Politik

Wahlprogramme 2025 Vergleich: Wirtschaftspolitik - darauf setzen Union, AfD und FDP

Haben sie eine Vision und vor allem das fachliche Knowhow, die wirtschaftliche Dauerkrise im Land zu überwinden? Was die Wirtschaftsprogramme der bürgerlich-konservativen Parteien Union, AfD und FDP zur Bundestagswahl 2025 versprechen, um die Konjunktur wieder anzukurbeln.
13.02.2025 07:38
Aktualisiert: 01.01.2030 09:00
Lesezeit: 5 min
Wahlprogramme 2025 Vergleich: Wirtschaftspolitik - darauf setzen Union, AfD und FDP
Deutschland 2025: Stellenabbau, Firmenpleiten, Standortschließungen und Abwanderung ins Ausland: Die Wirtschaft steckt in einer schweren Krise. Welche Partei hat das beste Aufbauprogramm? (Foto: dpa)

Stellenabbau, Firmenpleiten, Standortschließungen oder Abwanderung ins Ausland: Die deutsche Wirtschaft steckt in einer schweren Krise und bricht derzeit Negativrekorde. Die Wirtschaftsleistung ist 2024 auf den Stand von 2019 zurückgefallen– es ist die längste Stagnationsphase der deutschen Nachkriegsgeschichte. Welche Partei hat 2025 das richtige Wahlprogramm, um die deutsche Wirtschaft wieder anzukurbeln?

Bundestagswahl 2025 Vergleich: Wirtschaftspolitik - Deutschland braucht eine Wirtschaftswende

Wegen hoher Energiepreise, Überregulierung, geopolitischer Spannungen und drohender Handelskriege ist die Unsicherheit bei Unternehmen weiterhin groß. Eines scheint aber sicher: Der nächste Bundeskanzler wird in einem Jahr auf eine wirtschaftliche Erholung verweisen können. Denn die prognostizieren zumindest alle großen Forschungsinstitute, unabhängig davon, wer die Neuwahlen gewinnt. Wachstumsstützen sollen der private Konsum und die Staatsausgaben sein – letztere hängen allerdings stark von einer Reform der Schuldenbremse ab.

Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger sieht Chancen auf eine wirtschaftliche Trendwende in Deutschland. Dafür müsse die neue Bundesregierung schnell handeln, sagte Dulger. Es brauche „Veränderungen in den sozialen Sicherungssystemen“. Überflüssige Bürokratie gehöre ausgesetzt und dann endgültig abgeschafft. „Das würde zum Nulltarif ein nicht unerhebliches Wirtschaftswachstum auslösen.“

Bürokratie, Energiekosten, Schuldenbremse: Was Union, AfD und FDP für die Wirtschaft planen

Die drei bürgerlich-konservativen Parteien der Bundestagswahl 2025 sind die Union (CDU/CSU), die Alternative für Deutschland (AfD) und die Freien Demokraten (FDP). Lesen Sie kurz zusammengefasst, wie die Wirtschaftsprogramme in Einzelnen aussehen und ob die Maßnahmen Potenzial für ein neues Wirtschaftswunder haben:

FDP: weniger Schulden und Steuersenkungen

Die FDP hat sich eine liberale Wirtschaftsordnung, mehr Freiheit, weniger Staat und niedrigere Steuern seit jeher auf die gelben Fahnen geschrieben. Im FDP-Regierungsprogramm zur Bundestagswahl 2025 („Alles lässt sich ändern“) steht in puncto Wirtschaft das Folgende:

Schuldenbremse:

  • Einhaltung der Schuldenbremse
  • Keine europäische Schuldenunion (Vergemeinschaftung der Schulden aller EU-Länder)

Bürokratieabbau:

  • Dreijähriges Moratorium für neue bürokratische Belastungen
  • Einführung eines Jahresbürokratieentlastungsgesetzes
  • Bürokratiebremse im Grundgesetz, um überflüssige Vorschriften zu vermeiden
  • Vereinfachung des Vergaberechts und Digitalisierung von Verwaltungsprozessen

Steuerreform:

  • Abschaffung des Solidaritätszuschlags
  • Senkung der Unternehmenssteuerbelastung auf unter 25 Prozent (aktuell bei 30 Prozent)
  • Spitzensteuersatz nicht mehr ab einem Jahreseinkommen von 68.000 Euro, sondern erst ab 96.600 Euro
  • Abbau der kalten Progression
  • Steuerfreibetrag für die erste selbstgenutzte Immobilie
  • Keine Vermögensteuern, keine Vermögensabgaben
  • Einheitlicher Umsatzsteuersatz von 7 Prozent auf Speisen in der Gastronomie, egal ob vor Ort oder zum Mitnehmen

Energiepolitik:

  • Reduktion von Stromsteuern
  • Reform der Netzentgelte
  • Rücknahme des Heizungsgesetzes
  • Drastische Senkung der Energiebesteuerung, kein Anschlusszwang für Fernwärmenetze
  • Rückkehr zur Kernenergie durch Kernfusion und neue Generationen von Kernkraftwerken

