Was ist Crowdinvesting in Immobilien?
Das Prinzip Crowdfunding ist allseits bekannt: Bei Crowdfunding, zu Deutsch „Schwarmfinanzierung”, handelt es sich um eine Form der Finanzierung, bei welcher Geldgeber gemeinsam Geld in ein Projekt oder eine Idee stecken. Beim hier genannten Crowdinvesting geht es um eben das: Eine Gruppe unterschiedlicher Anleger finanziert gemeinsam ein Immobilienprojekt, zum Beispiel eine weitreichende Sanierung oder einen Neubau.
Ist das Projekt erfolgreich abgeschlossen, erhalten die Investoren ihren Einsatz zurück – plus akkumulierter Zinsen. Der Gemeinschaftsaspekt hebt Crowdinvesting vom klassischen Investment in eine Immobilie beziehungsweise einen Immobilienfonds ab. Im Gegensatz zu vielen gängigen Investments haben die Anleger bei einem Crowdinvesting-Projekt kein Mitspracherecht bei Unternehmens- und Projektentwicklung und sind auch bürokratisch nicht involviert (zum Beispiel notariell).
Immobilien-Crowdinvesting: Wie funktioniert das?
Investments können über entsprechende Plattformen getätigt werden. Stefan Loipfinger, Gründer von investmentcheck.de, erklärt den Prozess in einem Interview mit der Sparkasse: Um an Crowdinvesting teilzunehmen, muss man sich bei einem der Portale registrieren, einige persönliche Daten eingeben und sich auf die Höhe des Investments festlegen. Nach Abschluss der Investmentphase – sollte genug Kapital zusammengekommen sein – stellt die Plattform Beteiligungsverträge aus und überweist das Gesamtinvestment an den Projektinitiator.
Die Anleger erhalten nach und nach Informationen über das Projekt und, solange alles läuft wie geplant, bekommen die Investoren nach Abschluss des Projekts ihr Investment plus Rendite überwiesen. Was Crowdinvesting besonders attraktiv macht, so Loipfinger, ist, dass man bereits mit einer Summe von 50 Euro einsteigen kann. Die Optionen sind schier endlos, Projekte gibt es wie Sand am Meer, und sie alle wollen Geld: klassische Neubauten, erneuerbare Energien, Start-ups und alle möglichen kuriosen oder konservativen Ideen warten nur auf den richtigen Anleger.
Immobilien-Crowdinvesting: Pro und Contra
Crowdinvesting kann eine gute Methode sein, Geld in den deutschen Immobilienmarkt zu investieren, ohne die finanzielle, emotionale und bürokratische Verantwortung eines Immobilienkaufs auf sich nehmen zu müssen. Welche Vor- und Nachteile Crowdinvesting bietet, gibt es hier:
Pro
Die hohen Renditen für Einzelinvestoren sind der primäre Grund für das Interesse an Crowdinvesting. Stand 2018 lag die Rendite für Crowdinvesting-Projekte in Deutschland im Schnitt bei 5,85 Prozent. Bei klassischen Kapitalanlage-Immobilien kann man zumeist mit einer Rendite von 3 Prozent rechnen.
Der Anlagehorizont, eine Laufzeit von typischerweise 12 bis 48 Monaten, ist mit dem Anlagehorizont beim Kauf einer Immobilie, welcher gängig bei mehr als 10 Jahren liegt, nicht vergleichbar.
Auch die Möglichkeit, mit Kleinstbeträgen ab 50 Euro in das Investment einzusteigen, ist ein starker Motivator pro Crowdinvesting. Zum Vergleich: Beim Kauf einer Immobilie wird in der Regel Eigenkapitel in Höhe von rund 20 Prozent des Kaufpreises verlangt. Das ist eine Anfangshürde, die viele Anleger nicht bereit sind zu gehen.
