Trump lenkt im Zollstreit ein: 90-tägige Aussetzung
US-Präsident Donald Trump zeigt sich im anhaltenden Zollstreit kompromissbereit und setzt einige der gerade eingeführten Abgaben für 90 Tage aus. Auf der Plattform Truth Social erklärte Trump, dass er eine Pause von 90 Tagen angeordnet habe – in dieser Zeit gelte ein reduzierter Zollsatz von zehn Prozent. Für China macht Trump jedoch eine Ausnahme: Für chinesische Waren wird der Zollsatz sogar weiter erhöht – auf nunmehr 125 Prozent.
Trumps plötzliche Kurzmeldung in sozialen Netzwerken löste Verwirrung aus und ließ zahlreiche Fragen unbeantwortet. Erst vor wenigen Tagen hatte der Präsident mit einem umfassenden Zollpaket den globalen Handelskrieg erneut angefacht. Zunächst hatten die USA neue Pauschalzölle in Höhe von zehn Prozent auf Einfuhren aus fast allen Ländern eingeführt. Anschließend folgten – abhängig vom Handelsdefizit – weitere reziproke Strafzölle, teils deutlich höher. Für Importe aus Deutschland und anderen EU-Staaten bedeutete das neue US-Zölle von insgesamt 20 Prozent.
Aktienmärkte drehen ins Plus: Börsen reagieren auf Entspannung
Nach starken Einbrüchen an internationalen Märkten reagierte Trump mit einer Kurskorrektur. Vertreter der US-Regierung deuteten an, dass die Pause speziell für länderspezifische Zölle unterschiedlicher Höhe gelten soll. Der bereits eingeführte einheitliche Satz von zehn Prozent bleibt laut Regierung während der 90 Tage gültig. Deutschland und die EU profitieren: Der EU-Zollsatz wird somit temporär halbiert.
In dieser Zeit sollen Gespräche mit den betroffenen Ländern stattfinden. Trumps erklärtes Ziel ist es, mit dem Zollstreit andere Staaten zu zwingen, Handelsbarrieren gegenüber US-Produkten zu reduzieren. „Es wird eine 90-tägige Pause bei den gegenseitigen Zöllen geben, während diese Verhandlungen laufen“, so Karoline Leavitt, Sprecherin des Weißen Hauses. Der neue Standardsatz von zehn Prozent bleibe bestehen. Die Ankündigung sorgte für Aufwind an den US-Börsen und katapultierte die US-Aktienmärkte am Mittwoch im späteren Handelsverlauf nach oben.
Der Dow Jones Industrial notierte kurz vor Handelsschluss annähernd 7 Prozent höher um 40.350 Punkte. Für den marktbreiten S&P 500 ging es sogar rund 9 Prozent auf rund 5.420 Zähler aufwärts. Der von den großen Technologieaktien dominierte Nasdaq 100 sprang zweistellig nach oben und tendierte im späten Mittwochshandel um 19.000 Punkte - gegenüber dem Vortag ein Plus von rund 11,3 Prozent.
Die zuletzt arg gebeutelten Aktien der "Glorreichen Sieben", der sieben bedeutendsten US-Tech-Unternehmen, sprangen in Reaktion auf die Trump-Ankündigungen massiv an. Amazon, Meta, Nvidia, Alphabet, Microsoft, Apple und Tesla verbuchten zuletzt Kursaufschläge zwischen 6 und 15,0 Prozent. Noch stärker profitierten die Aktien von US-Fluggesellschaften von der Trump-Ankündigung. So schnellten die Papiere von Delta Air Lines und United Airlines jeweils rund 20 Prozent nach oben. Jene von American Airlines gewannen mehr als 13 Prozent.
Demokrat: „Reines Durcheinander“
Der führende Demokrat im US-Senat, Chuck Schumer, übte scharfe Kritik an Trumps Wirtschaftspolitik. „Das ist Chaos“, erklärte Schumer. „Er ändert täglich seine Meinung. Seine Berater streiten sich, beleidigen sich sogar. (...) Mit dieser Unberechenbarkeit und mangelndem Weltverständnis ist kein Staat zu führen.“
Finanzminister Scott Bessent hingegen lobte das Vorgehen des Präsidenten: Die Strategie habe mehr als 75 Länder zu Gesprächen bewegt. Auch auf die Folgen des Zollstreits für die Märkte ging er ein: Die Unsicherheit habe abgenommen, so Bessent, was für die Börsen wichtig sei. Zuvor hatte das Weiße Haus Gerüchte über ein mögliches Aussetzen des US-Zollpakets scharf zurückgewiesen und von „Fake News“ gesprochen. Diese Spekulationen hatten insbesondere in sozialen Netzwerken große Aufmerksamkeit erzeugt und für starke Marktschwankungen gesorgt.
EU startet mit Gegenmaßnahmen
Die EU reagierte mit eigenen Gegenzöllen zwischen 10 und 25 Prozent auf die sogenannten Trump-Zölle. Ab kommender Woche gelten Sonderabgaben auf Jeans und Motorräder aus den USA, wie die EU-Kommission bestätigte. Weitere Maßnahmen sind für Mitte Mai und Ende des Jahres geplant – betroffen sind dann auch Lebensmittel wie Rindfleisch, Geflügel sowie Zitrusfrüchte wie Orangen und Grapefruits. Anfang Dezember folgen Nüsse und Sojabohnen.
Die erste Runde der Gegenzölle umfasst laut EU ein Handelsvolumen von 3,9 Milliarden Euro. Am 15. Mai werden Zölle auf US-Waren im Wert von 13,5 Milliarden Euro erhoben, eine dritte Welle betrifft ein Volumen von 3,5 Milliarden Euro. Die Strafzölle der EU stehen nicht im direkten Zusammenhang mit den wechselseitigen Maßnahmen, sondern sind eine Reaktion auf bereits zuvor eingeführte Trump-Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte.
Zollkrieg mit China eskaliert
Zwischen den USA und China verschärft sich der Zollstreit weiter. Trump erklärte, China bringe dem Weltmarkt zu wenig Respekt entgegen – daher werde der Zollsatz auf chinesische Produkte sofort auf 125 Prozent angehoben. Peking hatte zuvor auf eine US-Zollerhöhung um 50 Prozent mit eigenen Maßnahmen reagiert – die chinesischen Gegenzölle sollen 84 Prozent betragen und am Donnerstag in Kraft treten. China hatte mehrfach angedroht, entschlossen auf US-Zölle zu antworten.
Mit seinem konfrontativen Kurs im Zollkrieg schafft Trump weltweit Unsicherheit. Die Strategie: Handelsdefizite beseitigen, Produktion zurück in die USA holen. Die Einnahmen aus US-Zöllen sollen zudem zur Finanzierung von Steuersenkungen dienen – ein zentrales Wahlversprechen.
EU will weiter verhandeln
Beim Start der Gegenzölle betonte die EU-Kommission: „Diese Gegenmaßnahmen können ausgesetzt werden, falls die USA einem fairen Ergebnis zustimmen.“ Handelskommissar Maros Sefcovic hatte am Montag erklärt, die EU bevorzuge weiter Gespräche – harte Maßnahmen seien nur Plan B. Priorität habe der Dialog, so Sefcovic.
Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zeigte sich trotz des Zollstreits gesprächsbereit. Das Angebot: eine Übereinkunft zur wechselseitigen Abschaffung aller Zölle auf Industriegüter. Die USA lehnten jedoch ab. Sollte es keine Einigung geben, so von der Leyen, werde an Gegenmaßnahmen gearbeitet.