Arbeitsmarktmodernisierung:

  • Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes mit wöchentlicher statt täglicher Höchstarbeitszeit
  • Reform der Hinzuverdienstregelungen, um Arbeit attraktiver zu machen
  • Förderung von Selbstständigen durch eine flexiblere Altersvorsorge und Abbau von Statusfeststellungsverfahren
  • Modernisierung des Streikrechts in kritischen Bereichen (z. B. in der Gesundheitsversorgung)

Infrastruktur:

  • Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren für Bauprojekte
  • Halbierung der Planungs- und Genehmigungszeiten
  • Förderung von technologieoffener Mobilität, einschließlich alternativer Kraftstoffe wie E-Fuels
  • Digitalisierung der Verkehrs- und Mobilitätsinfrastruktur
  • Abbau der Bahn-Monopolstellung durch mehr Wettbewerb auf der Schiene

Zusammenfassung: Die FDP kann Wirtschaft, doch kann sie Vertrauen zurückgewinnen?

Die Einhaltung der Schuldenbremse würde dafür sorgen, dass die unproduktiven Ausgaben für Bürgergeld, Flüchtlinge und Renten nicht von den jungen Menschen von morgen getragen werden müssen. Eine Senkung des Spitzensteuersatzes, die endgültige Abschaffung des Solidaritätsbeitrags, die Senkung von Stromsteuern und Netzentgelten sowie eine echte Beschleunigung von Genehmigungsverfahren im Bauwesen würden Deutschland wieder wettbewerbsfähiger machen und das Wachstum ankurbeln.

Die kapitalgedeckte, gesetzliche Aktienrente – nach dem Vorbild der schwedischen Prämienrente – wäre eine zukunftsweisende und dringend notwendige Reform der privaten Altersvorsorge, um das Rentensystem langfristig sicher finanzieren zu können. Doch damit auch die Bürger ihrer Bedenken ablegen und die Vorteile sehen, muss die FDP noch mehr Überzeugungsarbeit zu leisten.

CDU: weniger Bürokratie und mehr erneuerbare Energie

Trotz der verlorenen 16 Merkel-Jahre gilt die CDU/CSU immer noch als kompetent in Sachen Wirtschaft. Auch den Christdemokraten ist klar, dass Deutschland tief in der Krise steckt, und auch sie wissen, dass echte Reformen notwendig sind. „Leistung muss sich wieder lohnen“ – das ist ihr Programm:

Schuldenbremse:

  • Einhaltung der Schuldenbremse durch Subventionsabbau und effizientere Staatsausgaben
  • Wachstumsorientierte Maßnahmen sollen höhere Steuereinnahmen sichern
  • Klare Absage an eine Haftung Deutschlands für EU-Schulden

Steuern und Bürokratie:

  • Unternehmenssteuer auf max. 25 Prozent begrenzen, Soli abschaffen
  • Bürokratieabbau durch „Entrümpelungsgesetze“ und schnellere Genehmigungen

Arbeitsmarkt und Fachkräfte:

  • Steuerfreie Überstunden, höhere Pendlerpauschale
  • Digitale „Work-and-Stay-Agentur“ für Fachkräfte aus dem Ausland

Energie und Klima:

  • Stromkosten senken durch reduzierte Steuern und Netzentgelte
  • Ausbau erneuerbarer Energien
  • Forschung zu Kerntechnologien
  • Abschaffung des Heizungsgesetzes

Renten und soziale Marktwirtschaft:

  • Keine Rentenkürzungen, keine Anhebung des Rentenalters
  • Einführung der „Frühstart-Rente“ mit staatlicher Förderung für Kinder
  • Keine Vermögenssteuer
  • Förderung von Wohneigentum und privater Altersvorsorge

Zusammenfassung: Abbau von Bürokratie, Steuerreform für Unternehmen, aber überzeugt die Energiepolitik?

Das Wirtschaftsprogramm von CDU/CSU liest sich über weite Strecken genauso wie das der FDP, aber die Christdemokraten legen einen klaren und sehr detaillierten Schwerpunkt auf den Abbau von Bürokratie und Berichtspflichten in Unternehmen. Sie wollen das deutsche Lieferkettengesetz einstampfen, die andauernden Datenerhebungen und Meldungen in den Unternehmen reduzieren und die vielen Beauftragten für Abfall, Brandschutz oder Sicherheit im Mittelstand abschaffen.

Genauso wichtig wie die Entrümpelung der Bürokratie sind die von CDU/CSU geplanten Steuerreformen für Unternehmen. Die Steuern auf einbehaltene Unternehmensgewinne sollen auf 25 Prozent gesenkt werden, der Rest-Soli abgeschafft und (gewinnmindernde) Turboabschreibungen auf Investitionen eingeführt werden. Auch wollen die Unionsparteien die Automobilindustrie als „Leitindustrie erhalten“ und das Verbrennerverbot rückgängig machen.