Contra
Die hohen Renditen locken viele Anleger an. Loipfinger warnt jedoch vor vielen der Angeboten nach dem „zu schön um wahr zu sein”-Prinzip: „Die Renditen von vier, fünf oder vielleicht sechs Prozent klingen im Vergleich zu anderen Anlagen zwar verlockend. Allerdings müssen damit auch sehr hohe Risiken bezahlt werden. Und genau hier liegt die Gefahr.” Das Hauptrisiko von Crowdinvesting, so Loipfinger, liegt in der sogenannten Nachrangigkeit. Genau wie bei einem klassischen Investment ist man als Anleger bei Crowdinvesting auch gefühlt als letzter dran, sollte etwas schief gehen. Insbesondere als Kleinanleger steht man in einer langen Schlange hinter Gläubigern, die als erste entschädigt werden, wenn das Investment sich als Fehlentscheidung entpuppt. Loipfinger unterstreicht das „high risk, high reward”-Prinzip von Crowdinvesting immer wieder und wieder. Wenn das Projekt nicht planmäßig verläuft, besteht ein hohes Risiko, dass Anleger ihr Geld nie wieder sehen. Denn: Es gibt weder eine Einlagensicherung noch sonstige Barrieren, die das Investment schützen. Das muss der Anleger finanziell – und emotional – aushalten können.
Crowdinvesting in Immobilien: Mit Vorsicht genießen
Websites wie Companisto (Start-ups, Angels), Exporo (Erneuerbare Energien, Immobilien) und Onecrowd (Diverses) bieten Anlageinteressierten einfache Möglichkeiten, um in verschiedene Projekte zu investieren, direkt und unkompliziert vom Computer aus. Was die Anlage via Crowdinvesting so attraktiv macht, ist eben diese Einfachheit und die Chance auf hohe Renditen. Gleichzeitig sei das Risiko nicht zu ignorieren: Anleger, die eine konservative Strategie mit ihren Investitionen fahren wollen, sind bei Crowdinvesting eher falsch.
Verbraucherschützer sehen Crowdinvesting als Anlagemethode eher kritisch. Niels Nauhauser von der Verbraucherschutzzentrale Baden-Württemberg warnt in einem Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Kleinanleger aufgrund der fehlenden Transparenz und mangelnde Preisbildung auf dem Markt explizit vor Crowdinvesting.
Stefan Loipfinger empfiehlt, Projekte genau zu checken, bevor man hoffnungsvoll investiert. Die Finanzstruktur des Projekts kann schon Auskunft darüber geben, wie sinnvoll ein Investment tatsächlich ist. „Wenn weniger als zehn Prozent Eigenkapital hinter dem Geld der Schwarmfinanzierer steht, gibt es im Krisenfall im Grunde keinerlei Puffer mehr,” so Loipfinger.
Eine seriöse Plattform erkennt man daran, dass sie nicht mit Informationen rund um ihre Funktionsweise und die Anlagen geizt. Ein Vermögensanlageninformationsblatt, ein aktueller Jahresabschluss der Emittenten und konkrete, ausgeführte Projektpläne sind ein absolutes Muss. Wie bei vielen anderen Investments empfiehlt Loipfinger auch bei Crowdinvestment auf Diversifikation zu achten. Das Investment darf auf keinen Fall mehr als 10 Prozent der liquiden Mittel ausmachen. Ist das Projekt finanziell gestreut, liegen die Chancen, bei einem Totalausfall nicht völlig leer auszugehen, deutlich höher.
