Politik

Elektronische Patientenakte: Was Versicherte jetzt über die ePA wissen müssen

Beim digitalen Fortschritt im deutschen Gesundheitswesen gibt es Nachholbedarf. Eine zentrale Anwendung für Millionen gesetzlich Versicherte wird nun bundesweit ausgeweitet – schrittweise und kontrolliert.
04.05.2025 15:55
Lesezeit: 3 min

Die Elektronische Patientenakte (ePa) ist gestartet

Untersuchungsergebnisse, Medikationen, Röntgenaufnahmen: Elektronische Patientenakten (ePA) speichern zentrale Gesundheitsdaten digital und begleiten Patientinnen und Patienten ein Leben lang bei allen Ärztinnen und Ärzten. Seit Anfang des Jahres sind sie im breiten Einsatz. Viele Versicherte haben davon allerdings bisher kaum etwas bemerkt. Das soll sich nun ändern. Der sogenannte "Hochlauf" hat begonnen: Ziel ist es, die E-Akte schrittweise überall in Deutschland zum Standard zu machen.

Seit dem 15. Januar wurde 70 Millionen der rund 74 Millionen gesetzlich Versicherten automatisch eine ePA durch ihre Krankenkasse eingerichtet – ein Angebot, das man aber auch ablehnen kann. Bisher wurde der praktische Einsatz jedoch nur regional getestet. In Hamburg samt Umland, in Franken sowie Teilen Nordrhein-Westfalens nahmen rund 300 Arztpraxen, Apotheken und Kliniken teil. Nach Abschluss dieser Pilotphase steht nun die schrittweise bundesweite Ausweitung bevor.

Die Umstellung auf den bundesweiten Regelbetrieb erfolgt stufenweise. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) spricht von einem "Soft-Start": Einige Praxen nutzen die ePA bereits, andere müssen zunächst zusätzliche Module integrieren. Auch Software-Aktualisierungen sind notwendig. Dieser Übergang wird laut der staatlich dominierten Digitalagentur Gematik mehrere Wochen in Anspruch nehmen. Zunächst bleibt die Nutzung der ePA für Praxen freiwillig. Eine gesetzliche Verpflichtung folgt zum 1. Oktober.

Wozu dient die Einführung der ePA?

Für Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), der das Projekt noch initiiert hat, stellt die ePA eine "Zeitenwende" für die Digitalisierung dar. "Patienten bekommen endlich einen Überblick über ihre Daten und Befunde. Ärztinnen und Ärzte können bessere Entscheidungen treffen." Derzeit bringen viele Patienten Ausdrucke mit – oder gar keine Unterlagen. Ziel ist, verstreute Daten zu bündeln und so die Versorgung zu verbessern. Auch doppelte Diagnosen und Arzneimittel-Wechselwirkungen sollen reduziert werden.

Versicherte können ihre ePA nutzen – müssen es aber nicht. Der Zugang erfolgt per App über das Smartphone. Jens Baas, Vorstandschef der Techniker Krankenkasse, rät: "So können sie sehen, welche Daten in ihrer Akte hinterlegt sind und sind viel besser über die eigene Gesundheit informiert." Zugriffsrechte für Ärzte können individuell vergeben werden. Bei einem Kassenwechsel lassen sich die gespeicherten Daten übertragen.

Wer seine Gesundheitskarte am Empfang in der Praxis einliest, ermöglicht den Zugriff auf die ePA für die Dauer von 90 Tagen. Diese Frist lässt sich per App anpassen. Wer das nicht selbst erledigen will, kann etwa Angehörige bevollmächtigen. Auch Kinder erhalten eine ePA, sofern die Eltern nicht widersprechen – ab dem 15. Lebensjahr entscheiden Jugendliche selbst. Zum Schutz von Kindern dürfen sensible Daten teilweise nicht gespeichert werden.

Welche Daten werden in der ePA gespeichert?

Zunächst wird eine automatisch erstellte Liste der verordneten Medikamente aus den E-Rezepten in die ePA aufgenommen. Nach und nach kommen weitere Inhalte hinzu – etwa ein Medikationsplan mit Dosierungen. Generell sollen Ärztinnen und Ärzte relevante Behandlungsinformationen einpflegen. Laut KBV ersetzt die ePA jedoch nicht die Dokumentation im jeweiligen Praxissystem. Auch der direkte Austausch zwischen Praxen bleibt nötig, zumal Versicherte Daten löschen können.

Wie lässt sich der Datenzugriff steuern?

Grundsätzlich ist die Nutzung der ePA freiwillig. Wer bestimmte Inhalte nicht gespeichert haben möchte, muss dies aktiv mitteilen. Bei sensiblen Befunden müssen Patienten auf ihr Recht hingewiesen werden, deren Speicherung abzulehnen. In der App lassen sich detaillierte Einstellungen vornehmen. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz bemängelt, dass man einzelne Dokumente nicht gezielt freigeben kann – etwa für einen Orthopäden. Der Zugriff müsste dann komplett gesperrt werden.

Wie steht es um den Datenschutz?

Laut Lauterbach gilt: "Sicherheit geht immer vor." In der Pilotphase wurden zusätzliche Schutzmaßnahmen umgesetzt. So konnten laut Ministerium vom Chaos Computer Club erkannte Sicherheitslücken für Massenzugriffe geschlossen werden. Die Daten werden ausschließlich auf Servern in Deutschland gespeichert. Jeder Zugriff auf die ePA wird mit Zeitstempel protokolliert. Für die erste Anmeldung in der App benötigen Nutzer einen elektronischen Personalausweis samt PIN – oder die E-Gesundheitskarte mit PIN von der Krankenkasse.

Steht der digitale Durchbruch bevor?

Derzeit verzeichnet Gematik bis zu 60.000 Zugriffe auf ePAs täglich. Mit der landesweiten Einführung sollen es deutlich mehr werden. Bereits 2021 waren E-Akten als freiwilliges Angebot eingeführt worden – jedoch kaum genutzt. Ein neues Gesetz der Ampel-Koalition hat das Prinzip geändert: Nun erhält jeder eine ePA, es sei denn, man widerspricht ausdrücklich bei der Krankenkasse. Die Widerspruchsquote lag bei durchschnittlich fünf Prozent. Laut Verbraucherzentralen ist das jedoch kein eindeutiges Zeichen der Zustimmung – möglicherweise fehlte es an Aufklärung. Auch private Versicherer können ePAs anbieten.

ePa: Welche Rolle spielt die Forschung künftig?

Ab dem Jahr 2026 ist vorgesehen, dass pseudonymisierte ePA-Daten zentral für Forschungszwecke weitergeleitet werden. Laut Ministerium werden persönliche Angaben wie Name oder Adresse dabei entfernt. Versicherte können dieser Nutzung in der App oder bei einer Ombudsstelle ihrer Kasse widersprechen. Lauterbach sieht großes Potenzial für die Forschung mit umfangreichen Datenmengen und künstlicher Intelligenz.

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