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Strafen für VW-Manager: Dieselskandal bei VW - und was die Urteile bedeuten

Fast zehn Jahre nach dem VW-Dieselskandal fallen nun Urteile gegen vier Ex-Manager. Sind sie Täter oder Bauernopfer eines milliardenschweren Betrugssystems bei Volkswagen?
26.05.2025 16:15
Aktualisiert: 26.05.2025 16:15
Lesezeit: 3 min
Strafen für VW-Manager: Dieselskandal bei VW - und was die Urteile bedeuten
Am Landgericht Braunschweig wurde gegen den früheren VW-Chef Winterkorn wegen des Verdachts des Betruges, der Falschaussage und der Marktmanipulation verhandelt (Foto: dpa). Foto: Moritz Frankenberg

VW-Dieselskandal: Bitter für das Unternehmen Volkswagen

"Manipulieren und Volkswagen, das darf nie wieder vorkommen" – mit diesen Worten wandte sich Vorstandschef Martin Winterkorn am 22. September 2015 an die Öffentlichkeit. "Mr. Volkswagen" bat um Entschuldigung, gestand Versäumnisse ein und versprach: "Wir klären das auf". Doch es kam anders.

Bereits am Tag nach der Ankündigung zur Aufklärung des VW-Dieselskandals legte Winterkorn sein Amt nieder, die vollständige Aufarbeitung der Verantwortlichkeiten in der VW-Dieselaffäre zieht sich jedoch bis heute hin. Ein umfangreiches Verfahren gegen vier Ex-Manager – Winterkorn selbst nicht auf der Anklagebank – wurde nun beendet. Die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Braunschweig verhängte teils mehrjährige Haftstrafen, während zwei Angeklagte mit Bewährung davonkamen.

Strafen für VW-Manager: Dieselskandal vor dem Landgericht Braunschweig

Die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Braunschweig hat rund zehn Jahre nach dem Bekanntwerden des Dieselskandals bei Volkswagen vier ehemalige Top-Manager wegen schweren Betrugs verurteilt. Zwei von ihnen müssen ins Gefängnis, zwei weitere wurden zu Bewährungsstrafen verurteilt.

Ein früherer Verantwortlicher für die Entwicklung von Dieselmotoren erhielt viereinhalb Jahre Haft – sogar mehr, als die Anklage gefordert hatte. Der 59-Jährige habe nach Überzeugung des Gerichts „eine zentrale Rolle“ im Dieselskandal gespielt. Nach einem Mammutverfahren mit 175 Prozesstagen erhielt er die strengste Strafe. Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig. Die juristische Aufarbeitung des Dieselskandals geht somit weiter.

Verurteilte mit gesenktem Blick im Gericht

Auch ein ehemaliger Leiter der Antriebselektronik soll ins Gefängnis: Zwei Jahre und sieben Monate lautete das Urteil gegen den heute 65-Jährigen. Beide Angeklagte, die ins Gefängnis müssen, verfolgten die über dreistündige Urteilsverkündung im vollbesetzten Saal mit niedergeschlagenem Blick und gefalteten Händen.

Ein Ex-Vorstand für Entwicklung bei der Marke Volkswagen erhielt ein Jahr und drei Monate auf Bewährung. Auch ein früherer Abteilungsleiter wurde zu einem Jahr und zehn Monaten auf Bewährung verurteilt. Dieser Mitarbeiter hatte als Erster den Betrug gegenüber US-Behörden eingeräumt – ein zentrales Geständnis in der VW-Dieselaffäre.

Sind sie Bauernopfer im Dieselskandal?

Die Richter sahen bei allen vier VW-Managern bandenmäßigen Betrug gegeben – ab dem Moment, als ihnen die Softwaremanipulation bekannt war. Der angerichtete Schaden durch den Dieselskandal wurde auf etwa 2,1 Milliarden Euro geschätzt – die Verantwortung hierfür trage jedoch nicht jeder in gleichem Maße.

Während des Verfahrens betonten die Angeklagten, sie fühlten sich als Bauernopfer in der VW-Dieselaffäre. Die Verteidigung forderte drei Freisprüche und eine Verwarnung. Das Urteil kommentierte Anwalt Philipp Gehrmann mit den Worten: „Das Urteil ist falsch.“ Insbesondere bei seinem Mandanten sei die Strafe von über zwei Jahren Haft deutlich überzogen. Eine Revision wurde angekündigt.

Aufdeckung des Skandals im Jahr 2015 in den USA

Die Dieselmanipulationen flogen im September 2015 in den Vereinigten Staaten auf. Kurz zuvor hatte Volkswagen dort fehlerhafte Emissionswerte eingeräumt. Nur wenige Tage später trat der damalige Konzernchef Martin Winterkorn zurück. Der Dieselskandal stürzte VW in eine massive Krise, die den Konzern laut eigener Aussage rund 33 Milliarden Euro gekostet hat.

Der Vorsitzende Richter Christian Schütz erklärte, dass die Verantwortung für den Dieselskandal nicht allein bei den vier Verurteilten liege. Die betroffenen Motoren seien von vielen Fachleuten entwickelt worden. Eine Abkehr von der manipulierten Technik sei nie geplant gewesen, so Schütz. Die Manipulationen seien arbeitsteilig und streng hierarchisch organisiert gewesen. Weitere Beteiligte in Schlüsselpositionen seien bisher nicht angeklagt.

Richter kritisiert Zeugenaussagen im Prozess

Schon zu Beginn der Urteilsverkündung kritisierte Richter Schütz zahlreiche Zeugenaussagen im Verfahren. Einige Zeugen hätten laut Schütz absichtlich falsche oder ungenaue Aussagen gemacht, möglicherweise um sich selbst zu schützen. Einen Zeugen beschuldigte er sogar, die Kammer „schamlos angelogen“ zu haben.

Der Richter erwähnte auch, dass es in der Vergangenheit bereits Einstellungen gegen Geldauflagen im Zusammenhang mit dem Dieselskandal gegeben habe. Dadurch entstünde der Eindruck von Gefälligkeitsaussagen. Seine Kammer sei jedoch nur für diesen Fall zuständig, betonte Schütz, und erklärte zugleich, dass er einige andere Fälle nicht eingestellt hätte.

Weitere Prozesse rund um den Dieselskandal geplant

In Braunschweig sind nach diesem Verfahren und dem separaten Komplex um Martin Winterkorn noch vier weitere Strafprozesse mit insgesamt 31 Beschuldigten anhängig. Laut einem Gerichtssprecher soll ein Verfahren gegen fünf Angeklagte im November starten.

Eigentlich hätte auch Ex-VW-Chef Martin Winterkorn in diesem Verfahren angeklagt werden sollen. Doch sein Verfahrensteil wurde wegen gesundheitlicher Probleme bereits im Vorfeld im September 2021 abgetrennt. Inzwischen hat sich Winterkorn sowohl als Zeuge als auch als Angeklagter geäußert – und dabei jede persönliche Verantwortung für den Dieselskandal abgestritten. Ein Unfall und ein Klinikaufenthalt unterbrachen zuletzt das Verfahren gegen den inzwischen 78-jährigen VW-Manager im Dieselskandal. Wann dieses Verfahren fortgesetzt werden kann, ist derzeit ungewiss.

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