Bundesweiter Rollout der elektronischen Patientenakte verschoben
Das geht aus einem Schreiben des Bundesgesundheitsministeriums BMG hervor, welches dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt. „Trotz aller Bemühungen und mit vollem Einsatz aller Beteiligten müssen wir aktuell mehr Zeit und Ressourcen für die Einführung und Stabilisierung der ePA in diesem Jahr einplanen“, heißt es darin.
So müsse sich die ePA zum einen in den Modellregionen bewähren, zum anderen müssten weitere technische Lösungen zur Erhöhung der Sicherheit in Abstimmung mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik BSI umgesetzt und abgeschlossen sein. Der Chaos Computer Club, eine Gruppe von digitalen Sicherheitsforschern, hatte Ende Dezember mitgeteilt, dass die digitale Infrastruktur der EPA eklatante Sicherheitslücken aufweise und somit gehackt werden könne. Die IT-Spezialisten warnten, dass die Daten von mehr als 70 Millionen Versicherten in Gefahr sein könnten.
Vor diesem Hintergrund sei von einer frühestmöglichen bundesweiten Nutzung durch die Leistungserbringenden Anfang des zweiten Quartals 2025 auszugehen.
ePA: Hauptkritikpunkt ist der Datenschutz
Der Hauptkritikpunkt bei der elektronischen Patientenakte ist das Thema Datenschutz, da persönliche Gesundheitsinformationen digital gespeichert werden. Die ePA ist zwar durch Sicherheitsvorkehrungen geschützt, allerdings besteht stets ein gewisses Restrisiko, dass Daten gestohlen oder missbraucht werden könnten.
Technische Fehler, eine langsame Internetverbindung oder Systemausfälle können das Abrufen der E-Patientenakte erschweren. Bei technischen Störungen könnten sensible Gesundheitsdaten, die Auskunft über den körperlichen, seelischen und geistigen Zustand geben, in die falschen Hände geraten.
Kein Beschlagnahmeverbot für ePA
Auch ist die ePA nicht gesetzlich im Paragraf „Beschlagnahmeverbot“ verankert – im Gegensatz zur elektronischen Gesundheitskarte. Ohne gesetzliche Sonderregelung könnte der Staat auf die E-Patientenakte zugreifen, denn bisher gibt es keine eindeutige Regel zum Schutz der ePA vor Zugriffen durch Strafverfolgungsbehörden.
Laut Bundesverfassungsgericht handelt es sich bei ärztlichen Angaben zur Beurteilung des Gesundheitszustandes um „höchstpersönliche Dinge“. Diese unterliegen dem Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Es soll Versicherte „vor der Erhebung und Weitergabe von Befunden über den Gesundheitszustand, die seelische Verfassung und den Charakter“ gegenüber öffentlichen Zugriffen schützen.
Elektronische Gesundheitskarte unterliegt Beschlagnahmeverbot
Die Strafprozessordnung (StPO) § 97 Beschlagnahmeverbote regelt, dass Gesundheitsinformationen über Patienten nicht ohne weiteres beschlagnahmt werden dürfen. Die Voraussetzung: Diese müssen sich „im Gewahrsam der zur Verweigerung des Zeugnisses Berechtigten“ befinden. Weil sich die elektronische Gesundheitskarte in der Regel jedoch nicht in Gewahrsam eines Arztes befindet, wurde ein GKV-Modernisierungsgesetz beschlossen. Da „sich Gesundheitsdaten in der Regel im Gewahrsam zeugnisverweigerungsberechtigter Ärzte“ befinden, würden sie laut Gesetz dem Beschlagnahmeschutz unterliegen.
Fazit: Es gab bereits Versuche, § 97 StPO anzupassen und durch die E-Patientenakte zu ergänzen. Doch bisher hält die Bundesregierung eine gesetzliche Sonderregelung für die elektronische Patientenakte für überflüssig. Da der bundesweite Start der Patientenakte sich auf frühestens April 2025 verschoben hat, existieren bislang noch keine Präzedenzfälle oder richterliche Entscheidungen.
Was ist die elektronische Patientenakte?
Die elektronische Patientenakte (ePA) ist ein digitaler Aktenordner für persönliche Gesundheitsdaten. Ärzte, Krankenhäuser, Therapeuten und medizinische Einrichtungen können medizinische Unterlagen einstellen und diese abrufen. Sie soll Doppeluntersuchungen vermeiden und den Arztwechsel einfacherer machen. Auch privat Versicherte können die ePA nutzen – sofern ihre Krankenkasse die Möglichkeit dazu anbietet.
Die ePA wurde für die Nutzung auf digitalen Endgeräten entwickelt: Gesundheitsdaten sollen über Laptop, Smartphone und PC abrufbar sein. Sie sollte ursprünglich am 15. Januar für alle gesetzlich Versicherten eingeführt werden, wenn kein Widerspruch bei der zuständigen Krankenkasse eingereicht wurde.
Der Widerspruch ist innerhalb von sechs Wochen, nachdem die Krankenkasse das Informationsschreiben verschickt hat, möglich. Die Kasse ist dabei auch verpflichtet, darüber zu informieren, wie der Widerspruch gemacht werden muss. Wer diese Frist nicht eingehalten hat, kann sich aber auch noch zu einem späteren Zeitpunkt gegen die ePA entscheiden. In diesem Fall muss dann die Krankenkasse die bereits erstellte Akte und alle Daten wieder löschen.