Anmeldung einer Wohnung: Nur gegen Sex?
Wenn man den Sprechern der Initiative „Anmeldung für alle“ Glauben schenken mag, ist es inzwischen schon soweit, dass in den Großstädten Deutschlands „Sex gegen Anmeldung“ getauscht werden. Soll heißen: Manch fragwürdiger Vermieter versucht, die Verzweiflung Zugezogener oder Flüchtlinge am hiesigen Wohnungsmarkt auszunutzen und den verzweifelten Wohnungssuchenden ungebührliche Gefälligkeiten abzupressen.
Wenn das stimmt, ist die Lage in Städten wie Berlin oder Hamburg noch schlimmer, als ohnehin schon befürchtet. Es entlarvt das Versagen der Politik, das womöglich größte soziale Problem im Land zu lösen. Dass mit der Forderung nach unbürokratischen Anmeldungen von Wohnsitzen das Problem gelöst wird, ist freilich nicht anzunehmen. Es droht nur die nächste Unordnung, die das „Tohuwabohu“ am hiesigen Immobilienmarkt noch verschlimmert und dem Zuzug Illegaler sogar noch erleichtert.
Warum polizeiliche Anmeldung und Wohnsitz so wichtig sind und das für viele zum Problem wird
Die Meldebestätigung braucht man für einen Arbeitsvertrag, Krankenversicherung und beinahe jede Art Leistung von Ämtern. Tatsächlich ist es eines der ersten Wörter, die Migranten bei ihrer Wohnungssuche in ihren rudimentären Wortschatz der deutschen Sprache integrieren. „Ist Anmeldung möglich“, fragt Elvira Flores aus Argentinien bei der Besichtigung eines möblieren Zimmers in Berlin. Erstaunlich, wie viele Absagen, die junge Studentin sich bereits abgeholt hat von vermeintlichen Vermietern. Denn beim Kleingedruckten trennt sich - wie so oft im Leben - die Spreu vom Weizen. Denn Zimmer vermieten sehr viele, um ihren Lebensunterhalt aufzubessern. Nicht selten allerdings ohne Genehmigung ihres Vermieters bzw. des Hauseigentümers. Der müsste dem Ansinnen nämlich erst formell zustimmen. Schert sich der Hauptmieter darum nicht, gefährdet er seinen Mietvertrag. Der Missbrauch rechtfertigt sogar die fristlose Kündigung. Da hilft auch kein Berliner Mieterverein und nicht die Arag-Rechtsschutzversicherung.
Entsprechend eiern die Gelegenheitsvermieter dann meist herum. "Nein, das mit der Anmeldung geht nicht (so gut)“ - es werden regelmäßig fadenscheinige Gründe vorgeschoben. Und Ausflüchte gemacht. Wer nur auf der Durchreise ist, dem man das egal sein. Aber ohne Anmeldung gefährden Arbeitskräfte etwa aus Südamerika (trotz ihres im Heimatland völlig korrekt ausgestellten Visums) ihren Aufenthaltsstatus. Die polizeiliche Verpflichtung zur Anmeldung an einem Wohnort ist eine der wenigen unmittelbaren Pflichten - was oftmals nicht einmal den eigenen Bürgern im Land so richtig bewusst ist. Das Meldewesen ist eines der Grundprinzipien unseres Staates.
Wer sich wann und wo mit Wohnsitz melden muss - die Wohnungsgeber-Bescheinigung
In Deutschland gilt für jeden Einwohner die Pflicht, den jeweiligen Wohnsitz anzumelden. Dabei spielt es keine Rolle, welche Staatsangehörigkeit vorliegt - diese gilt für Deutsche wie Ausländer gleichermaßen. Die Anmeldung erfolgt bei der örtlichen Meldestelle oder dem Bürgeramt der Gemeinde, die dafür zuständig ist. Wenn jemand in Deutschland ein Bankkonto eröffnen möchte, oder einen Telefonanschluss, ein Handyvertrag oder einen Internetzugang beantragt, ist dafür in der Regel die Meldebestätigung erforderlich.
