Wirtschaft

EU-Kommission kündigt Importverbot für russisches Gas an – doch wo bleibt das Gesetz?

Die EU verkündet das Ende russischer Gasimporte – aber präsentiert (noch) keine juristische Grundlage. Experten warnen: Was die Kommission als „höhere Gewalt“ bezeichnet, könnte sich für Unternehmen als juristisches Risiko erweisen.
13.05.2025 13:02
Aktualisiert: 13.05.2025 13:02
Lesezeit: 2 min

Importverbot für russisches Gas – echt oder nicht echt?

Von der Ankündigung eines klaren Rechtsrahmens war auf der kürzlichen Brüsseler Pressekonferenz überraschend wenig zu spüren. Stattdessen präsentierte Energiekommissar Dan Jørgensen einen vagen Fahrplan, gespickt mit Versprechungen und Absichtserklärungen – konkrete Gesetzestexte? Fehlanzeige.

Der Anteil russischen Gases an den EU-Importen sei seit Beginn des Ukraine-Kriegs von 45 auf 13 Prozent gesunken, erklärte Jørgensen. Dennoch habe die EU allein im vergangenen Jahr Russland 23 Milliarden Euro für Energie gezahlt – eine Summe, die sämtliche Ukraine-Hilfen der Union übersteigt. Dies müsse nun enden, so der Kommissar.

Künftig sollen:

  • keine neuen Verträge über russisches Gas oder Flüssigerdgas abgeschlossen werden (ab Ende 2025)
  • bestehende Verträge bis 2027 gekündigt werden
  • auch Kernbrennstoffimporte aus Russland vollständig unterbunden werden
  • sowie verbindliche nationale Ausstiegspläne aller Mitgliedsstaaten vorliegen – bis Ende dieses Jahres

Doch all das basiert bislang nicht auf verabschiedeten Gesetzen, sondern auf politischen Ankündigungen. Die rechtliche Grundlage soll erst im kommenden Monat vorgestellt werden. Bis dahin bleibt vieles in der Schwebe.

Juristisches Risiko für Unternehmen

Die Kommission argumentiert, dass es sich bei dem Importverbot um einen Fall „höherer Gewalt“ handle – was Unternehmen aus langfristigen Verträgen mit russischen Partnern heraushelfen soll, ohne Schadenersatzforderungen fürchten zu müssen. Doch dieser Standpunkt ist hoch umstritten. Mehrere unabhängige Juristen zweifeln daran, ob die Definition von „höherer Gewalt“ hier haltbar ist – vor allem vor internationalen Schiedsgerichten.

Für Unternehmen bedeutet das: Rechtsunsicherheit. Während Brüssel von einem klaren Bruch mit Russland spricht, drohen wirtschaftlich riskante Klagewellen.

Gaspreise, USA und der Vorwurf des Energiediktats

Auf die Frage, ob das Importverbot zu steigenden Gaspreisen führen werde, antwortete der Energiekommissar ausweichend. „Ich glaube nicht, dass die Preise steigen werden“, so Jørgensen. Schließlich gebe es auf dem Weltmarkt mehr Gas als die EU derzeit benötige. Der Hinweis auf eine mögliche stärkere Abhängigkeit von US-amerikanischem Flüssiggas blieb unbeantwortet.

Kritik kommt unterdessen aus osteuropäischen Staaten: Die einseitige Vorgabe Brüssels werde dort als Energiediktat empfunden. Auch hierzu blieb die Kommission vage. Man erwarte von allen Staaten die Umsetzung der Maßnahmen – auch gegen ihren Willen. „Das ist der Rechtsrahmen der EU“, so Jørgensen.

Fazit: Eine politische Botschaft ohne juristisches Fundament

Was heute in Brüssel präsentiert wurde, ist ein politisches Signal – aber kein verbindlicher Beschluss. Solange die konkrete Gesetzgebung fehlt, bleibt der Gas-Boykott eine Absichtserklärung. Für Unternehmen bedeutet das: Abwarten. Und hoffen, dass Brüssel in seiner nächsten Ankündigung mehr liefert als Worte.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Schluss mit Shein und Temu? Europa zieht die Notbremse gegen Billigimporte aus China
17.11.2025

Die EU will die Billigimporte aus China schneller als geplant stoppen. Eine neue Zwei-Euro-Abgabe soll schon 2026 kommen. Plattformen wie...

DWN
Politik
Politik Teilzeit steuerfrei aufstocken? Teilzeitaufstockungsprämie ab 2026 für mehr Arbeitsstunden geplant
17.11.2025

Neben der Aktivrente und Überstundenzuschläge plant die Bundesregierung den Arbeitsmarkt ab 2026 auch für Teilzeitkräfte attraktiver zu...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Buffett kauft Google, Bitcoin stürzt ab - beginnt jetzt der große Marktumbruch?
17.11.2025

Die Märkte taumeln und die Nvidia-Aktie wird in wenigen Tagen zum Brennpunkt der globalen Finanzwelt. Kleinanleger überraschen die Wall...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Kurs aktuell: Absturz unter 93.500 Dollar verunsichert Anleger – geht der Krypto-Crash weiter?
17.11.2025

Der Bitcoin erlebt turbulente Tage: Kursabstürze, Liquiditätsstress und widersprüchliche Analystenstimmen prägen die Lage. Während...

DWN
Panorama
Panorama Globale Anti-Tabak-Strategien unter Druck: WHO-Konferenz warnt vor Rückschritten
17.11.2025

Eine weltweite Initiative zur Eindämmung von Tabak- und Nikotinprodukten steht vor Herausforderungen: Trotz internationaler Abkommen setzt...

DWN
Finanzen
Finanzen Wachstum unter EU-Durchschnitt: Deutsche Wirtschaft 2026 mit vorsichtiger Erholung
17.11.2025

Die deutsche Wirtschaft startet 2026 voraussichtlich wieder durch, bleibt aber hinter dem europäischen Durchschnitt zurück. Laut der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Reiche besucht Golfstaaten: Investitionen, Erdgas und Partnerschaften im Fokus
17.11.2025

Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche reist mit einer Wirtschaftsdelegation in die Golfregion, um die bilaterale Zusammenarbeit zu...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB-Vize warnt: KI-Hype könnte Börsenkorrektur auslösen
17.11.2025

EZB-Vizepräsident Luis de Guindos schlägt Alarm: Der aktuelle Boom rund um Künstliche Intelligenz und hoch bewertete US-Tech-Aktien...