Merz in Brüssel: Europäische Hoffnungen ruhen auf dem neuen Bundeskanzler
In Brüssel trifft Merz am Freitag unter anderem mit Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, Ratspräsident António Costa sowie Parlamentspräsidentin Roberta Metsola zusammen. Zuvor war Bundeskanzler Merz bereits in Paris und Warschau zu Antrittsbesuchen. Beim Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD versprach Merz, Deutschlands Einfluss in Europa und international wieder spürbar zu machen. "Große Teile Europas, die Europäische Union allemal, sie warten auf uns, dass wir wieder einen kraftvollen Beitrag zum Gelingen des europäischen Projektes leisten." Merz in Brüssel wird diese Ambition unter Beweis stellen müssen.
Schon als Oppositionsführer hatte Merz seinem Vorgänger Olaf Scholz (SPD) fehlenden europapolitischen Einsatz vorgeworfen. Damals kündigte er an, das "europapolitische Schweigen" Deutschlands zu beenden. In der Zusammenarbeit mit Frankreich und Polen will Bundeskanzler Merz Europas Eigenständigkeit fördern – auch als Reaktion auf die außenpolitische Neuausrichtung der USA unter Präsident Donald Trump.
"German Vote" soll mit Merz in Brüssel enden
Die Erwartungen an Merz in Brüssel sind hoch. In den letzten Jahren kritisierten EU-Partner, dass die Scholz-Regierung zu lange für Entscheidungen brauchte – etwa bei der Asylsystemreform. Besonders problematisch: Wenn Berlin aufgrund interner Streitigkeiten gar keine Position fand und sich bei Abstimmungen enthielt, wie beim EU-Lieferkettengesetz.
In Brüssel wurde das abwertend "German Vote" genannt. Merz will diesen Zustand beenden. Dafür holte er Michael Clauß als EU-Berater ins Kanzleramt – ein erfahrener Diplomat mit detaillierter Kenntnis der EU-Institutionen in Brüssel.
Neue Herausforderungen für Kanzler Merz in Brüssel
Dem neuen Team Deutschland stehen schwierige Aufgaben bevor. Merz möchte Deutschland zur gestaltenden Kraft in Europa machen. Doch ob seine Regierung gemeinsame EU-Schulden für Verteidigung – wie von Frankreich vorgeschlagen – unterstützt, ist zweifelhaft. Gleichzeitig sorgt die Entscheidung für neue Grenzkontrollen und Ablehnungen von Asylbewerbern für Kritik. Gegner sehen darin einen Bruch mit EU-Recht und eine Gefahr für den freien Binnenmarkt. Österreich hingegen unterstützt den neuen Kurs in der Asylpolitik.
Offen bleibt auch, wie sich Merz in Brüssel beim Handelskonflikt mit den USA und in den Haushaltsverhandlungen positioniert. Dabei wird sich zeigen, ob nationale Interessen überwiegen oder EU-weite Lösungen Priorität haben.
Ukraine-Krieg und Sicherheit bei Nato-Gespräch in Brüssel
Beim Nato-Treffen in Brüssel stehen Russlands Krieg gegen die Ukraine und die Verteidigungsfähigkeit des Bündnisses auf der Tagesordnung. Im Juni folgt in Den Haag der erste Nato-Gipfel mit Trump seit dessen Rückkehr ins Amt.
Am Abend vor seiner Kanzlerreise telefonierte Merz mit Trump. Laut Regierungssprecher Stefan Kornelius einigte man sich auf enge Zusammenarbeit für ein Ende des Krieges. Zwischen den USA und Europa bestehen aber Differenzen: Trump fordert Zugeständnisse Kiews, während Deutschland, Frankreich und Großbritannien vor einem Diktatfrieden warnen.