report 2025 haben 17 Gründern von deutschen Unicorns, die noch im Management aktiv sind, teilgenommen. Unicorns sind nicht-börsennotierte Start-ups, die mit mindestens einer Milliarde Euro bewertet werden. Aktuell gibt es laut der Angaben 27 solcher Firmen in Deutschland.

Forderung nach Bürokratieabbau und echten EU-Binnenmarkt

Wichtigste Forderung der befragten Gründer sind demnach ein umfassender Bürokratieabbau (76 Prozent). 41 Prozent wollen eine weitere Harmonisierung des EU-Binnenmarkts, um leichter in neue Märkte einzutreten. 35 Prozent wünschen sich komplett digitalisierte Visaverfahren, um einfacher ausländische Fachkräfte von außerhalb der EU gewinnen zu können.

Startup-Verband: „Start-ups müssen Chefsache werden“

Der Startup-Verband forderte wenige Wochen vor der Bundestagswahl, die nächste Bundesregierung müsse schnell eine neue Strategie mit klaren Zielen für die Gründerbranche vorlegen. „Start-ups müssen Chefsache werden“, sagte die Vorstandsvorsitzende Verena Pausder. Die Digitalisierung der Verwaltung müsse Priorität bekommen und Unternehmensausgründungen aus Forschung und Hochschulen sollten beschleunigt werden.

Der Verband schlägt zudem eine Selbstverpflichtung der Hochschulen vor, mindestens ein Prozent ihres Budgets für Ausgründungen zu nutzen. „Gerade die Chancen für Ausgründungen aus unserer Weltklasse-Forschung müssen wir besser nutzen“, sagt Pausder.

Startup-Verband: Wir brauchen eine „Startup-Strategie 2.0“

Zudem brauche es Anreize, damit mehr Geld von Großanlegern in Wagniskapital fließe. Denn anfangs verfügen Startup-Unternehmen meist über ein geringes Startkapital, weshalb sie auf eine frühe Ausweitung ihrer Geschäfte, auf Venture-Capital oder weitere Finanzierungsquellen angewiesen sind. Ziel müsse es bleiben, Weichen für eine „Startup Nation Germany“ zu stellen. Dafür braucht es mehr Digitalisierung und wenige Bürokratie. Beides müsse mit einem „Top-Down-Ansatz“ verfolgt werden. Und als ganz konkreter Vorschlag für den Startup-Kosmos: der Verband fordert einen „One-Stop-Shop für Gründungen“. Kurz OSS: Das Verfahren vereinfacht den innereuropäischen Handel, indem alle bürokratischen Schritte zur Erreichung eines Zieles an einer einzigen Stelle erledigt werden können.

Fazit: Die Umfrageergebnisse sollten ein Weckruf für die deutsche Politik und Wirtschaft sein, wenn Deutschland nicht auch noch seine Position als attraktiver Standort für Startups verlieren will. Nur so kann das Land zukünftig im internationalen Wettbewerb bestehen und zu neuer Innovationskraft finden. Laut dem Deutschen Startup Monitor sind Startups jünger als 10 Jahre, haben ein geplantes Mitarbeiter- und/ oder Umsatzwachstum und sind mit ihren Technologien, Geschäftsmodellen, Produkten oder Dienstleistungen (hoch) innovativ.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

 

 

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

Mirell Bellmann

Mirell Bellmann schreibt als Redakteurin bei den DWN über Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Zuvor arbeitete sie für Servus TV und den Deutschen Bundestag.

DWN
Finanzen
Finanzen Wall Street kapituliert vor Krypto: Coinbase knackt den S&P 500
28.05.2025

Bitcoin steigt, Coinbase stürmt in den S&P 500 – und die Wall Street macht plötzlich auf Krypto. Doch ist das der Durchbruch oder nur...

DWN
Politik
Politik Grönland stellt den Westen kalt: "China wartet schon"
28.05.2025

Grönland droht dem Westen offen mit einem Schulterschluss mit China – aus Frust über mangelnde Investitionen in seine Rohstoffe. Der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Tesla stürzt ab, China übernimmt – Litauen wird zum Diesel-Paradies Europas
28.05.2025

Während Tesla in Europa dramatisch Marktanteile verliert und chinesische Hersteller wie BYD das Steuer übernehmen, feiert Litauen ein...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Nur schwache Frühjahrsbelebung auf dem Arbeitsmarkt
28.05.2025

Die Frühjahrsbelebung am deutschen Arbeitsmarkt ist in diesem Jahr fast ausgeblieben – trotz saisonaler Impulse. Fachkräftemangel,...

DWN
Politik
Politik Deutschlands Milliarden-Trick: Subventionen trotz EU-Verbot?
28.05.2025

Berlin will energieintensive Konzerne mit Milliarden entlasten – und pfeift dabei auf EU-Regeln. Ist das wirtschaftliche Notwehr oder ein...

DWN
Immobilien
Immobilien Vorsicht vor Trickbetrügern: So schützen sich Wohnungssuchende vor Mietbetrug
28.05.2025

Der deutsche Wohnungsmarkt ist angespannter denn je. Das zieht Opportunisten an, welche die verzweifelte Suche nach Mietwohnungen...

DWN
Finanzen
Finanzen Rentenversicherung gegen Einmalbeitrag: Lohnt sich eine Sofortrente?
28.05.2025

Immer mehr Menschen sorgen sich darum, ob das aktuelle deutsche Rentensystem in Zukunft überhaupt noch tragbar ist. Fest steht: Die...

DWN
Politik
Politik Kiew darf zuschlagen: Merz gibt grünes Licht für Angriffe auf Russland
28.05.2025

Westliche Zurückhaltung war gestern: Deutschland, Frankreich, die USA und Großbritannien erlauben der Ukraine nun den Einsatz gelieferter...