KI im Personalwesen: Deutsche Unternehmen an der europäischen Spitze – aber Unsicherheit bleibt
Mit Blick auf den Einsatz von KI im Personalwesen liegen deutsche Unternehmen europaweit vorn: Bereits 40 Prozent setzen entsprechende Technologien ein. Lediglich Großbritannien (55 Prozent) und Norwegen (53 Prozent) investieren noch stärker. Parallel nimmt die Relevanz von KI im HR-Bereich rapide zu.
Immer mehr Personalverantwortliche sehen sich damit konfrontiert, KI im Unternehmen erfolgreich einzuführen: 15 Prozent der deutschen HR-Manager nennen das als eine der fünf wichtigsten Aufgaben für 2025 – ein starker Anstieg im Vergleich zum Vorjahr und deutlich über dem europäischen Mittelwert. Das geht aus der internationalen Studie "HR & Payroll Pulse" des HR-Lösungsspezialisten SD Worx hervor, für die 5.625 HR-Manager und 16.000 Mitarbeitende in 16 europäischen Ländern befragt wurden.
Europäisch betrachtet investieren 38 Prozent der Unternehmen in KI am Arbeitsplatz (Vorjahr: 33 Prozent). Deutschland liegt mit unveränderten 40 Prozent weiter auf hohem Niveau. Besonders stark ist der Bereich Lernen und Entwicklung gefragt: Sowohl in Deutschland als auch europaweit investieren hier jeweils 19 Prozent gezielt in KI-Lösungen.
Unterschiedliche Prioritäten in Europa
Weitere Schwerpunkte unterscheiden sich regional: In Deutschland folgen auf Platz zwei das Compliance-Management sowie Maßnahmen zur Förderung des Mitarbeiterwohlbefindens und der psychischen Gesundheit (jeweils 18 Prozent). Im europäischen Durchschnitt hingegen stehen Leistungsmanagement und Recruiting (jeweils 18 Prozent) im Vordergrund. KI im Personalwesen findet Anwendung bei personalisierten Lernpfaden, prädiktiven Analysen im Leistungsmanagement oder automatisierten Lebenslaufprüfungen. Auch Chatbots und automatisierte Compliance-Prüfungen halten vermehrt Einzug in HR-Abteilungen.
Trotz hoher Investitionen berichten bislang nur 24 Prozent der deutschen Unternehmen von konkreten Erfolgen im HR-Bereich – europaweit liegt der Anteil mit 31 Prozent deutlich höher. "Das liegt wahrscheinlich daran, dass es oft an einer klaren Strategie fehlt, Unsicherheit über geeignete Anwendungsfelder herrscht und viele HR-Frameworks noch nicht darauf ausgelegt sind, den vollen Mehrwert von KI zu realisieren", erklärt Tom Saeys, Chief Operations Officer bei SD Worx.
EU-Regeln erhöhen Druck auf Unternehmen: HR-Abteilungen unsicher beim Thema KI
Seit dem 2. Februar 2025 gelten erste Regelungen des europäischen AI Act. Unternehmen müssen sicherstellen, dass Mitarbeitende im Umgang mit KI geschult sind und die eingesetzten Systeme keine Grundrechte verletzen – etwa durch Social Scoring oder Emotionserkennung am Arbeitsplatz. Ab August 2025 drohen bei Verstoßen Geldbußen von bis zu 35 Millionen Euro. Weitere Vorgaben treten 2026 und 2027 in Kraft.
Mehr als die Hälfte (53 Prozent) der Unternehmen in Europa zeigt sich unsicher, welche Auswirkungen KI im Personalwesen auf die eigene Organisation hat. In Deutschland weichen einzelne Einschätzungen etwas vom europäischen Durchschnitt ab: 36 Prozent der HR-Verantwortlichen fürchten, dass KI den menschlichen Faktor verdrängt (Europa: 37 Prozent) 39 Prozent nennen fehlendes Wissen als Hürde (Europa: 35 Prozent) 40 Prozent sehen Datenschutz und Datensicherheit als zentrales Risiko (Europa: 34 Prozent)
Auch bei der Erwartung kommender Veränderungen durch KI im HR-Bereich zeigen sich Unterschiede: 45 Prozent der Unternehmen in Europa gehen davon aus, dass KI den Arbeitsplatz rasch verändern wird. Mehr als die Hälfte (53 Prozent) weiß jedoch noch nicht, wie diese Veränderung konkret aussehen wird. In Deutschland gehen 31 Prozent davon aus, dass bestimmte Funktionen durch KI langfristig verschwinden – europaweit sind es 36 Prozent.
Beschäftigte setzen KI zunehmend ein
23 Prozent der Mitarbeitenden in Europa nutzen KI bereits regelmäßig im Arbeitsalltag (2024: 18 Prozent). In Deutschland liegt der Schwerpunkt auf Inhaltserstellung (24 Prozent), Datenanalyse (21 Prozent), Lernen und Automatisierung (je 18 Prozent) sowie Brainstorming (17 Prozent). Die fünf meistgenutzten Einsatzfelder ähneln sich europaweit, unterscheiden sich jedoch leicht in der Reihenfolge.
Fast die Hälfte der KI-Nutzer – in Deutschland und europaweit jeweils 49 Prozent – erwartet, dass KI die eigene Arbeit in den nächsten drei Jahren deutlich verändern oder komplett neu strukturieren wird. 25 Prozent der deutschen Beschäftigten fürchten, dass große Teile ihrer Aufgaben künftig durch KI wegfallen (Europa: 27 Prozent).
Praxis-Tipps für den erfolgreichen Einsatz von KI im Personalwesen
Um KI im Personalwesen systematisch zu integrieren, sollten Unternehmen einem strukturierten Fahrplan folgen: Zunächst sollten konkrete Ziele definiert und ein Pilotprojekt gestartet werden. Besonders geeignet sind Anwendungsbereiche mit hohem Automatisierungspotenzial wie die Bewerberauswahl. Eine klare Zielsetzung erleichtert die Erfolgskontrolle. Die Datenqualität spielt eine zentrale Rolle. Unternehmen müssen sicherstellen, dass Datensätze korrekt, vollständig und frei von Verzerrungen sind. Auch Compliance-Fragen sind zu klären: Datenschutz, der EU-AI-Act und ethische Aspekte gehören in ein umfassendes Risikomanagement. Besonders wichtig ist, dass bei sensiblen Entscheidungen immer ein Mensch beteiligt bleibt (Human-in-the-loop).
Parallel zur technischen Umsetzung sollte eine umfassende Schulung des HR-Teams erfolgen. HR-Fachkräfte müssen verstehen, wie KI-Anwendungen funktionieren und welche Auswirkungen sie haben. Ergänzend sollte eine Kultur der Transparenz etabliert werden. Workshops, offene Kommunikation und die frühe Einbindung des Betriebsrats stärken das Vertrauen. Ein kontinuierliches Monitoring rundet die Integration ab. KI-Systeme entwickeln sich weiter, daher müssen Ergebnisse regelmäßig geprüft und bei Bedarf angepasst werden. Wer diese Punkte beachtet, kann KI im Personalwesen nicht nur effizient, sondern auch verantwortungsvoll einsetzen.