Politik

Bürokratie: Initiative benennt 30 Vorschläge für "Umbauten im Maschinenraum des Staates"

Mit viel Papierkram und trägen Entscheidungen gilt der deutsche Staat als mühsam. Eine Gruppe um die ehemaligen Bundesminister Steinbrück und de Maizière hat Ideen, wie es künftig besser laufen soll. Gerade rechtzeitig zu den Koalitionsverhandlungen.
15.03.2025 15:58
Lesezeit: 2 min
Bürokratie: Initiative benennt 30 Vorschläge für "Umbauten im Maschinenraum des Staates"
Rechtzeitig zu den Koalitionsverhandlungen in Berlin: Peer Steinbrück, Andreas Voßkuhle, ehemaliger Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Julia Jäkel, Medienmanagerin, und Thomas de Maizière stellen ihre Forderungen an einen effizienten Staat vor. (Foto: dpa) Foto: Michael Kappeler

Bundesweit einheitlich im Internet das Auto zulassen oder Kindergeld beantragen, weniger Papierkram für Handwerker, einheitlichere Standards in Schulen: Nach ihrem Appell für einen „handlungsfähigen Staat“ hat eine Initiative um die früheren Bundesminister Thomas de Maizière (CDU) und Peer Steinbrück (SPD) in Berlin 30 konkrete Vorschläge vorgelegt. Sie laufen auf eine umfassende Neuordnung der Verwaltung in Bund, Ländern und Kommunen hinaus – auf „grundlegende Umbauten im Maschinenraum des Staates“, wie die Initiative mitteilte.

De Maizière, Steinbrück, Jäkel und Voßkuhle überparteilich

Hinter der im November gegründeten „Initiative für einen handlungsfähigen Staat“ stehen neben den beiden ehemaligen Ministern die Medienmanagerin Julia Jäkel und der frühere Verfassungsrichter Andreas Voßkuhle. In der vergangenen Woche hatten sie gemeinsam mit Kommunalpolitikern und Wirtschaftsvertretern einen Aufruf für eine Staats- und Verwaltungsreform gestartet.

80-seitiger Bericht mit Empfehlungen für den Bundespräsidenten

„Wenn die Bürgerinnen und Bürger ihren Staat als nicht handlungsfähig erleben, und das tun sie im Augenblick in vielen Bereichen, dann wenden sie sich von der Politik ab“, sagte Ex-Verfassungsrichter Voßkuhle. Dem wolle die Initiative entgegenwirken.

Dem Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier – Schirmherr der Initiative – legten die Initiatoren nach eigenen Angaben einen mehr als 80-seitigen Bericht mit Empfehlungen vor. Ob diese umgesetzt werden, obliegt der künftigen Bundesregierung und den übrigen Parteien. In einigen Fällen wären wohl Verfassungsänderungen nötig.

Initiatoren fordern Digitalministerium im Bund

Zentrale Forderung ist ein eigenes Ministerium für Digitales und Verwaltung, denn der digitale Staat sei "die Voraussetzung von allem", heißt es in einer Mitteilung. So soll eine Neuordnung der mehr als 10.000 unterschiedlichen Software-Lösungen in Bund, Ländern und Kommunen gelingen – als Grundlage zur Vereinheitlichung von Dienstleistungen wie etwa der Kfz-Zulassung oder der Anmeldung eines neuen Wohnsitzes.

Bündelung der 170 unterschiedlichen Sozialleistungen

Doch die Initiatoren wollen an noch mehr großen Stellschrauben drehen. Sie fordern unter anderem ein Gesamtkonzept von Bund und Ländern für militärische und zivile Sicherheit; eine Bündelung der 170 unterschiedlichen Sozialleistungen, die derzeit von fast 30 Behörden verwaltet würden; und eine Neuordnung der Aufgaben zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Gemeinsame Standards beim Abitur sollten laut der Initiative zum Beispiel nicht mehr durch Absprachen der Kultusministerkonferenz, sondern durch verbindliche Beschlüsse des Bundesrats geregelt werden.

Alle Sozialleistungen des Bundes in einem Ministerium

Ex-Bundesminister Steinbrück sagte: „Eine alleinerziehende Frau mit einem pflegebedürftigen Vater hat Anspruch auf ungefähr zwölf Sozialleistungen, denen vier verschiedene Einkommensbegriffe zugrunde liegen und sie muss sich mit acht Bewilligungsstellen befassen.“ Ein Vorschlag sei daher, alle Sozialleistungen des Bundes in einem Bundesministerium zusammenzufassen – statt wie derzeit in fünf.

Mehr „Vertrauenskultur“ im Staat erforderlich

Grundsätzlich plädieren die Initiatoren für eine „Vertrauens- statt Misstrauenskultur“ im Verhältnis zwischen Staat und Bürgern. Damit ist gemeint, dass weniger Nachweise verlangt werden sollen – von der Dokumentation von Hygienevorschriften für Metzger bis zur Arbeitszeitdokumentation bei Aushilfen.

Medienmanagerin Jäkel sagte dazu: „Ein Metzger mit seinem Hackepeter, er berichtet sich praktischerweise einen Wolf, wann das Ding aufgemacht worden ist, wann es verpackt, entpackt, wann es gekühlt und sonst was ist. Das ist doch Quatsch.“ Stattdessen solle der Staat in Stichproben schärfer kontrollieren und bei Verstößen härtere Strafen verhängen als heute.

So schreiben die Initiatoren: „Wer bei sich alles in Ordnung hält, wird entlastet. Wer dieses Vertrauen missbraucht, wird härter als heute sanktioniert. Das ist fair und gerecht.“

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