Dritter Gefangenenaustausch zwischen Russland und Ukraine abgeschlossen
Russland und die Ukraine haben einen groß angelegten Austausch von Kriegsgefangenen abgeschlossen – den dritten und laut offiziellen Angaben letzten Teil einer Vereinbarung, die vergangene Woche in Istanbul getroffen wurde. Beide Seiten ließen jeweils 303 Personen frei. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bestätigte den Austausch und dankte seinem Verhandlungsteam, das „ohne Rücksicht auf Zeit“ den Durchbruch bei den ersten direkten Gesprächen mit der russischen Seite am 16. Mai erzielt hatte.
Unter den freigelassenen Ukrainern befinden sich Angehörige der Streitkräfte, der Nationalgarde, der Grenzschutzbehörde sowie der Staatlichen Sondertransportdienste – darunter auch 70 Verteidiger von Mariupol, die 2022 versucht hatten, die Stadt gegen die russische Belagerung zu halten.
Insgesamt wurden durch die Abkommen in Istanbul rund 1.000 Gefangene auf beiden Seiten freigelassen – der größte Austausch seit Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar 2022.
EU bereitet Sanktionen gegen russische Banken, Öl und Pipelines vor
Parallel zur Freilassung wächst der wirtschaftliche Druck auf Moskau: Die Europäische Union arbeitet an einem neuen Sanktionspaket. Über 20 russische Banken sollen vom internationalen SWIFT-Zahlungssystem abgekoppelt werden. Zudem ist eine Absenkung der Preisobergrenze für russisches Öl auf 45 US-Dollar pro Barrel geplant. Auch Maßnahmen gegen die Pipeline-Infrastruktur – insbesondere Nord Stream – stehen zur Debatte. Ziel: Jeglichen Versuch zu verhindern, die durch Sabotage beschädigten Leitungen jemals wieder zu aktivieren.
Darüber hinaus sollen neue Handelsbeschränkungen im Wert von rund 2,5 Milliarden Euro sowie ein erweitertes Embargo gegen Russlands Schattenflotte beschlossen werden. Das Paket wäre das 18. seit Kriegsbeginn und würde die Sanktionspolitik der EU auf eine neue Eskalationsstufe heben.
Trump schwenkt um – Kritik an Putin nach Drohnenangriffen
Der ehemalige US-Präsident Donald Trump hat sich ungewöhnlich scharf gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin gewandt. Grund: ein massiver russischer Drohnenangriff auf die Ukraine, bei dem 13 Menschen ums Leben kamen, darunter drei Kinder in der Region Schytomyr.
„Ich bin nicht zufrieden mit dem, was Putin macht. Er tötet viele Menschen – ich weiß nicht, was zur Hölle mit ihm los ist“, sagte Trump beim Besteigen der Air Force One laut dem Portal Verslo Zinios. Er erwägt, im Falle einer Wiederwahl die Sanktionen gegen Russland zu verschärfen. Seine Aussagen stehen im Widerspruch zur Einschätzung seines Außenministers Marco Rubio, der noch Anfang der Woche erklärte, Trump glaube nicht an die Wirkung von Sanktionen als Verhandlungshebel.
Ein jüngstes Telefonat zwischen Trump und Putin dauerte laut US-Medienberichten zwei Stunden. Während Trump erklärte, Russland und die Ukraine würden „bald mit Waffenstillstandsverhandlungen beginnen“, soll Putin lediglich vage über ein Memorandum gesprochen haben, in dem Moskaus Bedingungen für Frieden dargelegt werden könnten – ohne jede Verpflichtung, die Invasion zu beenden.
Was das für Deutschland bedeutet
Für Deutschland hat diese Entwicklung gleich mehrere Dimensionen. Erstens betrifft der mögliche Nord-Stream-Sanktionsmechanismus unmittelbar deutsche Energieinteressen und Infrastruktur. Zweitens bedroht der zunehmende Einsatz von Drohnen und hybrider Kriegsführung auch die Sicherheitsarchitektur Europas, in der Deutschland eine Schlüsselrolle spielt. Drittens offenbart der internationale Richtungswechsel – etwa durch Trumps Kehrtwende – die Unsicherheit künftiger transatlantischer Koordination im Falle eines Regierungswechsels in den USA.
Zeichen des Wandels – aber keine Entspannung
Der Gefangenenaustausch ist ein seltenes positives Signal in einem sonst eskalierenden Konflikt. Doch die gleichzeitige Verschärfung der EU-Sanktionen, die zunehmenden zivilen Opfer durch russische Angriffe und das internationale Ringen um neue diplomatische Linien zeigen: Von echter Entspannung ist die Region weit entfernt. Deutschland sollte sich nicht in vermeintlicher Stabilität wiegen, sondern seine außen- und sicherheitspolitischen Konzepte für ein Europa unter Dauerstress neu kalibrieren.