Doch wohin will die Union in Richtung Energie? Die Kernenergie betrachten sie weiterhin nur als „Option“. Die unerfüllbaren Pariser Klimaziele (Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad) will die Union einhalten und ein flächendeckendes teures Wasserstoffnetz einführen, für das es bisher keine Infrastruktur gibt.

AfD: mehr Wohneigentum, zurück zu Kohle und Atom

Die AfD wurde 2013 als wirtschaftsliberale Protestbewegung gegen die Euro-Rettungspolitik und die damit einhergehende de-facto-Schuldenunion durch die Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) gegründet. Sie hat einen starken marktliberalen Anspruch, wie das Wirtschaftsprogramm zeigt:

Schuldenbremse:

  • Einhaltung der Schuldenbremse
  • Verzicht auf neue EU-Schulden
  • Reduktion von ideologisch motivierten staatlichen Ausgaben

Bürokratieabbau:

  • Abschaffung von Lieferkettensorgfaltsgesetz und EU-Lieferkettenrichtlinie
  • Abschaffung des Verpackungsgesetzes
  • Abbau der Nachhaltigkeitsberichterstattung
  • Vereinfachung der Datenschutzgrundverordnung
  • Vereinfachung des Vergaberechts
  • Drastische Reduzierung von Vorschriften, Berichts- und Dokumentationspflichten für Mittelstand und Landwirte
  • Abschaffung des Rundfunkbeitrags (GEZ)
  • Abschaffung der DSGVO [Europäische Datenschutz-Grundverordnung]
  • Abschaffung des EU-Cybersecurity-Acts [EU-Verordnung zum Schutz von Systemen, Netzwerken, Geräten und Daten vor Angriffen aus dem Netz]

Energiepolitik:

  • Verlängerung der Laufzeiten der Kohlekraftwerke
  • Wiedereinstieg in die Nutzung der Kernenergie
  • Reparatur und Wiederinbetriebnahme der Nord-Stream-Pipeline
  • Aufhebung des Verbots von Gas- und Ölheizungen
  • Abschaffung der CO2-Abgabe
  • Reduzierung der Energiesteuer und Senkung der Stromsteuer auf das Minimum
  • Verhinderung immer höherer Netzentgelte durch Windenergie-Ausbaustopp
  • Aufhebung des Verbrennerverbots und der unerreichbaren Flottengrenzwerte

Steuerentlastung:

  • Senkung der Einkommensteuer durch einen deutlich höheren Grundfreibetrag
  • Senkung der Unternehmenssteuern auf ein international konkurrenzfähiges Niveau
  • Abschaffung des Solidaritätszuschlags
  • Wiedereinführung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes in der Gastronomie

Förderung von Wohneigentum:

  • Aufhebung von Grunderwerbsteuer für Selbstnutzer und Grundsteuer
  • Baurecht muss nationales Recht bleiben
  • Baurecht aus dem Erstellungszeitraum muss anwendbar bleiben

Zusammenfassung: Aktivierung Nord-Stream, EU-Bürokratie abbauen – wie realisitisch sind die Vorschläge?

Die AfD legt ein klar formuliertes Wirtschaftsprogramm vor, das sich in vielen Punkten von denen der FDP und CDU/CSU kaum unterscheidet – dafür deutlicher formuliert ist. Auch die AfD will die Schuldenbremse einhalten, die ausufernde Bürokratie abbauen (mit dem Schwerpunkt EU-Bürokratie), die Steuerlast mindern und die exorbitanten Energiepreise senken. Ihr Vorschlag, Wohneigentum wieder zu fördern, könnte auch für Wohlstand im Alter sorgen: Eigentum statt Miete, so bleibt mehr von der Rente übrig.

Doch ist die Energiepolitik auch realisierbar? Die Laufzeiten der Kohlekraftwerke ließen sich verlängern, aber ein Wiedereinstieg in die Kernenergie ist vermutlich unbezahlbar und die Wiederinbetriebnahme der Nord-Stream-Pipelines vor dem Ende des Ukraine-Krieges kaum denkbar.

Einordnung: Vergleicht man die Wahlprogramme der FDP, der Union und AfD dann wollen sie gemeinsam: Bürokratie abbauen, die Energiekosten senken und die Steuerlasten drücken – das sind die drei Hauptgründe für die Wachstumsschwäche der deutscher Unternehmen. Können diese Probleme gelöst werden, dann kann das Wirtschaftswachstum wieder wachsen - auch ohne die Aufhebung der Schuldenbremse oder die Einrichtung "ominöse" Sondervermögen. Auch wollen alle drei Parteien ein Ende des Verbrennerverbotes, die Abschaffung des Heizungsgesetzes und eine Modernisierung der Infrastruktur - was auch für den Bürger Entlastungen schaffen würde.

 

Mirell Bellmann

Mirell Bellmann schreibt als Redakteurin bei den DWN über Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Zuvor arbeitete sie für Servus TV und den Deutschen Bundestag.

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