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Betriebsbedingte Kündigung: Was gilt für Arbeitgeber und Arbeitnehmer?

Die andauernde Wirtschaftskrise führt in Deutschland zu immer mehr Firmenpleiten und zunehmenden Stellenabbau bei Unternehmen. Damit wächst die Anzahl betriebsbedingter Kündigungen und die Zahl der Arbeitslosen. Doch unter welchen Voraussetzungen ist eine betriebsbedingte Kündigung rechtlich durchführbar?
14.03.2025 19:49
Aktualisiert: 15.03.2025 18:34
Lesezeit: 3 min
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Betriebsbedingte Kündigung: Was gilt für Arbeitgeber und Arbeitnehmer?
Auch bei betriebsbedingten Kündigungen gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen, sofern in Tarifverträgen nicht abweichende Fristen vereinbart wurden. (Foto: dpa) Foto: Martin Schutt

Im Januar 2025 hat die Arbeitslosenquote in Deutschland einen Höchststand seit 2015 erreicht: Stellenabbau, Pleiten, Abwanderungstendenzen in der Industrie – diese Entwicklungen haben tiefgreifende Auswirkungen auf Wirtschaft und Arbeitsmarkt. Die schwierige wirtschaftliche Situation aufgrund der zahlreichen Krisen führt vermehrt zu Entlassungen.

Wachsende Arbeitslosenquote: Höchster Stand seit 10 Jahren

Eine Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer zeigt, dass 37 Prozent der Industriebetriebe in Deutschland erwägen, ihre Produktion einzuschränken oder ins Ausland zu verlagern. Dieser Wert ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen: von 21 Prozent im Jahr 2022 über 32 Prozent im Jahr 2023 auf nun 37 Prozent. Hauptgründe für diese Entwicklung sind hohe Energiepreise, umfangreiche Bürokratie und der anhaltende Fachkräftemangel.

Arbeitsmarktflaute: Stellenabbau und Einstellungsstopp

Dies spiegelt sich in der aktuellen Arbeitsmarktsituation wider. Im Januar 2025 stieg die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland auf knapp 3 Millionen an, was einem Anstieg von 186.000 Personen gegenüber dem Vormonat entspricht. Das ist der höchste Stand seit zehn Jahren. Die Arbeitslosenquote erhöhte sich um 0,4 Prozentpunkte auf 6,4 Prozent.

Stellenabbau durch betriebsbedingte Kündigungen

Hohe Energiekosten, anhaltende Probleme in den Lieferketten und die hohe Inflation belasten viele Betriebe. Verändert sich die wirtschaftliche Situation eines Betriebs stark und ist auch nicht absehbar, dass sich diese kurzfristig wieder ändert, kann es auch zu betriebsbedingten Kündigungen kommen.

Unter einer betriebsbedingten Kündigung wird die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber aufgrund von dringenden betrieblichen Erfordernissen verstanden. Solche Kündigungen werden dann ausgesprochen, wenn Arbeitsplätze aufgrund unternehmerischer Entscheidungen dauerhaft wegfallen und eine Weiterbeschäftigung der betroffenen Mitarbeiter nicht möglich ist. Als Voraussetzungen für eine betriebsbedingte Kündigung, und damit diese rechtlich wirksam ist, müssen objektive Gründe vorliegen.

Voraussetzungen: Soziale Auswahl

Neben den objektiven Gründen für eine Kündigung trifft es aber nicht alle gleich und auch nicht gleichzeitig. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, unter vergleichbaren Arbeitnehmern eine Auswahl nach sozialen Gesichtspunkten zu treffen. Kriterien hierbei sind unter anderem die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, Unterhaltspflichten und eine mögliche Schwerbehinderung.

Der Betrieb muss zuerst die Beschäftigten kündigen, die am wenigsten schutzbedürftig sind. Im Kündigungsschutzgesetz gilt, dass die Schutzbedürftigkeit einer beschäftigten Person vor einer betriebsbedingten Kündigung umso größer ist, je länger sie im Betrieb ist. Aber auch je höher das Lebensalter ist, desto umfangreicher die Unterhaltspflichten sind oder, so eine Schwerbehinderung vorliegt, je höher die Beeinträchtigung dadurch ist.