Wer zuzieht, egal ob es um einen Ummeldung innerhalb Deutschlands geht oder um einen Umzug aus dem Ausland, hat eine Frist von 14 Tagen, in der die Registrierung erfolgen muss. Dies kann nicht im Voraus vorgenommen werden. Grundvoraussetzung ist ein Mietvertrag und vor allem eine sogenannte Wohnungsgeber-Bestätigung. Die erhält man auf Nachfrage vom Vermieter des Zimmers oder der Wohnung. Untermieter sind dazu in der Regel nicht berechtigt - wer in der Sache unsicher ist, sollte dies bei Besichtigung oder dem Vertragsabschluss offen ansprechen. Das genaue Datum des Einzugs wird in dem Formular angegeben - den Mietvertrag muss man gleichfalls mitbringen und der Meldestelle vorlegen.
Meldegesetz: Die rechtliche Grundlage für die Anmeldung der Wohnung
Die Meldepflicht des Wohnsitzes ist fest in Paragraph 17 des deutschen Bundesmeldegesetzes verankert. Der gemeldete Wohnsitz wird normalerweise auch im Ausweis vermerkt - bei Aufstellung des Personalausweises oder von Amtswegen mittels eines Aufklebers. Ausländer sollten ihre mit Stempel beglaubigte Meldebescheinigung mit ihm Reisepass und Aufenthaltstitel mitführen. Hintergrund der gesetzlichen Pflicht ist die Vermeidung von Scheinanmeldungen. Damit erhoffen sich die Bundesländer, unterschiedliche Formen der Kriminalität verhindern zu können. Auch wenn die Meldung heutzutage bei den Bürgerämtern in den jeweiligen 16 Bundesländern vorgenommen wird, ist häufig umgangssprachlich immer noch von der polizeilichen Anmeldung die Rede.
Was Antragsteller beim Bürgeramt vorlegen müssen
- Um einen Wohnsitz in Deutschland anzumelden, benötigst man folgende Dokumente, um sie im Einwohnermeldeamt vorzulegen: Personalausweis und/oder Reisepass - gegebenenfalls samt Visum, das zum Aufenthalt in Deutschland berechtigt.
- Die vom Hauseigentümer oder dem Wohnungsvermieter ausgefüllte und unterschriebene Wohnungsgeber-Bestätigung. Der Vermieter druckt die Vorlage zumeist aus dem Internet aus, um sie auszufüllen und mit den persönlichen Angaben des Mieters auszufüllen. Die Wohnungsgeber-Bescheinigung erhält den Namen sowie die Anschrift des Wohnungsgebers. Das genaue Einzugsdatum und die konkrete Anschrift der Wohnung. Zudem ist noch anzugeben, ob sich um einen Ein- oder Auszug handelt bzw. um eine Ummeldung innerhalb der Stadt/Gemeinde bzw. von einem Bundesland in ein anderes.
- Um sich anzumelden, gibt es in vielen Kommunen mittlerweile zwei Möglichkeiten: Entweder ist ein Anmeldeformular der Gemeinde oder Stadtverwaltung online herunterzuladen und auszufüllen, um in der Behörde beim Ausfüllen Zeit zu sparen. Einige Städten bieten unterdessen ihren Bürgern die Möglichkeit, sich elektronisch - also online - anzumelden.
- Unter Umständen möchte die Meldestelle auch eine Eheurkunde oder Geburtsurkunden von Kindern im Original Shen und ggf. eine amtliche Übersetzung der Dokumente.
- Wenn dieser Vorgang abgeschlossen ist, können sich aus dem Ausland Zuziehende um ihre Aufenthaltserlaubnis kümmern und diese persönlich beantragen.
Mit welchen Kosten oder Gebühren ist die Wohnsitzanmeldung verbunden?
In der Regel sollte der Vorgang beim Einwohnermeldeamt nichts kosten. Trotzdem kann es vorkommen, dass eine Stadt oder Gemeinde für den Verwaltungsaufwand eine minimale Gebühr erhebt - mehr als zehn Euro sollte es wohl nicht kosten, das wäre sonst unverhältnismäßig. Anders sieht die Sache bei Aufenthaltstiteln der Ausländerbehörde vor. Hierbei liegt der Gebührensatz bei derzeit 110 Euro.