So prüfen Sie ein Immobilien-Crowdinvesting-Projekt richtig
Bevor Sie sich finanziell an einem Projekt beteiligen, sollten Sie dessen Seriosität und wirtschaftliche Tragfähigkeit genau unter die Lupe nehmen. Zunächst lohnt sich ein Blick auf den Projektträger: Wer steht hinter dem Vorhaben, welche Referenzen kann das Unternehmen vorweisen und wie transparent werden Informationen bereitgestellt? Achten Sie dabei insbesondere auf die Finanzierungsstruktur des Projekts. Ein zu geringer Eigenkapitalanteil – weniger als zehn Prozent – kann ein Warnsignal sein, denn im Krisenfall fehlt oft ein ausreichender Puffer. Auch die Lage und das Nutzungskonzept des Objekts verdienen Ihre Aufmerksamkeit: Handelt es sich um eine gefragte Wohngegend? Ist das geplante Nutzungskonzept realistisch und markttauglich?
Zusätzlich sollten Sie alle verfügbaren Dokumente wie das Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB), Projektpläne und etwaige Jahresabschlüsse genau lesen. Details zur Rückzahlung, Laufzeit, Nachrangklauseln oder Kündigungsmodalitäten können später entscheidend sein. Und schließlich gilt: Seien Sie bei Renditeversprechen über sieben Prozent vorsichtig – insbesondere, wenn die Laufzeit kurz ist. Stellen Sie sich stets die Frage: Wenn dieses Projekt wirklich so profitabel ist, warum wird dann öffentlich Kapital gesammelt?
Crowdinvesting in Immobilien clever nutzen – diese Strategie hilft
Trotz des hohen Risikos kann Crowdinvesting sinnvoll in eine breiter aufgestellte Anlagestrategie eingebunden werden – vorausgesetzt, man geht überlegt vor. Gerade Einsteiger sollten mit kleinen Beträgen beginnen, etwa mit 50 bis 250 Euro, um erste Erfahrungen zu sammeln und ein Gefühl für die Abläufe und Risiken zu entwickeln. Besonders wichtig ist es, das Kapital auf verschiedene Projekte zu verteilen. Wer in mehrere Vorhaben investiert, reduziert das Risiko eines vollständigen Verlusts erheblich.
Achten Sie darauf, Projekte mit unterschiedlichen Laufzeiten, Branchen und Initiatoren zu wählen. Zusätzlich empfiehlt es sich, Crowdinvesting als Beimischung zu betrachten – also als Ergänzung zu konservativeren Anlagen wie Tagesgeld, ETFs oder Immobilienfonds. Finanzberater raten in der Regel dazu, nicht mehr als fünf bis zehn Prozent des verfügbaren Anlagevermögens in Schwarmfinanzierungen zu investieren. Wer außerdem regelmäßig Bewertungen von Projekten, Rückzahlungsquoten und Plattformvergleiche auf unabhängigen Informationsportalen wie investmentcheck.de oder crowd-investing.info verfolgt, trifft besser informierte Entscheidungen.
Schritt-für-Schritt-Anleitung: So starten Sie mit Crowdinvesting in Immobilien
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Informieren: Machen Sie sich mit den Grundlagen von Crowdinvesting vertraut. Nutzen Sie dazu seriöse Informationsquellen und Vergleiche.
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Plattform auswählen: Registrieren Sie sich bei einer anerkannten Plattform wie Exporo, Bergfürst oder Rendity. Achten Sie auf Transparenz, Regulierung und Anlegerinformationen.
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Projekt prüfen: Analysieren Sie den Projektträger, die Finanzierung, die Lage und das Nutzungskonzept. Lesen Sie alle verfügbaren Unterlagen aufmerksam.
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Testinvestment tätigen: Beginnen Sie mit einem kleinen Betrag, um den Ablauf zu verstehen, etwa 50 bis 250 Euro.
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Diversifizieren: Verteilen Sie Ihr Kapital auf mehrere Projekte, um das Risiko breiter zu streuen.
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Regelmäßig kontrollieren: Behalten Sie den Projektfortschritt und die Kommunikation der Plattform im Blick. Informieren Sie sich über etwaige Veränderungen.
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Grenzen setzen: Legen Sie von Anfang an fest, welchen Anteil Ihres Vermögens Sie maximal in Crowdinvesting investieren möchten – und halten Sie sich daran.