Polen-Wahl bringt konservativen Sieger hervor: PiS feiert Rückkehr ins höchste Amt
Der Triumph des 42-jährigen EU-Kritikers deutet auf einen Kurswechsel in der Innen- und Außenpolitik des Nachbarstaates hin, der sowohl in der Nato als auch in der EU eine bedeutende Rolle innehat. Der historisch ausgebildete, politisch unerfahrene Nawrocki kam laut vorläufigem Ergebnis der staatlichen Wahlkommission bei der Stichwahl auf 50,89 Prozent. Sein Rivale, der proeuropäische Bürgermeister von Warschau, Rafal Trzaskowski, erreichte 49,11 Prozent. Beide sammelten mehr als zehn Millionen Stimmen, wobei Nawrocki rund 370.000 Stimmen voraus lag.
Zwar trat Nawrocki als Unabhängiger auf, wurde jedoch von der rechtskonservativen PiS unterstützt, die von 2015 bis 2023 regierte. Die Partei, aus deren Reihen auch der bisherige Präsident in Polen, Andrzej Duda, stammte, reformierte das Justizsystem radikal und geriet dadurch dauerhaft in Konflikt mit der EU. Seit 2023 lenkt wieder ein Mitte-Links-Bündnis unter Donald Tusk das Land, der als ehemaliger EU-Ratspräsident zurückkehrte. Doch die Spannungen mit Präsident Duda blieben. Duda, der nach zehn Jahren nicht erneut kandidieren durfte, blockierte viele Pläne Tusks mithilfe seines Vetorechts. Mit Trzaskowski als Präsident in Polen hatte Tusk auf ein Ende dieser Blockaden gehofft.
Außenpolitische Spannungen mit Berlin denkbar
Polen unterstützt die Ukraine seit Beginn des russischen Angriffs. Das Land mit fast 38 Millionen Einwohnern rüstet stark auf, da es sich ebenfalls durch Russland bedroht sieht. Im Gegensatz zu anderen osteuropäischen Staaten gibt es in Polen keine nennenswerte prorussische Bewegung. Bisher herrschte Einigkeit zwischen Duda und Tusk in der Unterstützung der Ukraine – ein Konsens, der mit Karol Nawrocki als Präsident in Polen wackeln könnte. Dieser sprach sich klar gegen eine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine aus.
Während sich unter Tusk die Beziehungen zu Deutschland verbesserten, könnte die Polen-Wahl nun einen Richtungswechsel bedeuten: Nawrocki äußerte sich im Wahlkampf kritisch gegenüber Berlin, suchte die Nähe zu Donald Trump und forderte erneut Reparationen für die von Nazi-Deutschland im Zweiten Weltkrieg verursachten Schäden. In der EU will er sich nichts vorschreiben lassen, betonte Nawrocki mehrfach.
Polen-Wahl offenbart politische Spaltung
Eine erste Prognose sah am Wahlabend Trzaskowski vorne, woraufhin sich der 53-Jährige früh als Sieger präsentierte. Doch der links orientierte Sozialwissenschaftler gilt selbst in seiner Partei als polarisierend – vor allem in den ländlichen, katholisch geprägten Regionen des Landes kam das nicht gut an.
Die über Nacht eintreffenden Resultate unterstrichen die tiefe gesellschaftliche Spaltung in Polen, das in den letzten Jahren große ökonomische Fortschritte gemacht hat. In den urbanen Zentren wie Warschau, Krakau oder Lodz, die vom Aufschwung stark profitierten, dominierte Trzaskowski. In ländlichen Gegenden setzte sich hingegen Nawrocki durch, was den Ausgang der Polen-Wahl maßgeblich beeinflusste. Ein möglicher Grund für Trzaskowskis Niederlage: Das linksliberale Lager mobilisierte nicht alle Wähler. Zwar lag die Beteiligung mit 71,63 Prozent rund drei Prozentpunkte höher als vor fünf Jahren – doch bei der Parlamentswahl 2023, als die PiS besiegt wurde, hatte sie bei 74,4 Prozent gelegen.
Vom Boxring an die Staatsspitze
"Wir werden siegen und Polen retten. Wir werden nicht zulassen, dass Donald Tusks Macht sich festigt", erklärte Nawrocki nach der ersten Hochrechnung. Er leitete bisher das Institut für Nationales Gedenken (IPN), vergleichbar mit der früheren Stasi-Unterlagen-Behörde in Deutschland. Seine Vergangenheit als Amateurboxer und Türsteher in einem Luxushotel brachte ihm Aufmerksamkeit und bei manchen Sympathien. Besonders bei jungen Wählern sorgte das für Aufsehen. Bereits im ersten Wahlgang vor zwei Wochen hatten Nawrocki und noch rechtere Kandidaten gemeinsam eine Mehrheit errungen – ein deutliches Zeichen bei dieser Polen-Wahl.
Die Amtszeit des Präsidenten in Polen beträgt fünf Jahre. Im Gegensatz zum deutschen Bundespräsidenten hat er weitreichendere Kompetenzen: Er vertritt das Land international, bestimmt den Regierungschef sowie das Kabinett mit und ist im Kriegsfall Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Entscheidend ist sein Vetorecht, mit dem er politische Vorhaben maßgeblich beeinflussen kann.