Tücken der Anmeldung: Rundfunkgebühren für ARD ZDF und Deutschlandradio - sowie der Zensus
Eine handfeste Folge einer polizeilichen Anmeldung ist, dass jeder Bürger (oder amtlich registrierte Bewohner) schon recht bald Post vom Beitragsservice von ARD ZDF und Deutschlandradio - der früheren sogenannten Gebühreneinzugszentrale (GEZ). Jeder, der in Deutschland eine Wohnung unterhält ist von Rechtswegen verpflichtet, sich mit einer monatlichen Gebühr an der öffentlich-rechtlichen Rundfunk-Versorgung im Lande zu beteiligen.
Der Beitrag wird einmal im Monat fällig, ganz egal, ob man wirklich rundfunkfähiges Gerät wie Radio oder Fernseher besitzt. Auch Computer gelten, da sie online am Rundfunk teilnehmen können. Entscheidend ist die Wohnung - egal wieviele Bewohner oder Mieter sie sich teilen. Die Gebühr ist für jede Wohnung jeweils nur einmal fällig. Notfalls müssen Neuankömmlinge von ihren Mitbewohnern die Mitgliedsnummer und den beim Beitragsservice hinterlegten Namen des Mieters in Erfahrung bringen. Was dann sinnigerweise auf eine Teilung der Gebühren unter den Mietern hinauslaufen sollte. Die Personenanzahl des Haushalts spielt für die Bemessung des Rundfunkbeitrages keine Rolle. Die Anfrage des Beitragsdienstes sollte freilich in jedem Fall schnellstmöglich beantwortet werden, um etwaige Erinnerungen oder gar Mahnungen zu verhindern.
Wenn der Zensus alle Jubeljahre für Überraschungen sorgt - und Meldedaten nicht mehr stimmen
Eine weitere Überraschung droht alle Jubeljahre, wenn wieder mal die Statistiker den Deutschland-Zensus durchführen, um herauszufinden, wie viele Bürger eigentlich wo wohnen und leben. Davon hängt zum Beispiel für die Bundesländer und Kommunen ganz entschieden die Verteilung der Steuereinnahmen und Haushaltsführung ab.
Aufgrund der Corona-Pandemie musste der Zensus in das Jahr 2022 verschoben werden. In Städten in Berlin haben sich bei der Erhebung geradezu Dramen abgespielt. Denn gerade ausländische Mitbürger wussten oftmals nicht, dass sie zur Teilnahme an der Befragung verpflichtet sind, weil ihr Haus zu den auserwählten Adressen des Zensus zählte.
Mitwirkungspflicht: Warum Vermieter nicht leichtfertig Bestätigungen aushändigen sollten
Immer wieder für Überraschungen sorgt dabei, wie viele „Karteileichen“ sich im jeweiligen Melderegister verstecken. Von Personen etwa, die längst wieder in ihre Heimatländer zurückgezogen sind, sich allerdings nicht ordnungsgemäß abgemeldet haben bei den deutschen Meldestellen. Die Quittung für Berlin war deshalb, ein deutlich verringertes Aufkommen an den Steuereinnahmen und an finanziellen Zuweisungen aus dem Länderfinanzausgleich.
Vermieter und Hauseigentümer sind von Gesetzgeber verpflichtet worden, ihren Beitrag zu einem ordentlichen Melderegister zu leisten. Die Rede ist von der Mitwirkungspflicht, auf korrekte Anmeldung zu sorgen und Mieter, die aus- oder wegziehen, zu einer Abmeldung zu zwingen und ggf. ein Miet-Deponat erst nach Vorlage der abgestempelten Abmeldebescheinigung auszuhändigen.
