Nahostkonflikt: USA verlassen die Zuschauerrolle
Donald Trump fordert die bedingungslose Kapitulation Irans – und erwägt eine militärische Intervention. „Das ist eine bemerkenswerte Positionsänderung“, zitiert das Wirtschaftsportal Dagens Industri Jan Hallenberg, USA-Experte und Professor emeritus für Politikwissenschaft an der Schwedischen Verteidigungshochschule.
In der Nacht zu Mittwoch ertönten in Israel Luftalarm-Sirenen, nachdem iranische Raketen geortet worden waren. Gleichzeitig griffen israelische Kampfflugzeuge iranische Waffenfabriken an. Nun schwindet die Geduld in den USA – alle blicken auf die Entscheidung von Präsident Donald Trump. Die Supermacht hatte sich bislang im Hintergrund gehalten, ist nun aber bereit, direkt in die Auseinandersetzung einzugreifen.
US-Militär könnte direkt eingreifen
Hallenberg zufolge liegen dem US-Präsidenten drei militärische Optionen vor. „Die erste Möglichkeit ist, Tankflugzeuge bereitzustellen, um Bomber mit Treibstoff zu versorgen. Die nächste Stufe wäre die Beteiligung an den Bombardierungen mit B2-Flugzeugen – primäres Ziel wäre die unterirdische Anlage in Fordow. Diese ist für Israel ohne amerikanische Hilfe nicht erreichbar“, erklärt er. Die dritte Option: Die USA übernehmen die Führung der Luftangriffe. Hallenberg hält die ersten beiden Varianten für wahrscheinlicher – schließt jedoch keine aus. Widerstand aus dem Weißen Haus sei nicht zu erwarten.
„Die machen, was der Hausherr sagt. Selbst JD Vance, der eigentlich als außenpolitischer Isolationist gilt, schrieb gestern auf X, der Präsident müsse womöglich mehr tun, als ursprünglich geplant. Das werte ich als Zustimmung, dass der Präsident weitergehen kann, als man bisher dachte.“ Eine zentrale Rolle spiele dabei auch die innenpolitische Lage in den USA – viele Wähler hätten Trump gerade wegen seines Fokus auf das eigene Land gewählt.
Nukleare Bedrohung als zentrales Motiv
„Er schwankt zwischen der Rolle als Friedensfürst und dem Ziel, ein nuklear bewaffnetes Iran zu verhindern. Manche Experten meinen, man könne mit einem atomar bewaffneten Iran leben – aber Trump sieht das ganz offensichtlich anders. Wie Israel betrachtet er ein nuklear bewaffnetes Iran als tödliche Bedrohung, die nicht akzeptiert werden kann.“
Ein weiterer Faktor: die Haltung Saudi-Arabiens – eines Verbündeten der USA und Erzfeindes Irans. Das Königreich hatte sich 2015 gegen das Atomabkommen ausgesprochen – aus Sorge, Teheran könnte dennoch weiter an Nuklearwaffen arbeiten. Seitdem jedoch haben sich die Beziehungen zwischen Saudi-Arabien und Iran, unter Vermittlung Chinas, etwas entspannt. „Die Frage ist, wie viel die Saudis hinnehmen, bevor sie aufbegehren. Sie haben Israels Bombardierungen verurteilt – was passiert, wenn nun die USA eingreifen?“ Sollte Washington tatsächlich militärisch aktiv werden, sei es wahrscheinlich, dass Iran amerikanische Stützpunkte in der Region angreife – woraufhin die USA ihrerseits mit harter Reaktion antworten würden, so Hallenberg.
Risiko für globale Ölversorgung wächst
„Dann besteht das Risiko, dass Iran die Straße von Hormus blockiert – was katastrophale Folgen für die Ölversorgung hätte. Wenn dann auch noch die Huthi-Rebellen ihre Angriffe im Roten Meer verstärken, kann die Lage schnell eskalieren. Das ist äußerst besorgniserregend.“ Konkrete Beweise für ein fertig entwickeltes iranisches Atomwaffenarsenal gebe es nicht – doch laut Hallenberg sei Teheran nahe dran. „Es gibt keine zivile Notwendigkeit, Uran auf 60 Prozent anzureichern. Iran schafft sich also gezielt die Möglichkeit zum Bau von Atomwaffen. Israels Einschätzung einer tödlichen Bedrohung, die immer näher rückt, ist nachvollziehbar – aber meiner Meinung nach sollte die USA eine diplomatische Kompromisslösung suchen, anstatt in den Krieg zu ziehen.“
Der Ölpreis war gegen Ende letzter Woche bei Ausbruch der Krise stark gestiegen, hat sich seitdem jedoch stabilisiert. Thina Saltvedt, Chefanalystin für Energiefragen bei Nordea, warnt: Eine Blockade der Straße von Hormus sei eines der größten Risiken. „Rund 20 Prozent des täglichen globalen Ölverbrauchs fließen durch die Meerenge. Dazu kommt das Risiko, dass große Teile der Infrastruktur – von der Förderung über Pipelines bis zum Transport – zerstört werden“, erklärte sie gegenüber Di TV.