Der Arbeitgeber hat auch bestimmte Spielräume, was diese Regeln anbelangt: „Beschäftigte mit besonderen Fähigkeiten, die für den Betrieb unentbehrlich sind, kann der Arbeitgeber von der Sozialauswahl ausnehmen“, sagt Till Bender von der Rechtsschutzabteilung des Deutschen Gewerkschaftsbunds gegenüber n-tv.

Kündigungsfrist bei betriebsbedingter Kündigung

Auch bei betriebsbedingten Kündigungen gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen, sofern in Tarifverträgen nicht abweichende Fristen vereinbart wurden. Die Fristen für eine betriebsbedingte Kündigung richten sich nach Paragraf 622 Bürgerliches Gesetzbuch. Die gesetzliche Kündigungsfrist für eine betriebsbedingte Kündigung durch den Arbeitgeber beträgt vier Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats. Diese Frist verlängert sich, je länger das Arbeitsverhältnis dauert. Beispiele: Ab acht Jahren Betriebszugehörigkeit sind es drei Monate zum Monatsende, ab 20 Jahren Betriebszugehörigkeit sieben Monate zum Monatsende.

Der Arbeitgeber kann also auch bei betriebsbedingten Kündigungen den Arbeitnehmer nicht einfach von heute auf morgen vor die Tür setzen. Im Gegensatz dazu kann der Arbeitnehmer grundsätzlich immer mit einer Frist von vier Wochen zum Monatsende kündigen.

Besonderer Kündigungsschutz – für wen?

Wer Mitglied im Betriebsrat ist, hat deutliche Vorteile. Ihm kann nur mit Zustimmung des Betriebsrats gekündigt werden. Auch Schwangere und Beschäftigte in Elternzeit genießen einen besonderen Kündigungsschutz, ebenso Schwerbehinderte. Diesen kann ein Arbeitgeber nur mit Zustimmung des Integrationsamtes kündigen.

In Kleinunternehmen mit zehn oder weniger Beschäftigten gilt das Kündigungsschutzgesetz nicht. Hier muss der Arbeitgeber keinen Kündigungsgrund haben. Damit entfällt die Verpflichtung zum Vornehmen einer Sozialauswahl. Der Arbeitgeber entscheidet nach eigenem Ermessen, wen er entlässt. Bei Betrieben hingegen, die einen Betriebsrat haben, muss der Arbeitgeber diesen vor Ausspruch der Kündigung anhören. Falls das versäumt wird, ist die Kündigung unwirksam.

Kann man sich gegen eine betriebsbedingte Kündigung wehren?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, auf eine betriebsbedingte Kündigung zu reagieren. Eine Kündigungsschutzklage kann beim zuständigen Arbeitsgericht eingereicht werden, um die Rechtmäßigkeit der Kündigung überprüfen zu lassen. Hier gibt es die Frist von drei Wochen, die unbedingt eingehalten werden muss. Bei Versäumnis dieser Frist gilt die Kündigung als wirksam.

Mitunter wird die Möglichkeit eröffnet, eine Abfindung mit dem Arbeitgeber auszuhandeln. Damit will dieser Rechtsstreitigkeiten vermeiden. Bei solchen Verhandlungen werden Kriterien wie die Dauer der Betriebszugehörigkeit und die Erfolgsaussichten einer möglichen Klage einbezogen.

Kündigung oder Aufhebungsvertrag – was ist besser?

Vor Ausspruch einer Kündigung kann der Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag anbieten. Damit soll eine Kündigungsschutzklage mit ungewissem Ausgang vermieden werden. Dies ist eine Möglichkeit für Arbeitgeber, sich außerhalb der gesetzlichen Fristen von Mitarbeitern zu trennen.

Für den Arbeitnehmer kann das aber bedeuten, dass dadurch unter Umständen eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld ausgelöst wird. Gegebenenfalls können auch mit dem Arbeitgeber Formulierungen in der Kündigung verhandelt werden, um diese Sperrungen zu umgehen. Dies ist für die Betroffenen meist eine schwierige, einschneidende Situation, selbst wenn die Kündigung schon über einen längeren Zeitraum bekannt war.

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Mirell Bellmann

Mirell Bellmann schreibt als Redakteurin bei den DWN über Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Zuvor arbeitete sie für Servus TV und den Deutschen Bundestag.

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