Steuerentlastungen sollen Firmen zu Investitionen bewegen
Die Bundesregierung will mit Steuererleichterungen erreichen, dass die Wirtschaft wieder verstärkt investiert und sich aus der Krise herausarbeitet. Dafür verabschiedete das Kabinett in Berlin ein milliardenschweres Paket mit erweiterten Abschreibungsmöglichkeiten für Maschinen und Elektrofahrzeuge, das Unternehmen zu Investitionen motivieren soll.
"Wir kurbeln mit unserem Wachstumsbooster jetzt die Wirtschaft an. Damit sichern wir Arbeitsplätze und bringen Deutschland wieder auf Wachstumskurs", erklärte Finanzminister Lars Klingbeil. Nach vier Wochen im Amt legt der Vizekanzler damit seinen ersten größeren Gesetzentwurf vor.
Für die schwarz-rote Koalition zählt die Belebung der schwachen Wirtschaft zu den drängendsten Aufgaben. Denn Deutschland droht, das dritte Jahr in Folge ohne Wachstum zu bleiben. Nach dem Kabinettsbeschluss befasst sich deshalb noch in dieser Woche erstmals der Bundestag mit dem Paket. Ziel ist laut SPD ein Beschluss in Bundestag und Bundesrat noch vor der Sommerpause Mitte Juli.
"Investitionsbooster"
Unternehmen sollen ihre Ausgaben für Maschinen und Geräte im laufenden und in den kommenden zwei Jahren degressiv von der Steuer absetzen können – und zwar mit bis zu 30 Prozent. Dadurch sinkt der buchhalterische Gewinn und damit die Steuerlast. Bei degressiver statt linearer Abschreibung lässt sich direkt nach der Anschaffung ein größerer Teil der Investition steuerlich geltend machen – und später entsprechend weniger. Die Maßnahme entlastet somit vor allem in der unmittelbaren Phase nach dem Kauf.
Daher meint der Steuerexperte des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln, Tobias Hentze: "Es bleibt ein befristeter Effekt. Die Steuerlast kehrt in den Folgejahren zurück – eine strukturelle Entlastung ist das nicht."
Mehrere Branchenverbände, etwa aus der Energiewirtschaft und der Elektroindustrie, forderten bereits weitere Entlastungen. Wichtig seien unter anderem zügig sinkende Strompreise.
Körperschaftsteuer soll sinken
Sobald der sogenannte Booster ausläuft, soll ab 2028 schrittweise die Körperschaftsteuer reduziert werden – und zwar von derzeit 15 Prozent auf 10 Prozent im Jahr 2032. Das soll den Unternehmen langfristige Planungssicherheit verschaffen und den Standort Deutschland stärken. Denn Experten halten die Steuerlast deutscher Unternehmen im internationalen Vergleich seit Langem für zu hoch und wenig wettbewerbsfähig. Ab 2032 soll die Gesamtsteuerbelastung für Unternehmen dann knapp 25 Prozent – statt aktuell knapp 30 Prozent – betragen.
Zudem soll der Steuersatz für Gewinne sinken, die nicht ausgeschüttet, sondern im Unternehmen belassen werden – wo sie dann für Investitionen zur Verfügung stehen. Auch die steuerliche Forschungsförderung soll ausgeweitet werden, um Unternehmen zu mehr Investitionen in Forschung und Entwicklung zu bewegen.
Die Linke im Bundestag befürchtet jedoch, dass niedrigere Unternehmenssteuern kaum zusätzliche Investitionen auslösen. Zuletzt hätten Firmen in solchen Lagen eher "Geld gebunkert", erklärte der Finanzpolitiker Christian Görke.
E-Autos für Unternehmen attraktiver
Der Kauf eines reinen Elektroautos soll für Unternehmen steuerlich interessanter werden. Auch hier soll eine degressive Abschreibung gelten: Wer sich ein neues betrieblich genutztes E-Auto anschafft, könnte dann im Kaufjahr 75 Prozent der Kosten steuerlich absetzen.
Im auf den Kauf folgenden Jahr ließen sich dann noch 10 Prozent anrechnen, im zweiten und dritten Folgejahr jeweils 5 Prozent, im vierten Folgejahr 3 Prozent und im fünften Folgejahr 2 Prozent. Die Sonderregelung soll für Anschaffungen nach dem 30. Juni und vor dem 1. Januar 2028 gelten.
Kosten und Kritik
Laut Gesetzentwurf entgehen dem Staat – Bund, Ländern und Kommunen – durch das Paket bis 2029 Einnahmen von knapp 46 Milliarden Euro ("volle Jahreswirkung"). Das Volumen wächst dabei über die Jahre an: In diesem Jahr wird die Entlastung für Firmen auf 2,5 Milliarden Euro geschätzt, 2028 dann auf 12 Milliarden Euro.
Gerade in den Anfangsjahren, wenn die Superabschreibungen greifen, müssen die Gemeinden einen überproportional hohen Teil der Kosten schultern – ihnen entgehen laut Berechnungen des IW Köln von 2025 bis 2028 Steuereinnahmen von rund 11 Milliarden Euro. Im Bundesrat könnte es daher Widerstand gegen die Pläne geben.
Thüringens Ministerpräsident Mario Voigt deutete dies bereits an: "Ein Investitionsbooster ist sinnvoll – aber wer bestellt, muss auch bezahlen", sagte der CDU-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Ähnlich äußerte sich sein SPD-Kollege Alexander Schweitzer aus Rheinland-Pfalz: Inhaltlich sei das Vorhaben richtig, sagte er dem Deutschlandfunk. "Aber es darf eben nicht sein, dass es nur auf den Deckel der Länder und Kommunen geht."
Die Gewerkschaft Verdi forderte den Bund auf, die absehbaren Steuerausfälle der Kommunen vollständig zu übernehmen. Andernfalls würde sich die finanzielle Notlage vieler Städte und Gemeinden deutlich verschärfen.