Zu viel Bürokratie? Warum die gute Ordnung plötzlich auf den Kopf gestellt wird
Aktivsten der Initiative „Anmeldung für alle“ argumentieren, dass Flüchtlinge, Migranten und Arbeitskräfte aus dem Ausland häufig unverschuldet „auf bürokratische Hindernisse stoßen“ oder gar „in einem Teufelskreis gefangen“ sind, der ihnen die Möglichkeit nimmt, am Leben an ihrem neuen Wohnort teilzuhaben. In manch Annoncen ist es die Mitteilung „Anmeldung not possible“ regelrecht zu einem geflügelten Wort geworden. Als Running Gag macht es in sozialen Netzwerken die und - ist es aber mitnichten.
Nicht nur der Zensus von 2022 hat wieder einmal unter Beweis gestellt, dass niemand so recht weiß, wie „wie viele Menschen in Berlin wirklich leben“. Oder umgekehrt: Die Ordnungsämter und Polizei haben längst den Überblick verloren, wer sich da - wahrscheinlich alles illegal - im Land auffällt. Verhältnisse, wie sie in den USA gerade Donald Trump zur Macht verholfen haben, weil die Bürger dort die Hoffnung in eine vernünftige Verwaltung aufgegeben haben.
Das Bündnis „Anmeldung für alle“: Was es fordert und wo die Probleme liegen
Das Bündnis „Anmeldung für alle“ fordert deshalb, dass der Berliner Senat das Problem unverzüglich angeht und eine Liberalisierung vornimmt. Die unorthodoxe Idee der Aktivisten lautet: Die Stadt soll einen Träger installieren, bei dem sich jeder anmelden kann. Immigranten halten die Meldebescheinigung gar „für ein deutsches Problem“.
Lucio Piccoli von der Organisation Ciudad Migrante - zu deutsch: Migrantentenstadt - kritisierte, dass das Dokument in anderen Ländern nicht für dermaßen viele Anforderungen und Behördengänge erforderlich sei. Das neue Bündnis für die Jedermann-Anmeldung will die Meldebescheinigung nicht abschaffen, sondern erleichtern. Es wird vielmehr „Entkriminalisierung der Scheinanmeldungen“, gefordert. Unterstützung hält die Initiative vom Berliner Flüchtlingsrat. Dort berichtet man von dem Phänomen, dass Migranten häufig in ihrer Erstaubnahmeeinrichtung oder ihrem Wohnheim gemeldet bleiben, obwohl sie für sich längst eine Wohnung gefunden haben.
Gut möglich jedoch, dass es sich um unzulässige Verträge handelt. Wenn wenn ein vermeintlicher Vermieter nicht bereit ist, die nötige Wohnungsgeberbescheinigung auszustellen, deutet dies nicht selten aus einen Missbrauch der Wohnung hin. Wahrscheinlich möchte der Mieter partout verhindern, dass der Eigentümer den Braten riecht und das womöglich sehr günstige Mietverhältnis aufkündigt. Als typisch Berliner Mischung gilt heutzutage, wenn Mieter ihre Untermieter ausbeuten und sich auf Eigentümerkosten gesundstoßen.
Ein anderer Catch 22 ist, wenn Vermieter behaupten, dass man eine Wohnung gar nicht ohne einen ordentlichen Arbeitsvertrag in Deutschland anmieten dürfe. Freilich sind dies vorgeschobene Argumente und Falschbehauptungen. Generell ist nicht nur möglich, einen Arbeitsvertrag auch ohne Anmeldung zu bekommen. Der Engpass ist das Arbeitsverhältnis mit Steuer-Identitätsnummer und einer Sozialversicherungsnummer zu legalisieren. Spätestens drei Monate nach Antritt der Stelle müssen diese beim Arbeitgeber nachgereicht werden. Ohne Anmeldung wird dies aber nichts. Insofern kommt es dann doch darauf an, endlich einen Wohnsitz zu finden - ein Bett allein reicht nicht. Weil Migranten als Arbeitskräfte anfänglich noch mit Sprachproblemen zu tun haben und auch die hiesige Bürokratie nicht einschätzen können, kommt es mitunter zu ausbeuterischen Übergriffen. Ob das mit dem Sex für eine Anmeldung stimmt, möchte man sich gar nicht vorstellen.